Offener Brief an Innenminister Dr. Wolf

17.11.2009

Die Funktionszuordnung im Bereich der Polizei (FZO), die damit verbundene Stellenverlagerung zum Nachteil der Kripo und Ihr Vertrauensbruch Düsseldorf, 06.11.2009 Sehr geehrter Herr Minister Dr. Wolf, mit Ihrer bisherigen Entscheidung, die durch den Kabinettsbeschluss vom 23.06.2009 neu geschaffenen Funktionsstellen A12 und A13 zu insgesamt 2/3 in die Schutzpolizei zu verlagern und damit der Kriminalpolizei weiterhin 187 Funktionsstellen A12 zu entziehen, haben Sie die fairen Grundlagen der Verhandlungen mit dem BDK endgültig verlassen.
Offener Brief an Innenminister Dr. Wolf
Bannerflug am 13.11.2009 - "Minister Wolf lässt Kripo sterben!"

Die nunmehr 4 Jahre andauernden Verhandlungen mit Ihnen waren davon geprägt, den durch die Funktionszuordnung bereits zementierten Verlust von 450 Funktionsstellen in A12 und ca. 50 Funktionsstellen in A13 für die kriminalpolizeiliche Sachbearbeitung und Führung zu kompensieren. Die BDK-Initiative diente dazu, die Stellenplanobergrenzenverordnung für die gerechte Bewertung vieler Funktionen in der Führung und Sachbearbeitung der Kriminalpolizei in den Spitzenämtern angemessen zu verbessern.

Genau auf dieser Grundlage wurden die Gespräche mit Ihnen und ihren Mitarbeitern sowie den Innenpolitischen Sprechern der Parteien geführt und der Beschluss des Geschäftsführenden Landesvorstandes des BDK NRW vom 13.11.2008 herbeigeführt.

Zu keiner Zeit war von Ihnen oder Ihren Mitarbeitern - auch nur annähernd - angedeutet worden, dass Sie diese neuen Stellen bis zur erörterten Größenordnung von 450 Stellen nicht komplett in die Kriminalpolizei zurückgeben würden.

Noch am 02.10.2009 wurde dem BDK seitens der Abteilungsleitung 4 Ihres Hauses zugesagt, die Inhalte des jetzt vorliegenden Erlasses nicht bei der Führungskräftetagung am 09. Oktober 2009 zu behandeln, da "man" noch nicht so weit sei. Es wurde zugesagt, dass die Gewerkschaften Gelegenheit erhielten, entsprechende Stellungnahmen abzugeben. Am 08. Oktober 2009 mussten wir dann aus unterschiedlichen "Quellen" erfahren, dass die Stellen nur zu einem Drittel in den Bereich der Kriminalpolizei gelangen würden. Offenbar wurden dem BDK diese Informationen bewusst und gewollt vorenthalten. Dies allein ist ein nicht zu rechtfertigender Vertrauensbruch, eine ungeheuerliche Ungleichbehandlung und eine Täuschung der Kriminalistinnen und Kriminalisten, für die Sie die Verantwortung tragen.

Es zeigt in erschreckender Weise, welche Defizite die Mitarbeiter Ihres Hauses, aber ganz offensichtlich auch Sie bei der Beurteilung von Artikel 9 unseres Grundgesetzes haben.

Mit der "Nichtbehandlung" dieser Angelegenheit bei der Führungskräftetagung am 09.10.2009 unter Hinweis, man sei noch nicht soweit, wird auch deutlich, wie Sie und Ihre Mitarbeiter mit den Führungskräften der Polizei umzugehen pflegen. Zu diesem Zeitpunkt lag Ihnen der fertige Erlass bereits vor - so ein Mitarbeiter Ihres Hauses.

Kriminalistinnen und Kriminalisten erwarten seitens Ihres "Dienstherrn" einen fairen und respektvollen Umgang, alles andere sind wir eher von unserem kriminalpolizeilichen "Gegenüber" gewohnt.

Können Sie sich eigentlich vorstellen, wie unsere Kriminalisten in den Kriminalkommissariaten und die Führungskräfte der Kriminalpolizei Ihr Verhalten beurteilen? Was glauben Sie, dürfen Sie jetzt von der Kriminalpolizei und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter Ihres Landes erwarten?

Herr Minister,
wir fordern Sie ultimativ auf, diese nicht begründete und ungerechte Gehaltskürzung von mehr als 10% für zukünftige Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamte einzustellen und Begrifflichkeiten wie "Fehlsitzer", "Fehlbesetzungen" und "Altfälle" für bewährte und verdient nach A12 beförderte Kolleginnen und Kollegen ab sofort aus Ihrem Wortschatz und dem Ihrer Mitarbeiter zu streichen. Derartige Formulierungen sind unangemessen und menschenverachtend. Offensichtlich ist ein angemessenes Fingerspitzengefühl im Umgang mit Mitarbeitern der Kriminalpolizei von diesem Innenministerium unter Ihrer Leitung nicht zu erwarten. Dies ist für einen liberalen Politiker eher ungewöhnlich.

Wir fordern Sie ebenso nachdrücklich auf, Ihr persönliches "Weltbild" Ihrer Kriminalpolizei auf den neuesten Stand zu bringen. Sie haben nicht zuletzt beim Landesdelegiertentag des BDK in Bensberg durch Ihre Abwesenheit bei den Fachvorträgen gezeigt, dass Sie an den tatsächlichen Problemen bei der Kriminalitätsbekämpfung kein Interesse haben.

Haben Sie sich jemals von dem Aufgabenspektrum und den vielen neuen qualitativen Herausforderungen an die Sachbearbeiter in der Vielzahl der Kriminalitätsbereiche überzeugt? Wir sind sicher, dass Sie das nicht getan haben. Die Veröffentlichungen in der Streife, in Broschüren, auf Werbeplakaten und in Presserklärungen zeigen uns deutlich, wo die Affinitäten Ihrer politischen Handlungen liegen.

Mit Ihrer Politik, mit Ihren Entscheidungen und Ihren Äußerungen ruinieren Sie eine bis zur FZO noch leistungsbereit gewesene Kriminalpolizei!

Der BDK und die Kriminalpolizei des Landes Nordrhein-Westfalen lassen Ihnen das nicht mehr durchgehen. Wir empfehlen Ihnen dringend ein Gespräch mit Ihrem Parteifreund Dr. Burkhard Hirsch, der bereits vor vielen Jahren die demonstrativen "Stärken" und die Kreativität des BDK und der Kriminalpolizei erleben durfte. Schon damals gab es ein Gutachten der Universität Saarbrücken im Auftrag der Ständigen Innenministerkonferenz über das Berufsbild der Polizei. Dieses Gutachten sowie die Proteste und Kampfmaßnahmen des BDK führten seinerzeit zur Einführung der zweigeteilten Laufbahn bei der Kripo. Ein Gutachten in Niedersachsen stellte die Berechtigung der Besoldungsgruppe A12 für kriminalpolizeiliche Sachbearbeiter ebenfalls fest. Schon deshalb ist das immer wieder gerne zitierte "Kienbaum-Gutachten" in NRW nicht geeignet, kriminalpolizeiliche Sachbearbeiterfunktionen abzuqualifizieren. Sollten Sie das Saarbrücker Gutachten nicht kennen, wovon wir ausgehen müssen, stellen wir es Ihnen gerne noch einmal in elektronischer Form zur Verfügung.

Herr Minister,
Sie und Ihre Mitarbeiter haben uns massiv getäuscht und damit enttäuscht. So kann keine für den Beruf des Kriminalisten notwendige Motivation mehr aufkommen und somit von uns auch nicht erwartet werden.

In NRW wird nicht die Kriminalität wirksam bekämpft, sondern die Kriminalpolizei - von einer Ministerialverwaltung unter Ihrer Führung, die ihr Wissen im Wesentlichen aus allem bezieht, nur nicht aus kriminalpolizeilicher Fachlichkeit.

Das Innenministerium hat offensichtlich keine Vorstellungen mehr von den Leistungsanforderungen und den täglich erbrachten Leistungen der Kriminalpolizei in NRW. Das Innenministerium in NRW tritt überragende Leistungen bei der Bekämpfung der Tötungsdelikte, der Sexualdelikte, der Raubdelikte, der Einbruchskriminalität, der Wirtschafts-, Computer- und Organisierten Kriminalität, der kriminaltechnischen Untersuchungen, der Prävention und des Opferschutzes und damit die Kriminalistinnen und Kriminalisten unseres Landes mit Füßen. Wir sind nicht gewillt, uns dies weiter bieten zu lassen.

Erfüllen Sie Ihre Zusagen gegenüber dem BDK. Die nordrhein-westfälische Kriminalpolizei hat einen Anspruch auf gerechte Bewertung und nicht auf Deklassierung.

091106_BDK_Offener_Brief_an_IM_zu_FZO.pdf
Offener Brief des BDK geschäftsführenden- und Gesamtlandesvorstand an Innenminister Dr. Ingo Wolf