Artikel: Kosten für G-20-Gipfel höher als geplant

28.10.2017

Bundeszuschuss von 50 Millionen Euro reicht nicht aus. Stadt könnte auf Millionen Euro sitzen bleiben. Grund: Nachforderung von Polizisten (von Denis Fengler)
Artikel: Kosten für G-20-Gipfel höher als geplant

Seit sechs Wochen können die Mitglieder des G-20-Sonderausschusses die Gipfelakten im Rathaus einsehen. Zwei Tranchen hat der Senat bereits geliefert. In den kommenden Tagen soll die dritte und letzte Tranche geliefert werden. 330 Ordner werden den Abgeordnete dann zur Einsicht zur Verfügung stehen – doch so richtig zufrieden sind sie damit bislang nicht. Grund sind die massiven Schwärzungen, die nach Ansicht der Opposition einer qualitativen Auswertung entgegenstehen.

Der Senat hat jetzt angekündigt, dass die ersten beiden Tranchen nach Lieferung der letzten Regalmeter Akten noch einmal vollständig daraufhin überprüft werden sollen, ob die darin vollzogenen Schwärzungen möglicher sensibler Daten notwendig oder überzogen waren. Dass Handlungsbedarf besteht, ist längst klar: Die Polizei hatte erklärt, in den Akten zu viel geschwärzt zu haben – allerdings nicht aus vorauseilendem Gehorsam oder um etwas zu vertuschen, wie ein Sprecher betonte. Vielmehr seien die Anweisungen zum Schwärzen in den verschiedenen Dienststellen unterschiedlich ausgelegt worden, was bei einer Stichprobenprüfung nicht aufgefallen sei. Daraufhin war vereinbart worden, alle 400 Akten noch einmal einer Prüfung zu unterziehen. Die nächste Sitzung soll am 9. November stattfinden. Dann soll auch Bürgermeister Olaf Scholz befragt werden.

„Dass der Senat nun endlich die Schwärzungen überprüft, ist kein Entgegenkommen“, betonte Dennis Gladiator, CDU-Innenexperte und Ausschuss-Obmann. „Dazu ist der Senat verpflichtet, denn durch die Schwärzungen hat der Senat bisher eine wirkliche Kontrolle des Parlaments behindert. Die Entschwärzungen müssen nun zügig erfolgen, denn wir wollen uns mit den Inhalten befassen und nicht mit den taktischen Spielchen des Senats.“

Zeitgleich wurde über eine Senatsanfrage des CDU-Politikers und dessen Parteikollegen Thilo Kleibauer bekannt, dass die Stadt nach dem von heftigen Ausschreitungen begleiteten G-20-Gipfel offensichtlich zum Teil auf den Kosten für die Sicherheitsmaßnahmen sitzen bleiben wird. Der Bundeszuschuss von 50 Millionen Euro für das G-20-Treffen und den OSZE-Gipfel reiche nicht aus. Allein für die Sicherheitsmaßnahmen im Zusammenhang mit dem OSZE-Außenministertreffen im Dezember seien bereits 13,5 Millionen Euro der mit dem Bund ausgehandelten Erstattungssumme verbraucht worden, hieß es in der von der CDU vorgelegten Antwort. Die Kosten der Hamburger Behörden für Sicherheitsmaßnahmen beim G-20-Gipfel stünden derzeit noch nicht abschließend fest. Sie würden allerdings die verbleibende Differenz „überschreiten“.

Die CDU-Fraktion kritisierte die rot-grüne Landesregierung unter dem Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) scharf. „Hier hat der rot-grüne Senat schlecht verhandelt“, erklärte Haushaltsexperte Thilo Kleibauer. Der Bundeszuschuss reiche offensichtlich „bei weitem nicht aus“. Der Aufwand für den G-20-Polizeieinsatz dürfte um ein Vielfaches über dem für das OSZE-Treffen gelegen haben. Gladiator kritisierte: „Nach der gebrochenen Sicherheitsgarantie von Scholz folgt jetzt auch noch das haltlose Kosten-Versprechen.“

Die Gründe für die Mehrkosten liegen laut Senat im G-20-Einsatzgeschehen: „Durch die massiven gewalttätigen Ausschreitungen während des Gipfels war es kurzfristig erforderlich, zusätzliche Polizisten aus anderen Bundesländern anzufordern“, erklärte Sebastian Schaffer, Sprecher der Senatskanzlei. „Das hat Mehrkosten verursacht, die sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beziffern lassen, weil die anderen Bundesländer diese einzeln mit uns abrechnen und noch nicht alle Abrechnungen bei uns vorliegen. Die Alternative hierzu wäre gewesen, aus Kostengründen auf den Einsatz zusätzlicher Polizisten in Hamburg während G 20 zu verzichten. Diese Alternative finden wir nicht überzeugend.“ Er betonte: Die mit dem Bund vereinbarte Kostenbeteiligung soll für die Sicherheitskosten verwendet werden, die durch G 20 und den OSZE-Treffen einmalig entstanden, „insbesondere die Kosten für den Einsatz auswärtiger Polizeikräfte“. Dabei habe sich der Zuschuss „im Umfang an der Beteiligung des Bundes an vergleichbaren Veranstaltungen in der Vergangenheit“ orientiert.

 

Martina Friederichs, SPD-Obfrau des G-20-Sonderausschusses, wies die Kritik der CDU scharf zurück: „Wenn die CDU bei diesem Thema noch einen Funken Anstand hätte, würde sie diese Sachlage nicht kritisieren, sondern sich bei ihren CDU-Parteifreunden im Kanzleramt und Innenministerium melden und um eine Erhöhung der Bundeszuschüsse bitten. Denn der G-20-Gipfel war eine Veranstaltung der Bundesrepublik Deutschland.“

Es werde in der Folge von G 20 zu keinen Einsparmaßnahmen im Hamburger Haushalt kommen, betonte Schaffer – „erst recht nicht bei der Polizei und bei der inneren Sicherheit.“ Die entstandenen Mehrkosten würden sich über zentrale Reserven im Haushalt abbilden lassen. Er reagierte damit auf Befürchtungen aus der CDU-Fraktion, dass der Fehlbetrag vorrangig über den Etat der Innenbehörde abgerechnet werden könnte. Es dürfe nicht sein, „dass Rot-Grün auch nur eine Sekunde darüber nachdenkt, zulasten der inneren Sicherheit zu kürzen, nur weil Scholz sich verkalkuliert hat“, sagte Gladiator. Dort aber gebe es keinen Spielraum, die Polizei arbeite bereits am absoluten Belastungslimit.

Er verwies dabei auf die aktuelle Belastungssituation insbesondere in der Kriminalpolizei: Wegen Überlastung seien Tausende Straffälle zurückgestellt worden, es herrsche Personalmangel. Der Notstand sei noch größer als angenommen, hatte Jan Reinecke, Landeschef des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) im „Hamburger Abendblatt“ betont. „Die Bekämpfung der Alltagskriminalität ist massiv betroffen. Für den Normalbürger kommt die Frage auf, ob Strafanzeigen überhaupt noch bearbeitet werden.“ Innensenator Andy Grote wies die Vorwürfe gegenüber NDR 90.3 zurück: „Diese Kritik ist total überzogen.“ Die Erfolge der Polizei in der letzten Zeit sprächen für sich. „Wir haben Rückgänge bei fast allen Straftaten, die die Menschen unmittelbar in ihrem alltäglichen Sicherheitsempfinden betreffen.“

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https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article170093144/Kosten-fuer-G-20-Gipfel-hoeher-als-geplant.html

 

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