Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls

14.03.2016

Positionspapier
Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls

1. Phänomenologie und aktuelle Lage

  
Zweifelsfrei ist der Wohnungseinbruchsdiebstahl ein besonders sozialschädliches Delikt. Neben den finanziellen Schäden durch die Entwendung von Bargeld und Wertgegenständen sowie den teilweise massiven Sachbeschädigungen ist fast immer das Sicherheitsempfinden der geschädigten Bürgerinnen und Bürger erheblich beeinträchtigt. Die Vorstellung, dass fremde Menschen sich unberechtigt in ihrem intimsten Lebensbereich bewegt haben, raubt vielen Opfern noch Monate später den Schlaf. Scheinbar neue Entwicklungen, bei denen vermehrt ältere Menschen als Opfer betroffen sind oder bei denen die Täter beim Antreffen von Bewohnern gar Gewalt anwenden, verschärfen die Brisanz dieses Deliktsbereichs. Kriminologische Studien bestätigen in diesem Zusammenhang die starken psychischen Folgen einer Viktimisierung.
 
Gerade deshalb müssen sich Polizei und Justiz diesen besonderen Herausforderungen stellen. Die Politik ist genau hier gefordert, die notwendigen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Bekämpfung durch Polizei und Justiz zu schaffen.
 
Bei den Tätern handelt es sich teilweise um Jugendliche und Heranwachsende, die aus dem Erlös der Beute für sie Begehrliches beschaffen, für das ihr eigenes Geld nicht ausreicht. Oftmals sind auch drogenabhängige Täter festzustellen, die diese Taten begehen, um ihre Sucht befriedigen zu können (Beschaffungskriminalität).
 
Die Verfolgung und Bestrafung dieser zumeist „örtlichen Täter“ muss weiterhin mit Nachdruck erfolgen.
Allerdings stellen die überörtlich agierenden Täterbanden ein zunehmend größeres Problem dar, deren Motivation in aller Regel im schlichten Gewinnstreben liegt. Sie sind für zahlreiche Einbruchsserien verantwortlich und agieren professionell und aggressiv. So schrecken sie auch nicht davor zurück in Objekte einzubrechen, in denen sich die Bewohner aufhalten. Das Eindringen in die Wohnung ist eine Sache von wenigen Minuten. Oftmals verlassen diese Täter den Tatort unerkannt und hinterlassen keine oder kaum verwertbare Spuren.
Die aktuellen Erkenntnisse bestätigen, dass wir es seit Langem mit gut strukturierten Banden, überwiegend aus Osteuropa, zu tun haben, die in ihrem Bewegungsradius hochflexibel sind. Sie tauchen in verkehrsgünstig gelegenen Regionen auf und gehen dort oftmals mehrere Wohnhäuser innerhalb kürzester Zeit an.
 
Diese Täter arbeiten zunehmend professioneller, das heißt, sie stellen sich auf Polizeiarbeit ein, versuchen Spuren von vornherein zu vermeiden oder setzen Mittel ein, diese zu vernichten. Merkmale wie fehlende Homogenität innerhalb der Gruppen, Residenten und Logistiker, arbeitsteiliges Verhalten sowie das vermehrte Nutzen von falschen Dokumenten etc., kennzeichnen diese Tätergruppen.
 
Aufgrund dieser überörtlichen Begehungsweise sind bei einer regional ausgerichteten Sachbearbeitung Tatzusammenhänge nur schwer zu erkennen. Solche Ermittlungsverfahren können erfolgreich nur mit einem entsprechend qualifizierten Personalansatz geführt werden!
 
Seit Jahren werden in Deutschland, so auch in Rheinland-Pfalz, steigende Fallzahlen im Bereich Wohnungseinbruch registriert.[1] Die in unserem Bundesland erfassten Fälle stiegen von ca. 4.000 auf aktuell knapp 6.000 Fälle. Demgegenüber stehen rückläufige Aufklärungsquoten von knapp 24 % auf ca. 14 %.
 
Die Anzahl der tatsächlich geklärten Fälle ist in diesem Zeitraum in etwa gleich, Tendenz leicht fallend.
 
Die Botschaft dieser Zahlen ist eindeutig: Die maximale Belastung des in diesem Bereich eingesetzten Personals ist erreicht. Bei gleichbleibender Arbeitsmenge und steigenden Fallzahlen entstehen automatisch rückläufige Aufklärungsquoten, sofern nicht grundlegend etwas an der Bekämpfungsstrategie verändert wird.
 
Leider hat sich die ungünstige Entwicklung im Jahr 2015 in Rheinland-Pfalz fortgesetzt, wenngleich regional doch erhebliche Unterschiede der Fallzahlenbelastung und der jeweiligen Steigerung zu den Vorjahren festzustellen sind. Die Veröffentlichung dieser aktuellen Fallzahlen, der Aufklärungsquoten und etwaigen Steigerungsraten ist Aufgabe der politischen Verantwortungsträger.
 
 

2. Wie können Polizei und Justiz hier wirksam vorgehen?

 
Die Ermittlungsführung im Bereich der Bandenkriminalität muss darauf ausgerichtet sein täterorientiert zu arbeiten. Nach Erkennen und bestenfalls der Identifizierung einzelner oder mehrerer Personen muss es gelingen, mittels modernster und vor allem verdeckter Ermittlungsmethoden den Nachweis zu begangenen Taten zu führen. Ohne die personalintensiven Überwachungsmaßnahmen, wie TKÜ- und Observationsmaßnahmen, sind diese Taten nicht zu klären! Wer auf den Erfolg von Durchsuchungsmaßnahmen und der anschließenden Vernehmung wartet, der wird sicher enttäuscht[2].
 
Eine Verstärkung schutzpolizeilicher Maßnahmen wie die Erhöhung wahrnehmbarer polizeilicher Präsenz sowie personalintensive Kontrollmaßnahmen greifen alleine deutlich zu kurz und führen - wenn überhaupt - nur zu einem kurzfristigen Verdrängungseffekt. Die Erfahrungen der Kriminalpolizei zeigen, dass sich diese professionellen Täter davon auf Dauer nicht abhalten lassen.
 
 
Andererseits darf die Bedeutung dieser Kontrollmaßnahmen zur Erkennung der „Reisenden Täter Eigentum“ (RTE) nicht unterschätzt werden.
 
Die dort gewonnen Erkenntnisse bilden oftmals die Grundlage, um Ermittlungen zu initiieren und geben Aufschluss über die Zusammensetzung der Banden.
 
 

2.1 Qualifizierung

 
Ein wesentlicher Aspekt ist der Einsatz von ausreichend, qualifiziertem und engagiertem Personal. Wir benötigen zur Bekämpfung dieses Deliktsumfeldes Kolleginnen und Kollegen, die Erfahrungen in diesem Bereich aufweisen sowie über Kenntnisse zu täterorientierten und verdeckten Ermittlungen verfügen. Das dort eingesetzte Personal muss nach einer Einarbeitungszeit in der Lage sein, Straftaten in diesem Deliktsbereich differenziert zu bewerten und den unter-schiedlichen Tätertypen (örtliche Täter oder Banden) zuzuordnen.
 

2.2  Überörtliche Zuständigkeiten

 
Um die „Handschriften“ von Tätern oder Tätergruppen lesen zu können, bedarf es innovativen Personals. Dieses muss in der Lage sein, auch über größere Entfernungen, Erkenntnisse, Taten und Personenhinweise zusammenzuführen. Eine überörtliche Zuständigkeit sowie eine landesweit gezielte operative und strategische Auswertung sind dazu unabdingbar!
 

2.3  Professionelle Tatortarbeit

 
Aufgrund der beschriebenen Vorgehensweisen bei den Taten sind intensive Maßnahmen bei der Spurensuche notwendig. Die gesicherten Spuren müssen fachgerecht gesichert und zügig untersucht werden. Gerade auch bei diesen Untersuchungsstellen muss ausreichend Personal und Material vorhanden sein, um möglichst zeitnah Ergebnisse zu kriminaltechnischen Untersuchungen den Ermittlern vorlegen zu können. Je schneller diese vorliegen, desto schneller hindern wir diese Täter an der Fortsetzung der Tatserien.
 

2.4  Ganzheitlicher Ansatz

 
Ein bedeutender Bestandteil ist die Information an und die Rückmeldung von den Polizeiinspektionen. Niedergeschriebene Beobachtungen in den RTE-Meldungen sowie Rückmeldungen aus der Bevölkerung bilden oftmals die Grundlage für die Erkennung von Ermittlungsansätzen. Dies setzt allerdings voraus, dass aktuelle Erkenntnisse zum Phänomen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Polizeiinspektionen auch frühzeitig zur Verfügung gestellt werden. Nur so ist ein vernetztes und gemeinsam erfolgreiches Arbeiten zur Reduzierung des Phänomens und damit dem verbesserten Schutz der Bevölkerung umzusetzen. Rückmeldungen an die feststellenden und mitteilenden Beamtinnen und Beamten fördern die Motivation beiderseits!
 
Unabdingbar ist die Einrichtung einer gemeinsamen Informationsplattform. Zumindest landesweit müssen die Erkenntnisse, die in den verschiedenen Bereichen gewonnen werden, den Ermittlungseinheiten zur Verfügung stehen.
 
Anstelle von Landeskontrolltagen, die oftmals ohne Bezug zu konkreten Ereignissen durchgeführt werden, sind gezielte Fahndungs-/Kontroll- und operative Maßnahmen – angelehnt an aktuelle Auswerteerkenntnisse – durchzuführen. Nur so kann eine Steigerung der Effektivität erreicht werden.
 

2.5 Intensivierung der Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft

 
Feste Ansprechpartner und bestenfalls auch feste Zuständigkeiten bei der Staatsanwaltschaft erhöhen das gemeinsame Verständnis und fördern die gemeinsame Erstellung von Konzeptionen zur Bekämpfung dieses Phänomens. In der Folge wird dadurch der gesamte Prozess eines Ermittlungsverfahrens bis hin zur möglichen Verurteilung von Tätern optimiert. So setzt sich beispielsweise zwischenzeitlich zunehmend die Erkenntnis durch, bei den Gerichtsverhandlungen die Opfer frühzeitig als Zeugen zu hören. Dies wirkt der „Bagatellisierung“ dieses Phänomens wirksam vor! Vor dem Hintergrund der Opferbetreuung sollten die betroffenen Bürgerinnen und Bürger darauf vorbereitet werden.
 

2.6  Nachhaltigkeit

 
Ein solches Konzept muss auf Dauer und mit einem festen Personalkörper angelegt sein. Der Nachteil von Sonderprogrammen liegt darin, dass sie nur temporär und auf den schnellen Erfolg ausgelegt sind. Oftmals wird dabei abgeordnetes Personal frühzeitig zurückgefordert oder aber bei notwendigen neuen Schwerpunktbildungen verschoben.
 
In Fällen, in denen erkennbar ist, dass ein Phänomen auf Dauer anhält, ist die Einrichtung fester Kommissariate wesentlich sinnvoller. Die Banden, die Wohnungseinbrüche begehen, sind auch in anderen Deliktsbereichen aktiv. Ähnlich wie in anderen Bundesländern, muss auch in Rheinland-Pfalz die Einrichtung überörtlicher Kommissariate, welche sich mit dem Thema Bandenkriminalität befassen, geprüft werden.
 

2.7  Ansätze, um einer „Beuteverwertung“ die Grundlage zu entziehen

 

2.7.1 Zeitgemäße Sachfahndung

 
Die Erfolge der Sachfahndung in Rheinland-Pfalz sind in den letzten Jahren stark rückläufig. Die Maßnahmen hierzu sind zeit- und personalintensiv.
 
Kontrollmaßnahmen, wie beispielsweise Überprüfungen im Zusammenhang mit Flohmärkten, in An-/Verkaufsstellen oder im Internet, sind allein schon aus Gründen der Ressourcenknappheit nur in Ausnahmefällen möglich.
 
Die in den letzten Jahren rasante Weiterentwicklung der IT bietet jedoch neue technische Möglichkeiten einer elektronischen Sachfahndung, die intensiver durch die Polizei genutzt werden müssen.
 
Der BDK fordert schon seit Jahren, die Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten bei An- und Verkaufsgeschäften wieder gesetzlich zu verankern. Ohne diese Verpflichtung ist die Erkenntnisgewinnung in Bezug auf Tatbeute von vornherein erschwert bzw. aussichtslos.

2.7.2 Operative Ermittlungen

 
Die Kontaktaufnahme und das Kontakthalten mit Bediensteten von An-/ Verkaufsläden führt zu weiteren Ansätzen für täterorientierte Ermittlungen.
 

2.7.3 Gesetzliche Ermittlungsgrundlagen

 
Nachdem das Bundesmeldegesetz am 01.05.2015 in Kraft getreten ist, unterliegen Beherbergungsbetriebe einer veränderten und teilweise erleichterten Meldeverpflichtung gemäß den §§ 29 und 30 Bundesmeldegesetz (MeldeFortG).
 
Insbesondere ausländische Gäste haben sich aber weiterhin gemäß § 29 beim Check-in durch Vorlage eines gültigen Personaldokumentes zu legitimieren. Diese Daten sind durch den Hotelier zu überprüfen und evtl. abweichende Daten gegebenenfalls im ausgefüllten Meldeschein zu vermerken.
 
Dieser Meldeschein, dessen Aufbewahrungszeit bundesweit einheitlich auf ein Jahr festgelegt ist, ist auf Verlangen zur Einsichtnahme vorzulegen.
 
Die Polizei sollte vor Ort entsprechende Kontrollen der Meldescheine bei „problematischen“ Beherbergungsstätten durchführen, um so reisende Tätergruppen besser identifizieren zu können.
 
Ein weiteres Handlungsfeld sind die Ergebnisse der Anfragen gemäß § 112 TKG. Eine ordnungsgemäße Ausweis- und Registrierungspflicht der Handynutzer ist bei den Straftätergruppierungen kaum noch zu finden. Vielmehr stellen wir fest, dass die Handykarten nicht mehr nachvollziehbar registriert werden (Micky Maus, Donald Duck und dergleichen) oder unter Alias- bzw. bestenfalls anderen real existierenden Personalien erfasst sind. Hier müsste die Bundesnetzagentur verstärkt ihre Pflicht zur Überprüfung der Provider und deren Daten aus § 111 TKG wahrnehmen. Dazu muss die Politik die BNetzA auch anhalten!
 

2.7.4 Sicherstellung und Einziehung

Die konsequente Nutzung der Möglichkeiten der Sicherstellung von „Verdachtsgegenständen“, auch wenn diese keiner Tat konkret zugeordnet werden können, bringt die Täter oftmals um ihre Beute.
Neben den Regelungen des POG gibt es im Zusammenhang mit dem BGB und der ZPO durchaus die Möglichkeit der Sicherstellung nicht zuordenbarer Gegenstände. Die Verwertung der Beute muss erschwert werden und die Straferwartung sollte bei Entdeckung hoch sein.

 

2.7.5 Nutzung technischer Möglichkeiten

Ein weiterer Punkt ist die Nutzung technischer Einrichtungen. In Frankreich beispielsweise werden gestohlene Handys über ihre IMEI gesperrt. Diese Sperrung wird durch die Polizei direkt bei der Anzeigenaufnahme veranlasst. Grundsätzlich könnten Geräte mit GPS, GSM oder WLAN-Verbindung geschützt bzw. gesperrt werden. Über diese Datenverbindungen bestünden für die Polizei aber auch weitere Ermittlungsansätze. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, da die Handys zunehmend attraktiver als Beute werden.
 
 

 2.8 Prävention

 
Neben einer effektiven Repression, deren Fernwirkung im Sinne einer Abschreckung nicht unterschätzt werden darf, ist die Prävention ein außerordentlich bedeutsamer Pfeiler zur nachhaltigen Reduzierung des Wohnungseinbruchsdiebstahls.
 
Durch die Polizei, aber auch andere Träger der Präventionsarbeit, werden neben Opferarbeit (Kontaktaufnahme mit Opfern und Information über die Tätigkeit und die Präventionsangebote der Beratungszentren) zusätzlich qualifizierte Schwachstellenanalysen mit sicherungstechnischen Empfehlungen vor Ort angeboten.
 
Dies führt regelmäßig zu baulichen/sicherungstechnischen Veränderungen, die aufgrund des größeren auch zeitlichen Aufwandes zum Eindringen in ein Objekt das Entdeckungsrisiko für die Täter erhöhen.
 
Auch dadurch verschiebt sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis zu Ungunsten der Täter.

2.9 Öffentlichkeitsarbeit

Die Öffentlichkeitsarbeit ist wesentlich für die Umsetzung der konzeptionellen Ziele. Hierbei wären auch die „neuen Medien“ (z. B. Twitter, Facebook) zu berücksichtigen, wenngleich sich Polizei und Justiz damit noch schwer tun. Trotzdem ist eine aktuelle und umfassende Berichterstattung zu diesem Phänomenbereich unabdingbar, um die Bürgerinnen und Bürger über das Vorgehen der Täter und die Möglichkeiten des Schutzes zu informieren. Damit werden repressive und präventive Zielsetzungen gleichermaßen verfolgt (Verhaltensprävention, Wachsamer Nachbar, Gewinnung von Hinweisen aus der Bevölkerung bis hin zu gezielten Fahndungsaufrufen).
 

 

 

3. Aktuelle Problembeschreibung Rheinland-Pfalz

 

3.1      Personal im Bereich der Kriminaltechnik und der Ermittlungseinheiten

 
Unabdingbare Voraussetzung für eine effektive Bekämpfung ist eine qualifizierte Tatort-, Ermittlungs- und Analysearbeit, die ein kriminalistisch gut ausgebildetes, erfahrenes und motiviertes Personal erfordert. Wesentliche Faktoren in diesem Bereich sind die schnelle operative Lageauswertung sowie die Durchführung effektiver und effizienter Fahndungs- und Observationsmaßnahmen. Flankiert werden diese Punkte durch die grundsätzlich zentralen, deliktsbezogenen Ermittlungseinheiten mit speziell geschulten Sachbearbeitern sowie einer effektiven forensischen Auswertung. So können insbesondere schnelle Untersuchungs-ergebnisse zu Tatortspuren wesentlich zu einer Tataufklärung beitragen.
 
Die notwendigen personellen und materiellen Ressourcen stehen der Kriminalpolizei jedoch nicht oder nur bedingt zur Verfügung. Die bisherigen örtlichen Strukturen (Kriminal- und Bezirksdienst und die K 5 der Kriminalinspektionen) waren schlicht nicht in der Lage, diese umfangreichen täterorientierten Ermittlungen durchzuführen.

3.2 Arbeitsgruppen zur Bekämpfung der Bandenkriminalität

 
Die nunmehr landesweit (z. T. erst im zweiten Halbjahr 2015) eingerichteten Arbeitsgruppen sind zweifelsfrei ein bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung. Die Erfolge werden sich vor allem durch die Vernetzung der gewonnenen Erkenntnisse im Land Rheinland-Pfalz aber auch mit den benachbarten Bundesländern und den benachbarten Staaten (Frankreich, Luxemburg und Belgien) einstellen.
 
Eine Reduzierung der Fallzahlen ist mit der Einrichtung der Arbeitsgruppen alleine noch nicht erreichbar. Hier ist Durchhaltevermögen bei der kriminalpolizeilichen Sachbearbeitung, der verantwortlichen Polizeiführung und damit verbunden die notwendige (politische) Geduld angesagt, diesen Strukturen auch Zeit zu geben ihre Wirkung zu entfalten.
 
Leider fehlt das dort eingesetzte Personal an anderer Stelle (z. B. bei den K 5- Dienststellen). An dieser Stelle ist eine Verstärkung der Kriminalpolizei erforderlich. Die reine Umschichtung von Personal lässt sehr schnell die daraus resultierenden Lücken offenbar werden (so u. a. die eingestellte Intensivtäterbekämpfung beim PP Koblenz).
 
Die Arbeitsgruppen sind richtigerweise zur Bekämpfung der Bandenkriminalität eingerichtet worden. Das führt zwangsläufig dazu, dass das eingesetzte Personal zur Bekämpfung des Enkeltricks, sonstiger bandenmäßiger Betrugsformen oder zur Bekämpfung der organisierten Kfz-Diebstähle gebunden ist. Daraus entsteht die Gefahr, dass der Wohnungseinbruchsdiebstahl – je nach Ausrichtung und Schwerpunktsetzung der AG – nicht wirkungsvoll bekämpft werden kann.
 
Folgerichtig und konsequent wäre eine zunächst ausschließliche Schwerpunktformulierung zur Bekämpfung des bandenmäßigen Wohnungseinbruchsdiebstahls für diese Arbeitsgruppen. Eine Ausweitung der Tätigkeitsfelder wäre nach einer gewissen Zeit des operativen Arbeitens immer noch realisierbar, wenn die ersten Ziele bei der Bekämpfung des Schwerpunktthemas erreicht worden wären.
 
Ungeachtet dessen zeigen die bisherigen Erfahrungen der Ermittlungs- bzw. Arbeitsgruppen schon jetzt, dass auch in Rheinland-Pfalz die Einrichtung überörtlicher Bandenkommissariate dringend erforderlich ist.
 

3.3      Observationsmaßnahmen

 
Zur effektiven Bekämpfung dieser Bandenstrukturen sind in den Ermittlungskonzepten vielfältige kriminaltaktische Maßnahmen zu prüfen.
 
Neben  Überwachungen der Telekommunikation gemäß § 100a StPO und den nur noch eingeschränkten Möglichkeiten des § 100g StPO[3] sind vor allem umfangreiche personelle und technische Observationsmaßnahmen durchzuführen.
 
Diese Maßnahmen müssen oft ohne viel Vorlaufzeit initiiert und umgesetzt werden. Ob die Polizei Rheinland-Pfalz bei der aktuellen und durchaus absehbaren künftigen Gefahrenlage im Bereich des islamistischen Terrorismus überhaupt noch in der Lage sein wird, qualifizierte Observationsmaßnahmen zur Aufhellung von Bandenstrukturen im Bereich des Wohnungseinbruchsdiebstahls durchführen zu können, ist fraglich.
 
In einigen Bundesländern sind die MEK-Einheiten bereits nahezu ausschließlich bei sogenannten „Gefährderobservationen“ eingesetzt. Sollten auch in Rheinland-Pfalz mehrere Syrienrückreisende oder auffällige Asylbewerber entsprechende Gefahren-prognosen rechtfertigen, werden Observationen zur Bekämpfung der Wohnungs-einbruchsdiebstähle sehr schnell zum Erliegen kommen.
 
Bislang konnten die Präsidien auf die „eigenen“ Observationseinheiten, die K 16, zurückgreifen. Diese Einheiten sind aufgrund der Abwicklungstendenzen derzeit kaum noch handlungsfähig und werden künftig – so die politische Entscheidung – ganz abgeschafft.  
 
Die Weichenstellungen im Bereich der Spezialeinheiten scheinen unumkehrbar, sind jedoch aufgrund der akuten Terrorgefahren mehr als gefährlich. Die Bewältigung des kriminalpolizeilichen Alltags  – darunter zählt auch die Bekämpfung der Wohnungseinbruchsdiebstähle – wird darunter leiden.
 
Dies muss die Politik der Bevölkerung dann aber auch erklären!
 

3.4 Zentrale Steuerung der Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls durch das Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz

 
Bei der Koordinierung der landesweiten Bekämpfung des Phänomens kommt dem Landeskriminalamt eine zentrale Bedeutung in fachlicher und fachaufsichtlicher Hinsicht zu. In allen Bereichen der Ermittlungen müssen Standards eingehalten werden, auf die das LKA im Rahmen seiner fachaufsichtlichen Steuerung besonderen Wert legen muss, da nur so eine professionelle Analyse möglich wird. Dies beginnt mit der landesweit erforderlichen Verbesserung der Dateneingabequalität u. a. in Poladis, die die Basis für eine wirkungsvolle operative und strategische Auswertung bildet.
 
Dieser Auswerteprozess wird durch das LKA, Dez. 42, selbst durchgeführt bzw. landesweit fachlich begleitet. Auch der länderübergreifende Datenaustausch wird von dort unterstützt, so dass in den Präsidien auf überregionale Ermittlungserkenntnisse zugegriffen werden kann. Zukünftig möglich sein wird dies aber nur, wenn  Fachkräfte mit entsprechender Ausbildung zur Verfügung gestellt werden, die in der Lage sind, das stetig steigende Datenaufkommen analytisch zu verarbeiten.
 
Der in Teilen schwierige und auch schwerfällige Prozess der internationalen Zusammenarbeit wird u. a. durch die Arbeit des Gemeinsamen Zentrums Luxemburg erheblich erleichtert und beschleunigt. Die kriminaltechnischen Untersuchungen erfolgen im Bereich der KT. Das MEK sowie das TKÜ-CC sind weitere Einheiten, die zur Durchführung von operativen Maßnahmen seitens der Ermittlungs- und Arbeitsgruppen dringend benötigt werden. An all diesen Stellen nimmt das LKA eine steuernde und/oder ermittlungsunterstützende Funktion wahr.
 
Je stärker das LKA diese Aufgaben wahrnimmt, desto effektiver wird die landesweite Bekämpfung des Wohnungseinbruchsdiebstahls erfolgen können.
  
Der Landesvorstand

 

 
 

[1] Mit Ausnahme 2014 mit einer leichten Reduzierung von 0,7% auf der Grundlage der PKS-Zahlen ist in Rheinland-Pfalz seit 2007 eine ständige Steigerung zu konstatieren

 

[2]  Anmerkung dazu: Diese Art der „Erledigung“ eines Ermittlungsverfahrens führt auch zur statistischen Klärung bei Polizei und Justiz und ist in der PKS Teil der Aufklärungsquote; zu einer Verurteilung der Täter führt diese Arbeitsmethode regelmäßig nicht!

 
[3] Gemäß § 100g StPO „Erhebung von Verkehrsdaten“ sind diese nach Ablauf der Übergangsfrist aus § 12 EGStPO nur noch beim Verdacht des „schweren Bandendiebstahls nach § 244a Absatz 1 StGB möglich!
 
erstellt von bdk-rlp — zuletzt verändert: 27.01.2016 13:47