BDK INFO: "Halde, Halde, du musst wandern…"

09.02.2022

"Halde, Halde, du musst wandern… von der einen Hand zur andern!" - Im Landeskriminalamt Hamburg hat man sich leider längst an Halden gewöhnt. Inzwischen schaffen es alle Ermittlungsabteilungen im LKA nicht mehr, die eingehenden Vorgänge zu bearbeiten und müssen Rückstellungen bilden.
Akten

Den Kolleginnen und Kollegen ist es dabei auch ziemlich egal, ob es sich um Rückstellungen, Halden, Arbeitsreserven oder einen smarten Rückstellungspool handelt. Mittlerweile ist es gängige Praxis, diese Vorgänge an andere Dienststellen abzugeben, damit sie irgendwann jemand bearbeitet. Expertise und Qualität haben, wenn überhaupt, nur noch eine nachrangige Bedeutung.

Rückstellungen im Bereich LKA 1 Betrug sind ja leider schon zur traurigen Gewohnheit geworden. Regelmäßig müssen Arbeitspakete geschnürt und an andere Dienststellen im LKA verteilt werden. Aber auch der Basisdienst der örtlichen Ebene kann die anfallende Vorgangsflut schon lange nicht mehr bewältigen. Die Auflösungserscheinungen in diesen Bereichen durch Pensionierungen und ausbleibende Nachbesetzungen verschärfen die aktuelle Lage zusehends und alle anderen Sachgebiete des LKA 1 müssen hier einspringen – als hätten sie nicht bereits genug zu tun…

Auch das LKA 165 (Ausländerdelikte) schafft es aus eigener Kraft längst nicht mehr, die anfallenden Vorgänge zu bearbeiten. Auch hier gehen Vorgänge auf Wanderschaft. Eine Verlagerung von Zuständigkeiten zum LKA 68 mag hier zunächst kurz helfen, aber die Problemstellungen werden lediglich an eine neue Dienststelle übergeben.

Selbst im LKA 42 – Fachkommissariat für Sexualdelikte ist es anscheinend nicht mehr möglich, die anfallenden Vorgänge als Dienststelle selbst zu bearbeiten. Der Dauerdienst und die weiteren Dienststellen im LKA 4 müssen neben zahlreichen Einsätzen und dauerhaften Rufbereitschaftsbelastungen bei der Abarbeitung von Vorgängen unterstützen.

Auch in den Abteilungen LKA 5, LKA 6 und LKA 7 liegen mehrere hundert Fälle unbearbeitet herum. Andere belastete Dienststellen, schieben zahlreiche Überstunden vor sich her, ohne die Aussicht, diese jemals abbauen zu können.

Der Umgang mit den Rückstellungen gleicht mittlerweile einem aus der Not geborenem Schneeballsystem. Hauptsache, die Vorgänge bleiben in Bewegung. In der bald stattfindenden Pressekonferenz zur Veröffentlichung der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) werden voraussichtlich sinkende Fallzahlen wieder als großer Erfolg gefeiert. Aber wie passen die vermeintlich guten Zahlen der PKS zu den zahlreichen Rückstellungen und Mehrarbeitsstunden in allen LKA Abteilungen? Entweder sind die Verstärkungen nicht bei der Kriminalpolizei angekommen, oder die PKS-Zahlen sind nicht so aussagekräftig, wie sie gern verkauft werden - vermutlich sogar beides.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter fordert vor dem Hintergrund der zu erwartenden PKS-Nebelkerzen ein Ende der Schönfärberei. Wer Kriminalitätsbekämpfung im Sinne der Strafgesetze will, muss die Kriminalpolizei dafür auch entsprechend ausstatten - oder: dem Bürger endlich „reinen Wein“ einschenken.