Die Frage nach der amtsangemessenen Alimentation – was wir vom Jahr 2023 erwarten

24.01.2023

der kriminalist, Editorial 1-2/2023
moerschy - Pixabay

Ich freue mich zunächst, das Jahr 2023 mit einem neuen Layout unserer Fachzeitschrift „der Kriminalist“ zu beginnen und wünsche allen ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! 

Was können wir angesichts aktuell andauernder Krisen und Inflation von diesem Jahr 2023 von unseren Dienstherrn und Arbeitgebern erwarten?

Das Bundesverfassungsgericht hat in der Vergangenheit in grundlegenden und umfassenden Entscheidungen verbindliche Festlegungen zur amtsangemessenen Alimentation getroffen. Diese Vorgaben wurden in einer Entscheidung zur Besoldung von Richterinnen und Richter im Land Berlin noch einmal ausdrücklich bestätigt, konkretisiert und die entscheidenden Berechnungsparameter präzisiert. Dabei wurde insbesondere das Abstandsgebot zum allgemeinen Grundsicherungsniveau als ein eigenständiger Grundsatz des Berufsbeamtentums hervorgehoben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss bei der Bemessung der Besoldung ein qualitativer Unterschied zwischen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und erwerbstätigen Beamtinnen und Beamten bestehen. Der Mindestabstand zum Grundsicherungsniveau muss für die untersten Besoldungsgruppen mindestens 15 % im Hinblick auf die Nettoalimentation betragen. Die beschlossene Einführung des Bürgergeldes ab 01.01.2023 hat somit entsprechende Auswirkungen auf alle anderen Besoldungsgruppen. 

In Anbetracht der Steigerung des Verbraucherpreisindexes um 21 % und der Inflationsrate um 10 % (Stand Dezember 2022) ist die kritische Frage nach der Alimentationspflicht des Dienstherrn durchaus berechtigt, zumal es in einigen Ländern bereits Anhaltspunkte dafür gab, dass diese bereits für 2022 nicht mehr den verfassungsrechtlich notwendigen Grundsätzen entsprach.

Die Tarifverhandlungen 2023, die im Januar für den Bund und die Kommunen beginnen werden, sehen laut ver.di eine adäquate Tariferhöhung von 10,5 %, mindestens aber 500 Euro monatlich, bei einer Laufzeit von einem Jahr vor. In Anbetracht der oben genannten Preisentwicklungen könnte zumindest die Inflation, wenn sie denn nicht weiter steigen wird, damit ausgeglichen werden. So weit, so schlecht. Eine zeitnahe Übernahme des Tarifergebnisses auf alle Beamtinnen und Beamte ist daher aus meiner Sicht zwingend erforderlich. Dabei ist anzumerken, dass der Dienstherr bei der Alimentation ausdrücklich nicht an die Verhandlungen des TV-L gebunden ist und durchaus auch proaktiv handeln könnte. 

Im Wettbewerb um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darf der öffentliche Dienst aus finanzieller Sicht nicht noch weiter den Anschluss zur freien Wirtschaft verlieren. Schon jetzt haben viele Fachkräfte wesentlich bessere Optionen im Privatsektor. Dies verschärft die teils desaströse Personal- und Bewerberlage bei den Sicherheitsbehörden zusätzlich. B bereits heute können Stellen im öffentlichen Dienst nicht immer besetzt werden und Bewerberzahlen nehmen deutlich ab. 

Die Tarifverhandlungen 2023 werden ein Gradmesser für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes sein. Hierüber hat der BDK zuletzt auch im Rahmen seiner Bundesvorstandssitzung ausführlich diskutiert. Hierzu empfehle ich Ihnen den Bericht zur Sitzung des Bundesvorstands in dieser Ausgabe. 

Der BDK wird in all seinen Untergliederungen die eigenen Möglichkeiten nutzen, um die Situation rund um die Alimentation und den Fachkräftemangel an den entscheidenden Stellen anzusprechen und im Sinne unserer Mitglieder zu verbessern. Wir erwarten zudem keine langwierigen Tarifverhandlungen und im Ergebnis eine unmittelbare Umsetzung des Tarifergebnisses auf die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen. Sollten die anstehenden Verhandlungen jedoch zu Streikmaßnahmen führen, ist unser Verband hierauf gut vorbereitet.

Betrachtet man den notwendigen Personalbedarf bis 2030, so werden laut ver.di deutschlandweit rund eine halbe Million Beschäftigte fehlen. Die finanzielle Frage ist bei der Gewinnung von Personal sicher nicht alles, aber sie muss den Wettbewerb mit der privaten Wirtschaft bestehen und geeignet sein, Personal überhaupt zu gewinnen. Wir müssen also jetzt die Attraktivität steigern, damit das System öffentlicher Dienst und damit die Polizei überhaupt noch handlungsfähig bleibt.

In diesem Sinne freue ich mich auf diese und zahlreiche andere Herausforderungen im neuen Jahr und bin sicher, dass der BDK auch in 2023 sich in gewohnter Art und Weise für die Belange seiner Mitglieder einsetzen wird. 

Herzliche Grüße 

Dirk Peglow, BDK-Bundesvorsitzender

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