Nach EuGH-Urteil

Warnung vor "Kindergeld-Tourismus"!

Kriminalamt warnt vor "Kindergeld-Tourismus" Nach EuGH-Urteil
02:17 min
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Kriminalamt warnt vor "Kindergeld-Tourismus"

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Es geht um viel Geld, das eigentlich für Kinder gedacht ist. Doch der Bund Deutscher Kriminalbeamter warnt: Es besteht Missbrauchsgefahr beim Kindergeld! Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) steigt jetzt die Betrugsgefahr sogar. Denn arbeitslose EU-Bürger können nach dem EuGH-Urteil in Deutschland Kindergeld kassieren, ohne jemals hier gearbeitet oder Steuern gezahlt zu haben. Politiker kritisieren das Urteil und befürchten einen regelrechten Kindergeld-Tourismus.

„Viele Kommunen wissen gar nicht, dass sie betrogen werden“

Missbrauch im Bereich des Kindergeldes ist nicht neu. „Es gibt da immer Mittelsmänner und dadurch auch Mittäter. Die streichen auch entsprechend Beträge vom Kindergeld ein. Die Personen, die das beantragen, kriegen meist nur einen kleinen Teil davon. Die Kinder waren aber nie hier“, erklärt Oliver Huth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter.

Zum Vergleich: In Bulgarien beträgt das Bruttoeinkommen 800 Euro, für drei Monate 2.400 Euro. Bei drei Kindern erhalten Familien in Deutschland 660 Euro, für drei Monate sind das 1.980 Euro. Das Beispiel zeigt, warum die Gefahr des Kindergeld-Tourismus so real ist.

„Viele Kommunen wissen gar nicht, dass sie betrogen werden“, sagt der Kriminalbeamte Oliver Huth. Für einen besseren Austausch sollen deshalb mehrere Behörden und Bildungsträger vernetzt werden. Auch Schulen. Denn sie können als erstes feststellen, dass angemeldete Kinder nicht da sind.

Das hat der Europäische Gerichtshof zum Kindergeld entschieden

Der EuGH hat jetzt die deutsche Regelung zur Einschränkung von Kindergeldleistungen für Zuzügler aus anderen EU-Staaten für unzulässig erklärt. Die Richter des höchsten Europäischen Gerichts haben entschieden, dass Ansprüche in den ersten drei Monaten des Aufenthalts nicht von Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit abhängig gemacht werden dürfen. Im Klartext: Auch arbeitslose EU-Bürger können nach dem EuGH-Urteil in Deutschland Kindergeld kassieren, ohne jemals hier gearbeitet oder Steuern gezahlt zu haben.

Geklagt hatte einer bulgarischen Frau, deren Antrag auf Kindergeld für ihre drei Kinder in Deutschland von der Familienkasse Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt wurde. Die Behörden begründeten das damit, dass sie und ihr Mann in dem relevanten Zeitraum keine inländischen Einkünfte erzielt hätten.

Laut der EuGH-Richtern stelle das Kindergeld keine Sozialhilfeleistung im Sinn von möglichen Ausnahmebestimmungen dar, da es nicht der Sicherstellung des Lebensunterhalts diene, sondern dem Ausgleich von Familienlasten. Da im EU-Recht hinsichtlich solcher Familienleistungen eine Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Inländern und Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats nicht vorgesehen sei, stehe das Unionsrecht der vom deutschen Gesetzgeber eingeführten Ungleichbehandlung entgegen.

Die deutsche Regelung ziele darauf ab, einen Zustrom von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zu vermeiden, der zu einer unangemessenen Inanspruchnahme des deutschen Systems der sozialen Sicherheit führen könne, merkte der EuGH an. Dieses Erfordernis gelte allerdings nicht für deutsche Staatsangehörige, die von einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat zurückkehrten.

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CDU-Politiker Gregor Golland: Das Urteil "wird zu Missbrauch führen"

Einschränkend betonten die Richter lediglich, dass die Zuzügler sich nur dann auf die Gleichbehandlung berufen können, wenn sie während der fraglichen ersten drei Monate tatsächlich ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland begründet haben. Ein nur vorübergehender Aufenthalt genügt demnach nicht.

Das Kindergeld-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgt in Deutschland für viel Kritik. Laut CDU-Politiker Gregor Golland wird das Urteil den deutschen Sozialstaat weiter belasten. „Es wird zu Missbrauch führen. Man kann es kaum kontrollieren, ob jemand dauerhaft hier bleiben will oder nur das Kindergeld kassieren möchte.“

Die Entscheidung in dem Einzelfall der bulgarischen Mutter liegt nun beim Finanzgericht Bremen. (mit dpa/aze)

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