BDK bei „hart aber fair“ im Ersten – Terrorangst in Deutschland – wie nah ist die Gefahr

23.01.2015

Sebastian Fiedler war neben dem Journalisten Jürgen Todenhöfer, dem Journalisten Georg Mascolo, Gerhart Baum (FDP - Rechtsanwalt und ehemaliger Bundesinnenminister) und Armin Laschet (CDU) als Sendungsgast geladen.
BDK bei „hart aber fair“ im Ersten – Terrorangst in Deutschland – wie nah ist die Gefahr

Das Thema wurde von der Redaktion kurzfristig ins Programm aufgenommen.

Schwerpunkte der Ausführungen von Sebastian Fiedler waren:

Die europarechts- und verfassungskonforme Wiedereinführung einer Mindestspeicherfrist für Telekommunikationsdaten.

Jedes Netzwerk, sei es terroristisch, korruptiv oder eine kriminelle Bande, besteht aus zahlreichen Kommunikationsverbindungen der einzelnen Mitglieder untereinander. Wenn diese Verbindungsfäden der Kriminalpolizei verborgen bleiben, kann sie die Struktur des Netzes nicht ermitteln. Wann welcher Tatverdächtige in der Vergangenheit mit wem Kontakt über Telekommunikationsmedien hatte, kann in Deutschland nicht mehr festgestellt werden, weil die Daten von den Providern nicht mehr gespeichert werden dürfen, sobald sie zur Abrechnung nicht mehr erforderlich sind.

Die Möglichkeit der Telekommunikationsüberwachung an der Quelle.

Straftäter kommunizieren zunehmend verschlüsselt. Wenn die Politik den Ermittlungsbehörden keine Überwachungsmöglichkeit dieser Kommunikation zugesteht, macht sie sie bewusst blind und taub und nimmt diese Schutzlücke in Kauf.

Die Telekommunikationsüberwachung und Kontoinformationen zur Gefahrenabwehr

Die Polizeigesetze der Länder müssen dringend eine rechtliche Möglichkeit enthalten, Telekommunikation gefahrenabwehrend zu überwachen, um ihrem gesetzlichen Auftrag nachkommen und beispielsweise auch drohende Anschläge verhindern zu können. Ebenso ist die Möglichkeit der Auswertung von Kontoinformationen zur Gefahrenabwehr dringend erforderlich.

Qualifiziertes Personal bei der Kriminalpolizei in ausreichender Zahl

Die Dienststellen des Polizeilichen Staatsschutzes, also spezialisierter Einheiten der Kriminalpolizei, klären durch umfangreiche und hoch anspruchsvolle Ermittlungen Straftaten auf und leisten damit einen wesentlichen Beitrag zur Verhinderung von  Anschlägen. Der Mangel an entsprechend qualifiziertem Personal ist somit geeignet, die Sicherheit der Bevölkerung zu beeinträchtigen.

Vereinheitlichung kriminalpolizeilicher Aufgaben und Strukturen in den Bundesländern

Die Aufgaben, Strukturen und die Ausbildung der Kriminalpolizei sind in den Ländern derzeit ebenso unterschiedlich ausgeprägt wie die rechtlichen Möglichkeiten in den jeweiligen Polizeigesetzen. Vor diesem Hintergrund sind Reibungsverluste bei länderübergreifender Zusammenarbeit vorprogrammiert.

 

Beim Thema Vorratsdatenspeicherung entbrannte eine Diskussion mit Gerhart Baum. Sebastian Fiedler konfrontierte Herrn Baum mit einem Beispiel:

„Wird bei einem Terroristen nach dem Zugriff ein Mobiltelefon unter seinen persönlichen Gegenständen gefunden wären wir in Deutschland ab einem gewissen Zeitpunkt nicht in der Lage, anhand der retrograden Verkehrsdaten die Kontaktpersonen des Attentäters zu identifizieren. Die Fragen nach der Herkunft der benutzten Waffen, der Munition oder des Sprengstoffs könnten so kaum beantwortet werden“, so Fiedler. Er forderte Gerhart Baum auf, alternative Ermittlungsschritte zur Aufklärung dieser Fragen zu benennen oder den Zuschauern zu erklären, dass man im Rahmen der Rechtsgüterabwägung auf die Beantwortung dieser Fragen verzichten wolle. Da der Beschuldigte in unserem Rechtsstaat die Aussage verweigern kann und auch Angehörige oder Zeugen einen entsprechenden Schutz genießen kann die Lösung dieser Fragen nicht mit einem „Mehr an Personal“ allein beantwortet werden. Herr Baum blieb die Antwort schuldig.

Video zur Sendung unter:

http://www1.wdr.de/daserste/hartaberfair/videos/videoterrorangstindeutschlandwienahistdiegefahr102.html

BDK weist auf Fehler im „Faktencheck“ hin und erwirkt inhaltliche Überarbeitung

Um die Aussagen oder Einschätzungen der Gäste gründlich zu prüfen,  hakt "hart aber fair" nach und lässt einige Aussagen und Behauptungen von Experten prüfen. Die Antworten gibt es am Tag nach der Sendung im „Faktencheck“.

Sebastian Fiedler beklagte in der Sendung die fehlenden rechtlichen Möglichkeiten der Polizei zur gefahrenabwehrenden Kommunikationsüberwachung in den Bundesländern und die fehlenden rechtlichen Möglichkeiten zur Gefahrenabwehr Kontoinformationen zu erlangen. Der FDP-Politiker Gerhart Baum behauptete hingegen: „Wenn Sie einen Verdacht haben, können Sie alles machen.“

Im Faktencheck war dann zunächst zu lesen: "Gerhart Baum hat Recht". Die Rechtswissenschaftlerin Prof. Rita Haverkamp verwies auf das Gesetz über das Bundeskriminalamt (BKAG). "Seit einer Reform aus dem Jahr 2008 hat das BKA bei
der Abwehr von Gefahren durch den internationalen Terrorismus weitgehende Überwachungsbefugnisse." Das BKA ist aber weder grundsätzlich noch für alle Fälle der Gefahrenabwehr durch Terrorismus zuständig, sondern nur in den Fällen (§ 4 a BKAG), in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht.

Frau Haverkamp verwies zwar bei den Überwachungsmöglichkeiten auf Bundesländerebene auf die unterschiedlichen Landespolizeigesetze; allerdings wurde nicht erwähnt, dass es Bundesländer gibt, die wie z. B. Nordrhein-Westfalen über keine polizeigesetzliche Ermächtigungsgrundlage zur Telekommunikationsüberwachung verfügen. Der Verweis auf den insoweit vorbildlichen Freistaat Bayern, der der Polizei rechtlich mehr Instrumente (Telekommunikationsüberwachung, automatisierte Kennzeichenerfassungssysteme...) zur Verfügung stellt, geht insoweit fehl, als dass damit die Ausnahme benannt und die Regel verschwiegen wird.

Die Erlangung von Kontoinformationen nach § 24 c des Kreditwesengesetzes (KWG) ist gem. Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 KWG nur „für die Verfolgung und Ahndung von Straftaten“ möglich. Zur Gefahrenabwehr können keine Kontoinformationen erlangt werden.

Der BDK hat deshalb dem WDR auf die Widersprüche des „Faktencheck“ zu den Aussagen von Sebastian Fiedler in der Sendung hingewiesen.

Tatsächlich hat Herr Baum eben nicht Recht, sondern irrt auf mehrfache Weise. Die Darstellungen von Frau Prof. Dr. Haverkamp im „Faktencheck“ laufen in Bezug auf Sebastian Fiedlers Aussagen ins Leere.

Zwischenzeitlich wurde der Text des „Faktencheck“ angepasst.

http://www1.wdr.de/themen/politik/faktencheck418.html