Panorama

In Frankreich gefunden Fall Isabella noch nicht aufgeklärt

Wie kam Isabella nach Paris, das ist nur eine der offenen Fragen.

Wie kam Isabella nach Paris, das ist nur eine der offenen Fragen.

(Foto: dpa)

Nach einem Polizeiaufruf kann die seit zwei Wochen vermisste Isabella in Frankreich ausfindig gemacht werden. Nun soll die 16-Jährige schnell nach Deutschland zurückkehren. Doch damit ist der Fall noch nicht aufgeklärt und auch für die Familie längst nicht zu Ende.

Zwei Wochen suchte die Polizei intensiv nach der vermissten Isabella aus Celle. Nun hatte ein Aufruf in den sozialen Medien offenbar Erfolg - nach einem "sehr konkreten Hinweis" wird das Mädchen in Frankreich gefunden.

Der Vater des Mädchens ist derzeit in Begleitung eines Psychologen und der Polizei auf dem Weg dorthin, um die Tochter abzuholen. Oliver Huth, der stellvertretende Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Nordrhein-Westfalen geht davon aus, dass die Familie trotz des glücklichen Ausgangs noch einige Zeit brauchen wird, um das Geschehen zu verarbeiten. "Vermisstenfälle sind diffizil", sagte Huth ntv. "Oft liegt ein Konflikt in der Familie, der unbearbeitet ist. Davor ist keine Familie gefeit, gerade jetzt in dieser Corona-Lage nicht." Manchmal fänden die Kinder keinen anderen Ausweg, als das Wohnumfeld zu verlassen.

Auch hält es Huth noch nicht für erwiesen, dass Isabella freiwillig und selbstbestimmt nach Frankreich gelangte. Polizeiangaben zufolge hatte die 16-Jährige sowohl ihr Handy als auch Schlüssel und Portemonnaie zurückgelassen. Ihrem jüngeren Bruder, mit dem sie gemeinsam im Homeschooling war, hatte sie nicht Bescheid gesagt. Er hatte schließlich ihr Verschwinden bemerkt. Die Eltern hatten daraufhin sofort die Polizei eingeschaltet.

Keine eindeutige Indizienlage

Die Ermittler gingen anhand der Indizien zunächst davon aus, dass das Mädchen jemanden in der Nähe des Hauses treffen wollte. Einen Ansatzpunkt dafür, dass Isabella weglaufen wollte, hatten sie hingegen nicht gefunden.

Für Huth ist die Ausgangslage trotz der zurückgelassenen Gegenstände nicht eindeutig. "Es kann auch sein, dass eine Vertrauenssituation ausgenutzt wurde und deswegen die Gegenstände zu Hause liegen geblieben sind", sagte der Ermittler. Andererseits könne es genauso gut sein, dass die 16-Jährige "ihren Lebensmittelpunkt verlassen und auch nicht gefunden werden wollte". Die Gründe dafür kenne aber nur sie oder die Familie. Bei Minderjährigen oder Heranwachsenden gehe die Polizei jedoch immer davon aus, "dass sie nicht in der Lage sind, das Verschieben des Lebensmittelpunktes allein zu organisieren".

In der Vergangenheit habe sich bei ähnlichen Fällen auch immer wieder herausgestellt, dass nahe Angehörige für das Verschwinden von Mädchen oder Jungen verantwortlich waren. "Am Ende steht da mitunter auch ein Gewaltverbrechen." Deshalb sei es richtig gewesen, dass die Ermittler in Niedersachsen von einem Verbrechen oder zumindest von einer akuten Gefahrenlage ausgegangen waren. So sei es möglich gewesen, "alles aufzufahren, was man für Suchmaßnahmen braucht".

Huth betonte, dass es sehr wichtig sei, dass die Familie nun ungestört von der Öffentlichkeit bleibe. "Wir können einfach nur froh sein, dass es diesem Kind gut geht." In anderen Fällen warteten Familien seit Jahren auf eine entsprechende Nachricht. "Dieser Fall dürfte bei diesen Familien wieder Wunden aufgerissen haben."

Rückkehr meist innerhalb einer Woche

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Die meisten vermissten Kinder und Jugendlichen tauchen nach Erfahrung der Polizei nach wenigen Stunden oder Tagen wieder auf. Doch es gibt auch Ausnahmen, und manche Schicksale bleiben dauerhaft ungeklärt. Dem Profiler Axel Petermann zufolge verschwinden in Deutschland zwischen 200 und 300 Menschen pro Tag. "Das hört sich ziemlich viel an, aber zum Glück kehren die meisten innerhalb einer Woche zurück", so Petermann im Gespräch mit ntv.

Doch auch bei über einen längeren Zeitraum Vermissten gäben die Ermittler die Hoffnung nicht auf. "Aus Ermittlersicht verschwindet die Hoffnung erst dann, wenn es konkrete Hinweise darauf gibt, dass der Mensch nicht mehr lebt", so Petermann. "Nur, das jemand weg ist, muss nicht automatisch bedeuten, dass er nicht mehr lebt."

Quelle: ntv.de

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