Artikel: BILD ZEITUNG Fakten-Check zu G20-Krawalle: Waren Politiker wichtiger als Bürger?

14.07.2017

Es ist der größte Streitpunkt um den G20-Polizeieinsatz in Hamburg: Wurde das Schanzenviertel eine Zeit lang linksradikalen Kriminellen überlassen, um die Staatsgäste schützen zu können? (von M. ARNDT, BILD Zeitung)
Artikel: BILD ZEITUNG Fakten-Check zu G20-Krawalle: Waren Politiker wichtiger als Bürger?
Jan Reinecke (BDK Landesvorsitzender Hamburg), Olaf Scholz (Erster Bürgermeister Hamburgs, SPD)

Bei „Anne Will“ erhob Jan Reinecke (42), Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), schwere Vorwürfe: „Der Schutz der Gipfelteilnehmer hatte erste Priorität. Die Bürger der Stadt zu schützen, hatte Priorität zwei.“

Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (59, SPD) widersprach: „Das ist nicht meine Einschätzung der Lage.“

WER HAT RECHT?

Fakt ist: Während Gipfel-Teilnehmer und Bürger in der Elbphilharmonie Beethoven lauschten, eskalierten die Ausschreitungen in der Schanze!

Einsatzleiter Hartmut Dudde räumte bereits ein, dass es stundenlang dauerte, Spezialkräfte (SEK, BFE) ins Schanzenviertel zu verlegen – wo der Verdacht bestand, dass Kriminelle die Polizisten von einem Hausdach aus angreifen wollen.

Was sagt Hamburgs Polizeipräsident? Ralf Martin Meyer (57) zu BILD: „Wir haben nicht mit der Entwicklung gerechnet, dass wir SEK brauchen, die mussten erst ihren Anti-Terror-Einsatz bei G20 links liegen lassen. Das SEK muss sich vorbereiten, die können nicht einfach ankommen und da reinmarschieren, die machen einen Plan, und das dauert eben.“ Den Vorwurf, man habe die Sicherheit der Bürger für die der Politiker geopfert, wies er zurück.

So auch Scholz zu BILD: „Diese Unterstellung ist infam und ein Schlag ins Gesicht aller Polizisten, die sich bis über die Erschöpfung hinaus auch im Schanzenviertel den Gewalttätern entgegengestellt haben.“ Die Polizisten hätten Bürger UND Gipfelteilnehmer geschützt.

Doch BDK-Mann Reinecke bleibt gegenüber BILD bei seinem Standpunkt: „Bei solchen Veranstaltungen werden immer Prioritäten gesetzt. Es gibt deutliche Anzeichen, wie priorisiert wurde, das zeigt der Einsatzverlauf. An der Messe ist nichts passiert. Warum waren keine Streifenwagen bei den brennenden Autos? Der Grund ist, sie standen an den Protokollstrecken, um sie zu sichern.“

Während hier Aussage gegen Aussage steht, stellt sich eine weitere Frage zum Einsatz: Warum war das eingerüstete Haus an der Schanze, von dessen Dach die Extremisten einen Molotowcocktail auf die Polizei schleuderten, nicht gesichert?

BILD erfuhr: In einem Schreiben der Hausverwaltung an das zuständige Kommissariat 16 verzichteten die Eigentümer auf ihr Hausrecht, gaben der Polizei den Schlüssel. Ein Polizeisprecher: „Ja, es war ein Schlüssel hinterlegt. Und es hat einen Warnhinweis auf das Gerüst gegeben.“ Offenbar erreichte beides die Einsatzleitung nicht

Zum Dank für das, was die Polizisten während des G20-Gipfels an anderer Stelle heldenhaft leisteten, erhalten die eingesetzten Beamten – je nach Bundesland aus dem sie kommen – ein bis drei Tage Sonderurlaub.

http://www.bild.de/wa/ll/bild-de/unangemeldet-42925516.bild.html

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