Der G20-Gipfel – ein personalintensiver Polizeieinsatz, der auch die verfehlte Personalpolitik der vergangenen Jahrzehnte offenbart

08.07.2017

Über verletzte Polizistinnen und Polizisten, oder über die angekündigte und tatsächliche Gewalt gegen die Polizei und alle Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Gipfeltreffen der Politiker sowie die Behinderung des alltäglichen Lebens im Hamburg ist bereits viel geschrieben und gesprochen worden. Wir stellen wieder das Thema Personal in den Vordergrund.
Der G20-Gipfel – ein personalintensiver Polizeieinsatz, der auch die verfehlte Personalpolitik der vergangenen Jahrzehnte offenbart

Kurz vor dem tatsächlichen Beginn des Treffens der Vertreter von 20 Staaten waren etwa 20.000 Einsatzkräfte damit beschäftigt, einen reibungslose Verlauf der Tagung zu sichern, gesetzeskonforme Demonstrationen zu begleiten und vor allem erwartete sowie regelrecht angekündigte Straftaten zu verhindern. Dabei mutet es schon sehr verwunderlich an, dass Straftäter von einigen Medien noch als Aktivisten gegen den Gipfel bezeichnet werden, obwohl bei einigen Handlungen der Tod von Ordnungshütern mindestens billigend in Kauf genommen wird. Hier wird in der Nachschau noch so mancher Disput geführt werden müssen, ob und wie derart vielfach öffentlich vorbereitete Vergehen und Verbrechen verhindert werden können und ob ein solch wichtiges politisches Treffen in einer Stadt wie Hamburg abgehalten werden muss. In Hamburg, und das soll kein Affront gegen diese wunderschöne Freie- und Hansestadt darstellen, agieren vermutlich mehr anarchistische, extreme oder auch verwirrte politische „Aktivisten“ als in vielen anderen Orten und Regionen.

Doch wir wollten uns mit dem Personal der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern befassen. Aktuell verfügt unser Bundesland über etwa 5.350 Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte. Bislang haben gut 460 Kolleginnen und Kollegen den Hamburger G20-Gipfel hervorragend personell unterstützt und damit unsere Landesfahne auch in der Metropole Hamburg hochgehalten. Nicht zuletzt die zahlreichen Rechtsverletzungen und Ausschreitungen bei dem Protest unter dem Titel „welcome to hell“ führten nun dazu, dass weitere 240 Einsatzkräfte aus dem Nordosten nach Hamburg zur Unterstützung eilten. Diesen Fakt wollen wir nicht kritisieren. Eine solche Unterstützung ist notwendig, kollegial und richtig. Damit sind allerdings etwa 700 von 5.350 Beamtinnen und Beamten aus Mecklenburg-Vorpommern vorübergehend abgezogen worden. Rechnen wir jetzt noch die im Heimatland fehlenden 500 statistisch ständig erkrankten Beschäftigten sowie die urlaubs- und fortbildungsabwesenden Polizistinnen und Polizisten hinzu, kommen wir mit Sicherheit auf eine höchst bedenkliche Summe von derzeitigen Polizeikräften in MV, wenn auch „nur“ für einige Tage im Juli 2017.

Dass auch die Kriminalpolizei in Mecklenburg-Vorpommern ihren Beitrag zur Verhütung und Verfolgung von Straftaten beim G20-Gipfel in Hamburg leistet, versteht sich. Wenn jedoch unser Ministerium für Inneres und Europa verkündet, dass die neue Unterstützung mit 240 Einsatzkräften durch zwei weitere Hundertschaften erfolgt, ist das nur die halbe Wahrheit. Denn es handelt sich nicht um zwei Hundertschaften mit ausgebildeten und erprobten Vollzugskräften der Bereitschaftspolizei, sondern um zwei so genannte und von uns schon vielfach kritisierte Einsatz- oder Aufrufeinheiten. Diese bestehen primär aus Angehörigen des Streifen- oder Kriminaldienstes und stellen – ohne despektierlich sein zu wollen – nur einen unvollkommenen Ersatz der vor vielen Jahren abgeschafften Hundertschaften der Bereitschaftspolizei dar.

Es scheint folglich so, als würde Meck-Pomm nunmehr die letzte Möglichkeit einer Hilfeleistung für die Nachbarn in Hamburg wählen. Spätestens wenn Schutzleute und Kriminalisten als Ersatz für fehlende Spezialisten der Bereitschaftspolizei eingesetzt werden müssen, darf man wohl offen von Personalproblemen sprechen. Denn diese Einsatz- oder Aufrufeinheiten sollen ja nicht nur beim G20-Gipfel sondern auch in MV zum Einsatz kommen, was aus unserer Sicht höchst bedenklich ist.

Zum wiederholten Male fordern wir eine sachliche Betrachtung des Personalbedarfs der Landespolizei in Mecklenburg-Vorpommern, natürlich ohne finanzielle Schranken.

Abschließend hoffen und wünschen wir, dass der G20-Gipfel keine weiteren Eskalationen der Gewalt heraufbeschwört und dass keine neuen Verletzten oder gar Tote zu beklagen sein werden.