Bund der Steuerzahler in MV sieht eine Personalaufstockung bei der Polizei kritisch

26.09.2016

In einer jüngsten Erklärung forderte die Landesvorsitzende des „Bund der Steuerzahler M-V e. V.“ die künftige Landesregierung auf, bei Ausgaben zu sparen und Extraausgaben genau zu prüfen.
Bund der Steuerzahler in MV sieht eine Personalaufstockung bei der Polizei kritisch

Die von der CDU geforderten 555 zusätzlichen Stellen legten eine weitere Belastung des Landeshaushaltes dar, hier sollte zunächst das Ergebnis einer vom Land initiierten Bedarfsanalyse abgewartet werden. Außerdem seien noch nicht alle Möglichkeiten genutzt worden, durch Änderungen in der Organisationsstruktur mehr Polizisten auf die Straße zu bringen und damit das Sicherheitsgefühl der Einwohner und Gäste zu verbessern. Abschließend wird noch Minister Caffier mit der Aussage zitiert, dass die Kriminalität im Land Mecklenburg-Vorpommern nicht steige und damit offenbar nicht mehr Polizisten benötigt würden. Dies sei bei den laufenden Koalitionsverhandlungen zu beachten, wo die Finanzpolitik zu den ersten Themen gehört (Quelle).

Die vorgebrachten Argumente des Bund der Steuerzahler sind logisch und nachvollziehbar. Doch werden sie auch im richtigen Kontext gebraucht? Natürlich maßen wir uns nicht an, den Bund der Steuerzahler für das generelle Anhalten zum Sparen zu kritisieren. Jede Verwaltung oder Regierung ist verpflichtet, mit den Ausgaben sorgsam umzugehen und Sparpotentiale zu nutzen. Andererseits besteht jedoch auch die Verpflichtung, das Funktionieren staatlichen Handelns zu gewährleisten, was folglich zu einer andauernden Abwägung des Handelns bei den Verantwortlichen führen sollte.

Betrachten wir die einzelnen Argumente.

Während des Wahlkampfes vor einigen Wochen forderte die CDU unseres Bundeslandes 555 zusätzliche Stellen für die Landespolizei. Nach jahrelangem Personalabbau habe sich u. a. durch die gestiegenen Flüchtlingszahlen oder die Herausforderungen des Terrorismus gezeigt, dass die aktuelle Zahl der Stellen und Planstellen bei der Landespolizei nicht mehr ausreicht, um die erhöhten Anforderungen und gestiegenen Aufgaben zu erfüllen. Selbstverständlich würden weitere Einstellungen den Landeshaushalt belasten, doch öffentliche Ordnung und Sicherheit sind zu gewährleisten und immer ein ausschließlicher Kostenfaktor. Hier schlägt folglich nach unserer Auffassung das Pendel der Notwendigkeit eindeutig in Richtung Neueinstellungen, es steht die Sicherheit über den höheren Kosten.

Die erwähnte Bedarfsanalyse für unsere Landespolizei muss für eine Aussage zur Polizeistärke differenzierter betrachtet werden. Das untersuchende Unternehmen „PricewaterhouseCoopers International“ (PwC) analysiert unsere Polizei aufgrund durchgeführter, ausgesuchter Befragungen sowie vorgelegter Dokumente und schlägt dann eine Mitarbeiterzahl vor, die von Eckwerten aus dem Ministerium für Inneres und Sport begrenzt sind. PwC wird also keine feststehende Zahl liefern sondern verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten bei einzelnen polizeilichen Aufgaben. Beispielsweise kann eine Unfallaufnahme innerhalb von zwanzig, 45 oder 100 Minuten erfolgen und in jedem der Fälle könnte die Zahl der benötigten Einsatzkräfte variieren. Über die konkrete Stärke entscheidet letztlich das Ministerium. Dennoch ist auch für uns dieses erwartete Gutachten ein wichtiger Beleg für eine künftige Polizeistärke. Als finale Entscheidungsgrundlage scheint uns das Ergebnis nicht geeignet.

Eine Überprüfung der aktuellen Organisationsstruktur dagegen halten auch wir als Berufsvertretung der kriminalpolizeilich Beschäftigten für sinnvoll. Zwar liefen unsere letzten Strukturänderungen in der Landespolizei immer unter dem Motto „Mehr Polizisten auf die Straße“ ab, doch waren weder die Beschäftigten noch die Bürger so richtig mit den Ergebnissen zufrieden. Uns liegt keine Analyse über die Zahl der mit originären polizeilichen Aufgaben betrauten Kolleginnen und Kollegen vor, doch gefühlt haben Stäbe und Verwaltungen bei jeder Änderung stets mehr Personal geschluckt. Die Polizei wurde bei den Neustrukturierungen immer mehr zentralisiert, was zu einem relativen Rückzug aus kleineren Städten und einem absoluten Rückzug aus der Fläche führte. Das dadurch das subjektive Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung gesunken sein könnte, wäre nur zu verständlich. Wenn in ehemaligen Kreisstädten der DDR-Verwaltung heute nur noch eine Polizeistation mit äußerst wenigen Polizisten vorhanden ist, scheint eine Reduzierung des Sicherheitsgefühls wohl unausweichlich.

Doch wäre eine grundlegend positive Änderung dieses Zustandes nur wieder mit mehr Personal zu erreichen, um die dann erforderlichen Schutzleute für mehr Streifenwagenbesatzungen und mehr Kriminalisten für die Arbeit an der Kriminalakte stellen zu können.

Unser Lieblingsthema ist natürlich die Kriminalität. Minister Caffier hat bis auf 2016 in jedem Jahr bei der Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) verkündet, dass die Kriminalität im davor liegenden Jahr gesunken ist und MV sicherer wurde. Wir haben Jahr für Jahr diese Aussage relativieren müssen, denn die beruhigende Äußerung kann nur in Bezug auf die Fallzahlen der PKS gelten, nicht auf die gesamte Kriminalität. Die Kriminalität selbst setzt sich aus dem so genannten Hellfeld und dem Dunkelfeld zusammen. Das Hellfeld beinhaltet alle Straftaten, die der Polizei bekannt geworden sind und die bis auf wenige Ausnahmen in die PKS eingehen. Das Dunkelfeld, welches aktuell auch in Meck-Pomm beleuchtet worden ist, umfasst eben die uns unbekannten Taten. Da das Dunkelfeld nicht oder nur mit sehr hohem personellen und finanziellen Aufwand annähernd sicher beleuchtet werden kann, ist eine Aussage über ein Steigen oder Fallen der (gesamten) Kriminalität in einem Gebiet schlichtweg unmöglich. Setzt man beispielsweise noch hinzu, dass die Ermittlung von so genannten Kontrolldelikten direkt von der Polizeistärke abhängt, das Anzeigeverhalten der Bürgerinnen und Bürger das Hellfeld wesentlich beeinflusst oder das Phänomen der Internetkriminalität offensichtlich ins Uferlose abdriftet, so muss das Argument der Kriminalitätsentwicklung weitaus eher für eine deutliche Aufstockung der Kriminalpolizei und der Landespolizei gelten.

Nochmals zusammengefasst.

Die Landesregierung, die Verwaltung und die Polizei unterliegen dem Zwang zum sparsamen Haushalten mit ihren Mitteln. Dem gegenüber stehen die der Landespolizei zudiktierten Aufgaben und Pflichten. Eine jederzeitige und richtige Abwägung dieser Interessen ist vermutlich sehr schwierig. Es gilt für die Polizei immer, die öffentliche Ordnung und Sicherheit mit notwendigem und vertretbarem Aufwand zu gewährleisten. Dabei werden der Bund der Steuerzahler und der Bund Deutscher Kriminalbeamter in Mecklenburg-Vorpommern sicherlich nicht immer einer Meinung sein. Wir sehen gegenwärtig akute Probleme bei der Erfüllung unserer Aufgaben und Pflichten, die nur mit einem Mehr an Personal zu beseitigen sind.