BDK INFO "Crash-Teams"

18.09.2022

BDK lehnt Einsatz von Leiharbeitskräften in „Crash-Teams“ zur Abarbeitung von kriminalpolizeilichen Ermittlungsvorgängen im LKA entschieden ab!
Akten

An zahlreichen kriminalpolizeilichen Ermittlungsdienststellen können seit Jahren aufgrund des sich immer mehr zuspitzenden Personalmangels im LKA Hamburg Ermittlungsvorgänge nicht mehr zeitnah bearbeitet werden und es entstehen Aktenhalden/Aktenrückstellungen, die auch schon einmal mehrere tausend Vorgänge umfassen können. Ein Umstand auf den der BDK seit Jahren hinweist und bereits zu einem Rückstellungscontrolling im Leitungsstab geführt hat.

Wie der BDK nunmehr erfahren hat, soll der Staatsrat fürs Innere, Bernd Krösser, entschieden haben, für eine eigens hierfür zur Verfügung gestellte Summe von ½ Million Euro kurzfristig sogenannte „Crash-Teams“ -  befristet für einen Zeitraum von 6 Monaten - einsetzen zu wollen. Sie sollen Ermittlungsvorgänge ohne erfolgsversprechende Ermittlungsansätze aus diesen Aktenhalden abarbeiten. Das Kuriose: Diese Crash-Teams werden zunächst aus 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Leiharbeitsfirmen bestehen, also polizeiexterne, privatwirtschaftliche Beschäftigte, die kurzzeitig kriminalpolizeiliche Arbeit leisten sollen. Die Idee über eine europaweite Ausschreibung eine externe Leiharbeitsfirma für diese Aufgabe „einzukaufen“ war wiederum deshalb notwendig geworden, weil der Versuch, Personal auf 6 Monate befristet direkt bei der Polizei einzustellen, vorhersehbar misslungen war. Es hatten sich offensichtlich nicht genügend Bewerberinnen und Bewerber gefunden, die für die Ihnen angebotenen - unattraktiven - Bedingungen kurzfristig befristet für die Polizei Hamburg tätig werden wollten. Die Entscheidung für „Crash-Teams“ auch im Einsatz bei der Kriminalpolizei hat Staatsrat Bernd Krösser wohl im Zusammenhang mit einem Einsatz solcher Teams bei der Landespolizeiverwaltung (LPV) getroffen. Nur dass diese Teams dort Abschleppvorgänge im Straßenverkehr abgearbeitet haben und keine Kriminalfälle, die im Auftrag der Staatsanwaltschaft Hamburg bearbeitet werden.

Der BDK spricht sich aus folgenden Gründen eindeutig gegen die Beauftragung von Leiharbeitsfirmen im Zusammenhang mit der Abarbeitung von kriminalpolizeilichen Ermittlungsvorgängen aus:

  • Kann es generell die Lösung sein, polizeiliche oder auch hoheitliche Aufgaben in die Privatwirtschaft outzusourcen?
  • Das Anwachsen von Aktenhalden/Aktenrückstellungen ist ein strukturelles Problem und begründet sich in dem immer dramatischer werdenden Personalmangel bei der Hamburger Kriminalpolizei. Die Idee, dass fehlende Personal mit befristeten Einstellungen auszugleichen, lindert vielleicht kurzzeitig das Symptom beseitigt aber nicht die Ursache. Bemerkenswert ist, dass die Behördenleitung offensichtlich damit die Defizite mittlerweile anerkannt hat. Gibt es vielleicht endlich ein – womöglich noch unter Verschluss gehaltenes - Personallagebild für die Hamburger Kriminalpolizei?
  • Externe Beschäftigte müssen von überlasteten Beschäftigten der Polizei umfangreich eingearbeitet werden. Sie verfügen beispielsweise nicht über die notwendigen Erfahrungen, was den Aufbau einer Ermittlungsakte betrifft, verfügen über keine Kenntnisse im Gebrauch der polizeilichen Vorgangs- und Fallbearbeitungssysteme oder der polizeilichen Auskunftssysteme. Diese Einarbeitung der externen Beschäftigten kostet dem ohnehin gestressten Personalkörper der Polizei nur noch mehr der nicht vorhandenen Ressourcen.
  • Externe Beschäftigte von Leiharbeitsfirmen müssen aufwendig und zeitintensiv durch den Hamburger Staatsschutz, also dem LKA, sicherheitsüberprüft werden, da diese für Ihre Arbeit u.a. Zugang zu den gängigen polizeilichen Auskunftssystemen bekommen und damit an datenschutzrelevante und hoch sensible Informationen gelangen (können).
  • Die 13 Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sollen für 6 Monate eingestellt werden, wofür die Innenbehörde Mittel in Höhe von einer ½ Million Euro bereitstellt. Umgerechnet bedeutet dies ein Kostenaufwand von knapp 6.500 Euro monatlich pro Leiharbeitskraft. Der größte Anteil dieses Aufwands dürfte zudem nicht der Leiharbeitskraft, sondern dem Leiharbeitsunternehmen zugutekommen. Ein Beschäftigter der Polizei in der für diese Tätigkeit relevanten Entgeltgruppe kostet nicht einmal die Hälfte.

Der BDK fordert die Behördenleitung auf, von dem Vorhaben, polizeiliche Ermittlungssachbearbeitung durch externe Leiharbeitskräfte durchführen zu lassen, sofort abzusehen. Die Behördenleitung sollte stattdessen das offenkundig von ihr anerkannte, strukturelle Personaldefizit durch festangestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (Kriminalassistenz) ausgleichen. Mittelfristige Aus- und Fortbildungskonzepte für die so hinzugewonnenen Kriminalassistentinnen und Kriminalassistenten, würden diese befähigen, punktuell jegliche Halden an Vorgängen ohne erfolgsversprechende Ermittlungsansätze aus allen Abteilungen des LKA abzuarbeiten.

Hält die Behördenleitung an Ihren Crash-Teams externer Leiharbeitsfirmen fest, dürfte sie hierfür ziemlich schnell selbst einen - auch für den Hamburger Haushalt - fatalen Crash erleben!

Die am 16.09.202 vom BDK, Landesverband Hamburg, intern veröffentlichte BDK INFO wurde von verschiedenen Hamburger Leitmedien aufgegriffen:

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