Darf eine Landesregierung ein höchstrichterliches Urteil ignorieren?

29.11.2017

Als Berufsvertretung können wir nur Unverständnis und Bestürzung über die Haltung unserer Landesregierung zu einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes in Sachen Besoldungsanpassung äußern.
Darf eine Landesregierung ein höchstrichterliches Urteil ignorieren?

Bereits im Mai 2017 hatte das Verfassungsgericht zwei sächsischen Klägern Recht gegeben, die gegen die um zwei Jahre verzögerte Ost-West-Angleichung ab der Besoldungsgruppe A 10 Beschwerde eingereicht hatten, wie wir schon berichteten. Das Bundesverfassungsgericht führte in seinen Urteilen aus, dass eine solche Verzögerung gegen das Grundgesetz verstößt und damit rechtswidrig ist. Die betroffene Landesregierung in Sachsen hat umgehend reagiert und wird die Nachzahlungen an die betroffenen Kolleginnen und Kollegen vornehmen. Im als besonders sparsam und rechtstreu bekannten Baden-Württemberg hat die Landesregierung bei einer vergleichbaren Sachlage der verspäteten Besoldungserhöhung ab dem Amt A 10 umgehend gehandelt und wird eine rückwirkende Anpassung der Besoldungsgruppen ab A 10 vornehmen. Und das konkret wegen der jüngsten Urteile zu den beiden Klagen aus Sachsen (Aktenzeichen 2 BvR 883.14 und 2 BvR 905.14).

In Mecklenburg-Vorpommern wird das jedoch von der Riege der Ministerinnen und Minister ganz anders gesehen, übrigens im Gegensatz zu den Oppositionsparteien im Schweriner Landtag. Am 24. November 2017 trafen sich Gewerkschafter mit Finanzminister Mathias Brodkorb, um sich nach der Umsetzung der betreffenden Urteile im Nordosten zu erkundigen. Leider hat sich an der Auffassung von Minister Brodkorb und der Landesregierung wie schon bei Bekanntwerden der Urteile nicht viel geändert. Unsere Landesregierung vertritt die Ansicht, dass sich die Beschlüsse auf das Land Sachsen beziehen und in Mecklenburg-Vorpommern keine Rechtswirkung entfalten. Daher sei eine Nachzahlung an betroffene Beamtinnen und Beamte hier im Bundesland ausgeschlossen. Immerhin konnten die Gesprächsteilnehmer eine gewisse Verhandlungsbereitschaft ersehen, es wird zumindest weiter erörtert.

Für uns als Berufsvertreter der Kriminalpolizei ist die Haltung unserer Landesregierung nicht nachvollziehbar. Nicht nur in Sachsen, auch in anderen ostdeutschen Bundesländern wurden die Beamtinnen und Beamten ab den Besoldungsgruppen A 10 in der Zeit von 2008 bis 2009 unrechtmäßig benachteiligt. Und die Benachteiligung erfolgte parallel in Zeit und Wirkungsweise, so dass nicht einmal Juristen hier einen Unterschied finden dürften. Desto unverständlicher ist für uns die Weigerung unserer Landesregierung, den Entscheid eines Bundesgerichtes in Frage zu stellen und das Land Mecklenburg-Vorpommern aus der Gerichtsbarkeit Deutschlands „auszubürgern“. Politische oder finanzielle Bedenken spielen hier keine Rolle, es zählen nur die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes.

Wir können nur an die Landesregierung und insbesondere an Finanzminister Brodkorb appellieren, die Tatsachen zu akzeptieren, ein Besoldungsnachzahlungsgesetz auf den Weg zu bringen und verfassungskonform die vorenthaltenen Besoldungsdifferenzen schnellstmöglich auszugleichen.

Für Rückfragen:

Ronald Buck

0171-1440304

ronald.buck (at) bdk.de