StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernÜberfall-Serie auf Tankstellen in MV: Fälle bereits verdreifacht

Schreckschusspistole am Verkaufstresen

Überfall-Serie auf Tankstellen in MV: Fälle bereits verdreifacht

Zinnowitz/Rostock / Lesedauer: 4 min

Immer wieder wurden in den vergangenen Tagen Tankstellen überfallen. Die Polizei hat einen Tatverdächtigen. Doch warum sind Tankstellen für Räuber so attraktiv?
Veröffentlicht:14.12.2023, 16:41

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Eine Serie an Tankstellen-Überfällen beunruhigte Mecklenburg-Vorpommern. Doch die Polizei konnte die mutmaßlichen Täter schnappen. Die Tatorte sind über das Land verteilt. Ein 28-Jähriger soll am Donnerstagnachmittag dem Haftrichter am Amtsgericht Rostock vorgeführt worden sein.

Mit Schreckschusspistole am Verkaufstresen

In Ribnitz-Damgarten, Bad Doberan, Brüel, Kröpelin, Neukloster und Gnoien soll ein 28-Jähriger in den vergangenen Tagen immer wieder Tankstellen überfallen haben. Am Mittwoch gegen 21 Uhr erfolgte schließlich die Festnahme. Beamte des Mobilen Einsatzkommandos (MEK) des Landeskriminalamts griffen zu, ehe er eine Tankstelle in Ribnitz-Damgarten erneut überfallen konnte. Eine Festnahme „auf frischer Tat“, wie die Beamten schrieben. Auch eine mögliche Komplizin (26) konnte geschnappt werden. Offenbar wussten die Beamten aufgrund „intensiver kriminalpolizeilicher Maßnahmen“ schon, was der Mann vorhatte. Ob er überwacht wurde, dazu wollten sich die Ermittler nicht äußern. Insgesamt habe er laut Polizei rund 4000 Euro Bargeld und Zigaretten auf seinen Raubzügen erbeutet.

Doch das war nicht der einzige Tankstellen-Räuber. Am 8. Dezember betrat ein Räuber (16) eine Tankstelle in der Ahlbecker Straße in Zinnowitz. Dort gelang er hinter den Verkaufstresen und zückte eine Schreckschusspistole. Die Kassiererin (34) öffnete die Kasse, gab dem Jugendlichen 370 Euro. 35 Minuten nach der Tat konnte er auf einem Supermarkt-Parkplatz gestellt werden. 

Die Diebe kamen mit dem Auto, nahmen einen Geldautomaten mit.
Die Diebe kamen mit dem Auto, nahmen einen Geldautomaten mit. (Foto: ZVG)

Hat das mit Weihnachten zu tun? 

Eine Theorie ist, dass die Leute kurz vor Weihnachten Geld brauchen. „Es ist eine auffällige Häufung an Fällen, allerdings gibt es keinen erkennbaren Grund dafür, dass es jetzt in der Adventszeit dazu kommt. Nach meiner praktischen Erfahrung spielen andere Dinge eine Rolle, wenn man den Räubern habhaft geworden ist und sie nach ihrer Tatmotivation fragt“, erklärt Marco Limbach vom Bund Deutscher Kriminalbeamter MV.

Er erklärt auch, dass Täter oft rationale Handlungsentscheidungen treffen würden. Kosten und Nutzen also abwägen. „Wenn sich eine Handlung einmal bewährt hat, dann wird er diese wohl auf gleicher Weise wieder begehen.“ Ähnliche Tatmuster spiegeln das wider. Tankstellen würden bei Kriminellen als lohnendes Ziel wegen Bargeld, Zigaretten und Alkohol gelten. Der Erste Kriminalhauptkommissar a.D. erklärt zudem: „Ein geringes Entdeckungsrisiko, schnelle Fluchtmöglichkeiten und wenig benötigtes Wissen für die Tat machen eine Tankstelle für einen Überfall attraktiver als andere mögliche Objekte.“ Im ländlichen Raum sei nun einmal auch die Polizei-Dichte geringer und Tankstellen weniger besucht.  

Das Protokoll der Tankstellen-Kriminalität

Am 14. November nahmen Kriminelle in Richtenberg, unweit von Grimmen an der L 192, gleich einen ganzen Geldautomaten aus einer Tankstelle mit. Zum Aufbrechen des Verkaufsraums nutzen die Einbrecher ein Auto. Die Flucht beginnt.

Am 8. Dezember folgten dann zwei weitere Überfälle auf Tankstellen. In Zinnowitz macht sich der bereits erwähnte 16-Jährige mit seiner Schreckschusspistole ans Werk und wird geschnappt. Am selben Tag schlägt der jetzt festgenommene Rostocker (28) in der Nordoel Tankstelle in Gnoien zu. Maskiert, dunkel gekleidet und mit einer Pistole in der Hand fordert er Geld und Zigaretten. Doch die Mitarbeiterin reagiert darauf nicht. Dann greift er in die Kasse und stiehlt Zigaretten. Die Flucht gelingt. Es wird nicht seine letzte Tat bleiben. 

Am 10. Dezember soll der 28-Jährige dann auf Überfall-Tour gegangen sein. Um 15.20 Uhr betritt er abermals dunkel gekleidet und mit Reisetasche die Shell-Tankstelle in Bad Doberan. Wieder hat er wohl eine Waffe dabei. Mit dem erbeuteten Geld erfolgt die Flucht. Bis 20 Uhr erfolgen weitere Überfälle. Betroffen sind die SB-Tankstelle in Brüel, die Nordoel-Tankstelle in Kröpelin und die HEM-Tankstelle in Neukloster. Die Beute: erneut Bargeld und Zigaretten.

Am 12. Dezember um 20 Uhr folgt der nächste Tankstellen-Überfall in Ribnitz-Damgarten. Diesmal trifft es eine SB-Tankstelle an der Damgartner Chaussee. Wieder soll der Mann Bargeld und Zigaretten erbeutet haben. Er flieht zu Fuß. Die Polizei veröffentlicht später eine Personenbeschreibung. Der mutmaßliche Täter ist etwa 1,85 Meter groß und schlank. Er ist schwarz gekleidet. Seine Kapuzenjacke und seine Hose haben weiße Logos. Er spricht akzentfrei Deutsch. 

Zahl der Tankstellen-Überfälle bereits verdreifacht

Einen Tag später soll der 28-Jährige in Ribnitz-Damgarten erneut versucht haben, eine Tankstelle zu überfallen. Doch die Polizei verhindert die Tat. Gegen 21 Uhr klicken die Handschellen. Festnahme. Am Donnerstag wurde der Rostocker dann einem Haftrichter vorgeführt. 

Laut LKA gab es im vergangenen Jahr insgesamt drei Überfälle auf Tankstellen. In zwei Fällen seien Tatverdächtige ermittelt worden. Beute im Jahr 2022: rund 1300 Euro. Mit Stand 11. Dezember 2023 gab es laut LKA neun Tankstellen-Überfälle im aktuellen Jahr. Hier seien 5343 Euro Schaden entstanden. Mit den Taten aus Ribnitz-Damgarten sind es dann wohl zehn Überfälle und ein Versuch.