BDK in den Medien: Interview bei der Braunschweiger Zeitung zu Leichenschau

04.05.2023

Unnatürliche Todesfälle: Interessieren uns unsere Toten zu wenig? Auch um Morde aufzudecken: Rechtsmediziner fordert qualifizierte Leichenschau durch Experten - Stephan Schriever, BDK Niedersachsen, dazu im Interview.
BDK in den Medien: Interview bei der Braunschweiger Zeitung zu Leichenschau

Mehrfach hatten wir aufgezeigt, dass die Novellierung des Niedersächsischen Bestattungsgesetzes im Jahr 2019 in dieser Form die Patientensicherheit nicht ausreichend verbessert. Nach Bekanntwerden der Mordserie des ehemaligen Krankenpflegers Nils Högel gab es einen Parlamentsauftrag Grundlagen zu schaffen, um Tötungsdelikte besser erkennen zu können. In der Sitzung des Rechtsausschusses am 02.09.2020 sowie in Stellungnahmen zuvor wurden Schwachstellen des neuen Gesetzes aufgezeigt und Vorschläge zu Verbesserungen gemacht. Insbesondere haben wir aufgezeigt, dass eine qualifizierte Leichenschau durch qualifiziertes Personal die Grundlage für eine Verbesserung des bisherigen Systems sein muss. 1)

Jetzt nahm sich die Braunschweiger Zeitung dieses Themas nochmals an: 2)
"Unnatürliche Todesfälle: Interessieren uns unsere Toten zu wenig?
Auch um Morde aufzudecken: Rechtsmediziner Klaus Püschel fordert eine qualifizierte Leichenschau durch Experten."

Püschel warb bei seinem Auftritt beim 2. Live-Crime-Podcast im Medienhaus "nachdrücklich für die Einführung einer allgemeinen inneren Leichenschau durch Experten und mit Hilfe moderner Medizin-Technik als Pflichtuntersuchung für jeden Toten in Deutschland. Denn viel zu häufig würden unnatürliche Todesfälle – Morde wie auch Suizide – nicht erkannt werden."

Seitens des Sozialministeriums wurde auf die eingeführten
ärztlichen Meldepflichten hingewiesen. Diese Meldepflichten, "durch die die Staatsanwaltschaft Kenntnis von Todesfällen erhält, in denen sie die strafprozessuale Obduktion, das heißt Leichenöffnung, vornehmen lassen kann, leisten einen entscheidenden Beitrag zur Erhöhung der Aufdeckung bisher unbekannter Tötungsdelikte.

In diesem Zusammenhang wurde der ehemalige stv. Landesvorsitzende Stephan Schriever interviewt, der noch immer mit dem Thema Todesursachenermittlung befasst ist:

„Diese Meldepflicht ist in diesem Ausmaß völlig absurd“, kritisiert
Stephan Schriever vom Bund Deutscher Kriminalbeamter Landesverband Niedersachsen. „Staatsanwaltschaft und Polizei seien medizinisch nicht in der Lage, Behandlungsfehler überhaupt zu erkennen.“ Der zusätzliche Arbeitsaufwand sei enorm.
Schriever berichtet aus dem Alltag:
„Regelmäßig werden den Bestattungsinstituten Verstorbene mit einer Todesbescheinigung übergeben, die fast oder vollständig bekleidet sind. Eine eingehende Leichenschauhat in der Mehrzahl der Fälle nicht stattgefunden.“
...
Schriever fordert, dass es zumindest eine Kontrollinstanz geben müsse, ähnlich wie die vorgeschriebene 2. Leichenschau vor einer geplanten Einäscherung. Wünschenswert wäre ein Team von ausgebildeten Medizinern, die im 24-Stunden-Dienst in bestimmten Regionen für Todesfeststellung zuständig sind. „Das würde auf jeden Fall zur Sicherheit vor möglichen unerkannten Tötungsdelikten beitragen.“

 

1) https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/patientensicherheit-erhoehen

2) https://www.braunschweiger-zeitung.de/niedersachsen/article238277493/Unnatuerliche-Todesfaelle-Interessieren-uns-unsere-Toten-zu-wenig.html (Bezahlschranke, Druckausgabe am 02.05.2023)