BDK im Gespräch mit der Politik

23.02.2023

Oft sind die Gestaltungsmöglichkeiten im Polizeibereich von Entscheidungen der Politik abhängig - was liegt näher, als dort unseren Bedarf anzumelden? So jetzt geschehen im Gespräch mit Landtagsabgeordneten der CDU aus der Innenpolitik.
BDK im Gespräch mit der Politik
(v.l.n.r.: Alexander Wille, Jörn Memenga, Gesa Eisengarten, André Bock)

Teilnehmende waren André Bock, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, die weiteren Innenausschuss-Mitglieder Lara Evers und Alexander Wille sowie der Referent für Inneres, Volker Klauke. Der BDK LV Niedersachsen war vertreten durch die Landesvorsitzende Gesa Eisengarten, den stellv. Landesvorsitzenden Jörn Memenga und den stellv. Landesgeschäftsführer Martin Hoffmann.

Die Landtagswahlen liegen noch nicht so lange zurück, die polizeibezogenen Inhalte des Wahlprogramms der CDU („Freiheit braucht Sicherheit“) waren als Gesprächsbasis also einen Blick wert. Zum Attraktivitätsprogramm gehörten verbesserte Arbeitsbedingungen, Abbau des Beförderungsstaus und eine Erhöhung der Polizeizulage. Auch besserer Schutz der Einsatzkräfte und Stärkung des Ehrenamtes war aufgeführt.

Intensiv erörtert wurde die Ausstattung der Liegenschaften. Hier waren insbesondere Dienstgebäude der ZPD und auch in Peine Beispiele für Handlungsbedarf. Auch bei der technischen Ausstattung im Bereich FEM und bei der Digitalisierung wurde Verbesserungsbedarf festgestellt. Zu letztgenanntem gehört auch ein zeitgemäßes Vorgangsbearbeitungssystem - hier soll das bisher genutzte Programm NIVADIS durch @rtus ersetzt werden. Insbesondere die Einführung eines gemeinsamen Standards in allen Bundesländern und eine bessere Vernetzung soll damit vorangetrieben werden.

In ihrem Wahlprogramm hatte die CDU einen verbesserten Schutz der Polizistinnen und Polizisten im Einsatz durch die breitere Verwendung von Bodycams erwähnt. Das war noch vor Silvester und weiteren Vorkommnissen. Es wurde erörtert, inwieweit Bodycams ein hilfreicher Ansatz und welche weiteren Maßnahmen sinnvoll sein könnten. Der Einsatz sonstiger Videoüberwachung in der Öffentlichkeit erschien eher nicht als Allheilmittel.

Einigkeit bestand, dass Gewalt und auch Anfeindungen gegen Polizei und Rettungskräfte inakzeptabel sind und wirksames Gegensteuern erfordern. Eine konsequente Strafverfolgung möglichst durch beschleunigte Verfahren soll gemeinsamer Überzeugung zufolge deutlich die überschrittene Grenze aufzeigen und nachhaltige Wirkung auslösen.

Breiten Raum nahm die Diskussion zur Attraktivität des Arbeitgebers Polizei Niedersachsen ein. Hier gilt es, junge Menschen zu einer Ausbildung und qualifizierte Fachkräfte für eine Bewerbung bei der Polizei zu motivieren. Zumindest sollten wieder alle vorhandenen Ausbildungsplätze besetzt werden können, wenn schon eine Bestenauswahl nicht mehr möglich ist. Wir wiesen auf die Chance hin, mit einer sicheren Perspektive der Verwendung bei der Kriminalpolizei (Direkteinstieg) für mehr junge Menschen interessant zu sein und nicht in benachbarte Bundesländer abzuwandern.

Grundlegend ist, im Rahmen der Tarifverhandlungen den öffentlichen Dienst gegenüber der freien Wirtschaft nicht abgehängt erscheinen zu lassen und die Ergebnisse aus den Tarifverhandlungen ungekürzt für den Beamtenbereich zu übernehmen. Der Abstand zum allgemeinen Grundsicherungsniveau muss erkennbar bleiben. Darüber hinaus muss im Tarifbereich durch Maßnahmen wie Höhergruppierung und Verbeamtung entgegengewirkt werden, wenn qualifizierte und eingearbeitete Fachkräfte feststellen, dass andere Arbeitgeber bessere Angebote haben und abwandern.

Teilweise gilt dies auch im Beamtenbereich - hier wirken beispielsweise Fachkarriere, eine Erhöhung der Polizeizulage und Wiedereinführung deren Ruhegehaltsfähigkeit auch für Ausbildungsplatzsuchende attraktivitätssteigernd. Gerade im IT-Bereich zeigt sich, dass die Stellenzuordnung in den neuen FK Forensik auch im Beamtenbereich nicht ausreichend ist. Geeignetes Personal ist auf diese Weise nicht zu einer Bewerbung für diese anspruchsvolle Tätigkeit zu motivieren. Zudem müssen hier höherbewertete Stellen aus dem eigenen Bestand der Behörden generiert werden - es muss an anderer Stelle gespart werden.

Weitgehende Übereinstimmung ergab sich bei der Bewertung der Clan-Kriminalität. Zumindest zeitweise vorhandene Tendenzen, die in Niedersachsen vorhandenen vier Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bekämpfung krimineller Clan-Strukturen abzuschaffen, wurde klar widersprochen. Erforderlich seien hier allerdings noch eine intensivere spezialisierte Ausbildung, effizienterer Informationsaustausch und bessere Zusammenarbeit, bundes- und europaweit. Auch zeigten die Möglichkeiten der Vermögensabschöpfung noch Defizite.

Seit langem beanstanden wir die im Zuge der Strategischen Organisationsanpassung stark verschlechterte Situation der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität und Korruption, vor allem im Landeskriminalamt. Vor einem Jahr hatten wir auf die desolate Situation anlässlich der Veröffentlichung des Korruptionswahrnehmungsindexes hingewiesen und die Defizite aufgelistet: „Stiefkind Korruptionsbekämpfung“. 1)

Die wesentlichen Defizite gaben wir den Innenpolitikern mit auf den Weg. So wurde die Zentralstelle im LKA durch Reduzierung des Personals deutlich geschwächt, Fachkenntnisse und Erfahrungswissen gingen verloren. Korruptionsprävention durch Polizei (LKA/ZKI) und Justiz findet aufgrund von Überlastung kaum noch statt. Das anonyme Hinweisgebersystem (BKMS) ist weitgehend unbekannt, der Interministerielle Arbeitskreis zur Korruptionsbekämpfung ist nicht wahrnehmbar.

Und auch auf Bundesebene blieben selbst Vorgaben der EU unbeachtet: Vor wenigen Tagen hat der Bundesrat seine Zustimmung zum neuen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) verweigert. Das Hinweisgeberschutzgesetz soll einen umfassenden Schutz von Whistleblowern sicherstellen. Im Jahr 2019 war auch Deutschland zur Umsetzung der „EU-Whistleblower-Richtlinie“ bis zum 17.12.2021 verpflichtet worden. Inzwischen wurde ein förmliches Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet.

Es wurde vereinbart, zu den Themen Wirtschaftskriminalität und Korruption intensiv im Gespräch zu bleiben.

Zu dem im Wahlprogramm aufgeführten Punkt „Stärkung des Ehrenamtes“ wiesen wir ergänzend darauf hin, dass polizeigewerkschaftliche Landesvorsitzende in anderen Bundesländern für ihre Arbeit freigestellt sind - und zwar völlig unabhängig von der Anzahl der Mitglieder.

Das Gespräch war über die gesamte Dauer sehr angenehm und konstruktiv. Als derzeit dringlichste Themen wurden Liegenschaften der Polizei, Polizeizulage, damit verbunden eine Ruhegehaltsfähigkeit, sowie amtsangemessene Alimentation festgehalten.

Begrüßenswert: Seitens der Gesprächsteilnehmenden wurde ein enger Austausch mit Gewerkschaften gewünscht. Darauf kommen wir gerne zurück.

 
Gesa Eisengarten
Landesvorsitzende

 

 

1https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/stiefkind-korruption

 

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