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Was macht eine Cannabislegalisierung mit einer Stadt wie Frankfurt?

Zwei Frauen rauchen einen Joint.

Die Bundesregierung will Cannabis legalisieren. Welche Folgen hätte das für Hessen, insbesondere für Frankfurt? Für die Polizei wäre die Legalisierung eine Entlastung, meinen Experten. Sie birgt aber auch Risiken.

Auf der Frankfurter Zeil kiffen und die vorbeilaufenden Polizisten grüßen: Was heute noch unvorstellbar ist, soll bald Realität sein. Denn die rot-grün-gelbe Bundesregierung plant die Legalisierung von Cannabis. Bis Jahresende 2022 soll ein Gesetzentwurf für die Freigabe von Gras und Marihuana vorliegen.

Auf die Arbeit der Frankfurter Polizei hätte eine Legalisierung direkte Auswirkungen, meint Oliver Müller-Maar, stellvertretender Leiter des Frankfurter Drogenreferates. Die meisten Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz gehen auf die Kappe von Cannabis-Konsumenten. Wenn die Strafanzeigen in diesem Bereich wegfallen, "hat das in einer Großstadt wie Frankfurt deutlich spürbare Auswirkungen und stellt eine Entlastung von Polizei und Justiz dar."

Auch Dirk Peglow sieht das so. Er ist Vorsitzender des Bundes der deutschen Kriminalbeamten (BDK) und hat selbst jahrelang in Frankfurt ermittelt. Häufig seien das "sinnlose Strafanzeigen, die ohnehin bei der Justiz eingestellt werden". Weil es oft nur um kleine Mengen ginge. Die frei gewordenen Ressourcen könne man sinnvoller nutzen. Zum Beispiel für die nachhaltige Bekämpfung kriminellen Handels, aber auch für andere Kriminalitätsbereiche.

Cannabis beliebteste illegale Droge

Ex-Ermittler Peglow gibt zu: "In 50 Jahren Polizeiarbeit in Frankfurt haben wir es weder geschafft, dass die Verfügbarkeit eingeschränkt wurde, noch dass dadurch der Preis in die Höhe geschossen ist."

Nicht nur in Hessen gehört Cannabis zu den beliebtesten illegalen Drogen unter Jugendlichen und Erwachsenen. Zehn Prozent aller Jugendlichen in Deutschland zwischen 12 und 17 Jahren haben laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung schon mal gekifft. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl fast verdoppelt.

Nach einer Legalisierung: Verschwinden die Dealer?

Dass die Drogendealer im Falle einer Legalisierung komplett aus Frankfurts Straßen verschwinden, glaubt Peglow aber nicht. Stattdessen hält er einen Strategiewechsel für wahrscheinlich: "Es ist zu erwarten, dass sich einige illegale Händler im Umfeld der legalen Abgabestellen aufhalten, um dann wahrscheinlich günstigeres und höherwertigeres Cannabis zu verkaufen." Das würden Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, wo es außerdem zu sogenannter Begleitkriminalität gekommen sei.

Bernd Werse, Soziologe und Drogenforscher an der Goethe-Universität in Frankfurt, ist davon überzeugt, dass "in relativ kurzer Zeit die meisten Konsumierenden auf lizenzierte Fachgeschäfte zurückgreifen werden" und der illegale Handel nur noch "eine kleine Rolle spielt". Zumal es schon Präzedenzfälle aus dem Ausland gebe, zum Beispiel Kanada.

Drogenreferat erwartet keinen Anstieg des Konsums

Gerade unter älteren Menschen könne der Konsum teilweise steigen, so Werse. Das würden Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, auch wenn die Umfragen nicht ganz eindeutig seien. Doch "in allen Ländern, die legalisiert haben, hat es unter den Jugendlichen eigentlich keine Änderungen gegeben", so Drogenforscher Werse.

Auch das Frankfurter Drogenreferat erwartet in Anbetracht der Studien keinen erheblichen Anstieg des Konsums. "Vielmehr würde dadurch der Konsum von verunreinigtem Cannabis reduziert werden", so Müller-Maar. Die Qualitätskontrollen würden dem Verbraucherschutz dienen.

Videobeitrag

Video

Reportage – die Situation im Frankfurter Bahnhofsviertel

hessenschau vom 01.08.2022
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Polizeiliche Kontrollen wird es weiterhin geben

Das Ziel der Bundesregierung ist es nicht, jegliches Cannabis zu legalisieren, sondern nur das in lizenzierten Abgabestellen. Das heißt: Es wird weiterhin polizeiliche Maßnahmen geben, um den illegalen Handel zu verhindern.

Im Umfeld von illegalen Händlern in Frankfurt würde es weiter zu Kontrollen von Menschen kommen, die im "Verdacht stehen, dass sie sich bei einem illegalen Verkäufer mit Cannabis versorgt haben", erklärt der Vorsitzende des Bundes der deutschen Kriminalbeamten, Peglow. Der Handel könne allerdings nur durch sichergestelltes Material nachgewiesen werden. Und das stellt die Beamten vor Herausforderungen - denn es wird schwer nachzuweisen sein, aus welcher Quelle das Cannabis stammt.