Bisher standen eher störrische Chefinnen der Privatwirtschaft im Fokus, an die sich die Bundesregierung mit Appellen richtete, endlich Homeoffice für ihre Mitarbeitenden zu ermöglichen. Doch wie verhalten sich eigentlich Bund und Länder als Arbeitgeber? Offenbar noch nicht ideal: Auch im öffentlichen Dienst sei es an der Zeit, sich von althergebrachten Sichtweisen zu trennen, fordert etwa die Gewerkschaft der Polizei. Mobiles Arbeiten solle für die Beamten ausgebaut werden, ebenso Bereitschaftsdienst von zu Hause aus geleistet werden. Ähnlich sieht es ein Landesverband der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Auch die Berufsvereinigung PolizeiGrün fordert, wo es möglich ist, "schnellstmöglich deutlich mehr Homeoffice bei der Polizei in Bund und Ländern". Beim Streifendienst und den geschlossenen Einheiten sei die Präsenz natürlich erforderlich. "In vielen anderen Bereichen wie der Verwaltung, den Stabsbereichen, in der Aus- und Fortbildung und im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung hingegen soll Homeoffice ausgeweitet werden."

Aktuell gehe es dabei um Gesundheitsschutz, doch auch nach der Pandemie solle ein Recht auf Homeoffice für die Beamten eingerichtet werden, fordert PolizeiGrün. Vereinsmitglied Michael Labetzke ist Bundespolizist und hat ein Positionspapier zum Thema Homeoffice verfasst, er schätzt, dass allein in der Bundespolizei bis zu 20 Prozent der Beschäftigten von zu Hause arbeiten könnten. "Die Präsenzkultur in vielen deutschen Amtsstuben ist ein Relikt aus dem vorherigen Jahrhundert", sagte er ZEIT ONLINE.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hatte bereits im Oktober festgestellt, Homeoffice sei "ohne Probleme und Mehrkosten" möglich

Eine Verwaltungsebene darunter, in den Kommunen, scheint sich schon etwas zu tun. "Die Städte haben in Sachen Homeoffice eine steile Lernkurve hinter sich", sagt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Zu Beginn der Pandemie seien in kürzester Zeit Endgeräte beschafft und digitale Zugänge eingerichtet worden.

Er sei selbst überrascht gewesen, wie gut die Umstellung am Anfang der Pandemie geklappt habe, sagt Kreisdirektor Dirk Lönnecke vom nordrhein-westfälischen Kreis Soest. Von den 1.500 Kreisverwaltungsangestellten arbeiten laut Lönnecke coronabedingt rund 60 bis 70 Prozent aller Beschäftigten zumindest zeitweise zu Hause. In einigen Bereichen sei das nicht möglich, etwa im Rettungsdienst oder beim Bauhof. Auch in der Kfz-Zulassungsstelle sei wegen Kundenkontakts Präsenz gefragt. "Das Kreishaus ist aktuell, wenn überhaupt, nur zu einem Drittel besetzt", sagt Lönnecke. Allerdings müssten die Beschäftigten in einigen Bereichen zumindest zeitweise ins Büro kommen, etwa um Papierakten zurückzubringen.

In jeder zweiten Kommune kein Homeoffice möglich

Dass kommunale Behördenmitarbeiter im Homeoffice arbeiten, ist jedoch auch in der Pandemie keine Selbstverständlichkeit. In jeder zweiten Kommune ist Homeoffice generell nicht möglich, in 20 Prozent der Kommunen nur für wenige Mitarbeiter. Zu diesem Ergebnis kam Anfang Dezember eine repräsentative Umfrage unter rund 600 Bürgermeistern und Digitalisierungsverantwortlichen, die der Digitalverband Bitkom und der Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB) in Auftrag gaben.

Zu den größten Hindernissen beim Homeoffice gehört demnach eine mangelhafte IT. So gaben 40 Prozent der Befragten an, dass die fehlende technische Ausstattung ausschlaggebend sei. Weitere 24 Prozent meinten, dass nicht genügend finanzielle Mittel für notwendige Investitionen vorhanden seien.

Die Berliner Senatsinnenverwaltung etwa gab am Freitag bekannt, dass sie 5.000 weitere Laptops an die Bezirke ausliefere. Die Anschaffung sei allerdings keine direkte Reaktion auf Corona, sondern Teil einer Fünf-Jahre-Strategie des Senats, möglichst alle infrage kommenden Arbeitsplätze der Berliner Verwaltung auf mobile Endgeräte umzustellen.

Dem Deutschen Beamtenbund geht es nicht schnell genug

Ende des vergangenen Jahres standen für die gut 23.800 Beschäftigten der Berliner Bezirksverwaltungen nur etwa 2.600 Laptops zur Verfügung – nach der Lieferung erhöht sich die Zahl entsprechend auf 7.600. Damit könnte nicht ganz ein Drittel der Verwaltung mobil arbeiten. Besser ist die Ausstattung bei der Senatsverwaltung für Finanzen. Dort arbeiten laut einer Sprecherin derzeit 80 bis 90 Prozent von zu Hause aus. Bei den Finanzämtern liege der Anteil bei 60 Prozent.

Dem Deutschen Beamtenbund geht der Digitalisierungsprozess aktuell nicht schnell genug. Defizite behinderten auch die Bekämpfung der Corona-Pandemie, kritisierte der dbb-Vorsitzende Ulrich Silberbach bei der Jahrestagung vergangene Woche in Berlin. "Wegen technischer Mängel und fehlendem Personal in den Gesundheitsämtern gibt es erhebliche Probleme in der Übermittlung von Daten, die zur Kontaktnachverfolgung von Corona-Infizierten notwendig sind."

Mit Material von dpa