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Polizei will mehr KI einsetzen: „Wir schreiben immer noch alles in unser Büchlein“

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Ermittler arbeiten mit immer größeren Datenmengen. KI könnte helfen, Straftaten zu verhindern. Doch es gibt Risiken.

Berlin – Die Mühlen von Polizei und Justiz mahlen bisweilen langsam, heißt es. Um im Bild zu bleiben: Das liegt laut Kritikern auch daran, dass die Mühlsteine arg in die Jahre gekommen sind. Jochen Kopelke, Bundeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), fordert einen verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeit von Ermittlern. Sonst könne eine hinreichende Gefahrenabwehr und Aufdeckung von Straftaten nur schwer gewährleistet werden.

KI soll Polizei helfen: „Ein Mensch, der 20 Terabyte Videodaten auswerten soll, braucht Jahre“

„Wir schreiben nach wie vor alles in unser Büchlein und schreiben das dann in einen Computer ab. Und dann schicken wir das an Kollegen in eine andere Polizeibehörde, die das ausdrucken und auch wieder abtippen“, so Polizeigewerkschafter Kopelke im Gespräch mit IPPEN.MEDIA. „Das ist im 21. Jahrhundert nicht mehr angebracht.“ Vor allem bei der Bewältigung immer größer werdender Datenmengen müsse es endlich neue Lösungen geben. „Ein Mensch, der 20 Terabyte Videodaten von Straftaten auswerten soll, braucht Jahre. Deshalb wollen wir dafür KI einsetzen“, so Kopelke.

Ähnlich sieht es sein Kollege Oliver Huth, NRW-Chef vom Bund Deutscher Kriminalbeamter: „Wir haben massenhaft Verfahren, bei denen zum Beispiel Daten aus Encrochat-Fällen ausgewertet werden müssen. Die stapeln sich, da passiert nichts.“ Encrochat war ein Anbieter von Kryptohandys und verschlüsselten Chats. Vor allem Kriminelle nutzten das Kommunikationssystem. 2020 entschlüsselten Europol-Beamte Encrochats von Angehörigen der Mafia. Die Auswertung dauert bis heute an. Experten sagen: Künstliche Intelligenz könnte helfen, Daten aus Datenbanken miteinander zu verknüpfen, kriminelle Strukturen schneller zu erkennen und so Straftaten zu verhindern.

Risiko: Unbeteiligte geraten wegen Künstlicher Intelligenz ins Visier der Ermittler

Bislang wird die neue Technologie kaum bei der Strafverfolgung genutzt, denn: Der Einsatz von KI bei Polizei und Justiz birgt nach Ansicht von Datenschützern und Verfassungsrechtlern durchaus Risiken. Ein Argument: Wenn Millionen Daten per Knopfdruck künftig miteinander verknüpft würden, steigt die Gefahr, dass Unbeteiligte ins Visier der Ermittler geraten – und womöglich falsche Schlüsse gezogen werden.

So hat das Bundesverfassungsgericht den Einsatz automatisierter Datenanalysen zuletzt in einem Urteil eingeschränkt. Dabei ging es um Ermittlungen der Polizei in Hessen mithilfe der Software Hessendata. Bei einer Razzia gegen Reichsbürger hatte die Software die Festnahme eines Verdächtigen ermöglicht. Das Gericht sagt: Grundsätzlich muss die Polizei auf den Einsatz einer solchen Technologie nicht verzichten. Aber: Es müssten erst gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die einen Missbrauch der Technologie ausschließen.

Geldautomatensprenger: Mithilfe von KI Täter anhand von Schuhabdrücken identifizieren

Unterdessen wird der Polizeieinsatz von KI bereits in der Praxis erprobt. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserslautern testet gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt (BKA) und dem LKA Rheinland-Pfalz KI-Systeme für Polizeiermittlungen. Ein Beispiel: Wenn Geldautomaten-Sprenger Schuhabdrücke hinterlassen, könnte eine eigens dafür trainierte KI den Ermittlern helfen. Die Abdruckmuster ließen sich bestimmten Schuhtypen zuordnen. Das Ziel: Täter am Schuhprofil zu identifizieren. Schon 2024 könnte die Technik zum Einsatz kommen. (mit dpa)

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