Aktenordner stehen in einem Büro in einem Regal. © picture alliance / Westend61 Foto: Thomas Jäger
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AUDIO: Mehr Demokratie durch Transparenz wagen - Bündnis stellt Ideen in SN vor (1 Min)

Kippt das Amtsgeheimnis in Ministerien und Behörden?

Stand: 05.03.2024 17:37 Uhr

Ein Bündnis aus acht Vereinen und Verbänden fordert in MV mehr Transparenz in Politik und Verwaltung. Bürger müssten leichter an staatliche Informationen herankommen.

von Stefan Ludmann

"Wir brauchen einen Kulturwandel und dazu muss das Amtsgeheimnis aus vordemokratischer Zeit überwunden werden." Gerhard Bley von Transparency International verliert langsam die Geduld. Er und seine Mitstreiter von der Initiative "Mehr Demokratie" meinen, es sei höchste Zeit, dass sich in Mecklenburg-Vorpommern etwas ändert. Bürger müssten viel leichter an staatliche Informationen herankommen. Ihre Vorstellungen haben sie jetzt auf einer Pressekonferenz in Schwerin präsentiert.

"Mittel gegen Fake News"

Ein offener Staat, der Einblick in sein Handeln biete, sei ein Gegenmittel zu Stimmungsmache und Fake News. Die Initiatoren fordern ein Transparenz-Gesetz. Das Land und die Kommunen sollen darin verpflichtet werden, alle wichtigen Dinge, die für Bürger interessant sind, auf einem Portal im Internet zu veröffentlichen, beispielsweise Kabinettsunterlagen, Gesetzentwürfe, Fördermittel-Bescheide - und vieles andere mehr. Bisher aber seien staatliche Informationen auf 60 unterschiedlichen Portalen verteilt - da finde sich niemand zurecht.

"Geheimniskrämerei ist Gift für Demokratie"

Geheimniskrämerei von Behörden und Ämtern ist in den Augen des Bündnisses, das beispielsweise vom Steuerzahlerbund und dem Landesjugendring unterstützt wird, Gift für die Demokratie. Die brauche Vertrauen, und das sei nur mit Transparenz möglich. Ohne Informationen sei es für den Bürger schwer, sich zu beteiligen. Als ein Beispiel nannte Bley den Umgang mit den neuen LNG-Terminals. Für das Flüssiggas-Projekt in Lubmin (Landkreis Vorpommern-Greifswald) seien die Bau-Unterlagen nur ganz kurze Zeit öffentlich ausgelegt worden. Eigentlich hätte die zuständige Behörde die Papiere auch für alle zugänglich ins Internet stellen können. "Das schafft Vertrauen", so Bley. 

Initiative sieht auch Vorteile für die Verwaltung

Außerdem habe eine moderne Verwaltung, die für den Bürger da ist, auch selbst etwas davon. Denn bei einem Transparenzgesetz könnten auch Behörden im Zweifel Informationen und Daten schneller auf einem Info-Portal finden als über den langen Dienstweg. "Eigentlich müsste sich die Verwaltung an die Spitze der Bewegung setzen", sagte Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation "Netzwerk Recherche". Nach Ansicht von Stephan Gäfke, Vorsitzender der Schweriner Bezirksgruppe des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, hat ein Transparenzgesetz auch eine abschreckende Wirkung vor Korruption in Ämtern: "Da gib es auch Kungeleien. Da müssen wir uns nichts vormachen, dass Leute sich gegenseitig kennen und der eine dem anderen etwas gönnt." Wenn Dinge, die bisher unter Verschluss gehalten werden, an die Öffentlichkeit gelangen, sei die Verwaltung bemüht, Fehler zu vermeiden.

Hamburger Rolling-Stones-Konzert als Beispiel

Redelfs nannte ein Beispiel in Hamburg. Bei einem Konzert der Rolling Stones 2017 habe der Veranstalter der zuständigen Genehmigungsbehörde großzügig Freikarten zugestanden. Die Miete für die Veranstaltung auf städtischem Gelände sei dann ziemlich niedrig ausgefallen. Wäre der Vertrag darüber nicht öffentlich geworden, wäre dieser Fall von Vorteilsnahme nicht entdeckt worden. Der Fall beschäftigt noch immer die Gerichte.

Damit Bewegung in Sachen Transparenzgesetz kommt, will die Initiative einen eigenen Entwurf vorlegen. Die Landesregierung müsse das Rad nicht neu erfinden, hieß es, Hamburg und Rheinland-Pfalz hätten schon passende Regelungen. Redelfs meinte auch mit Blick auf die seit 25 Jahren von der SPD geführte Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern, die Erfahrung habe gezeigt, dass "eine Partei, die gerade regiert, keine Fürsprecherin eines Transparenzgesetzes ist". Sein Kollege Bley sagte:  "Wissen ist Macht. Und wer Wissen teilt, der gibt Macht ab - das ist Demokratie."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 05.03.2024 | 17:00 Uhr

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