Ein zweiter Offener Brief an den Rostocker Polizeipräsidenten

28.03.2013

Wortmeldung von Nicolai Ludwig, Pensionär, ehemaliger Spezieller Ermittler im Kriminalkommissariat Rostock am .............

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Laum, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

beim Blick auf den Kalender fällt mir  - Schweigen im Walde - ein.

Eine Redewendung, die bedeutet, aus Verlegenheit oder Angst wagt niemand etwas zu sagen.

Genau das hatte im Februar und März 2012 das Fass zum Überlaufen gebracht. Mitarbeiter hatten sich mit ihren Sorgen an die Rostocker Ostseezeitung gewandt. Daraufhin hatten Sie, Herr Präsident, in einem Brief an alle Mitarbeiter um Mitwirkung gebeten, „ein klares und ungeschminktes Bild über die Stimmung innerhalb unserer Dienststellen und die möglicherweise vorhandenen Probleme zu gewinnen.“ Und weiter: „Dabei müssen sie mir, dabei müssen sie uns allen behilflich sein. Aus diesem Grund habe ich mich entschlossen, dieses Bild über eine Mitarbeiterbefragung zu erlangen.“

Am 17.12.2012 erkundigte ich mich per E-Mail nach meiner Wortmeldung zur Mitarbeiterbefragung - Ein offener Brief an den Rostocker Polizeipräsidenten -, denn bis dahin lag mir lediglich die Eingangsbestätigung durch das Präsidialbüro vor. Durch Ihren Stellvertreter, Herr Laum, wurde mir Ihre Antwort vom 02. Mai 2012 übersandt, die mich nicht erreicht hatte. Darin schreiben Sie mir: „Ich möchte an dieser Stelle nicht auf alle Themen und Vorschläge eingehen, die in ihrem Brief genannt werden. Das würde den Rahmen dieser Mail sprengen. Sie können aber davon ausgehen, dass Ihre Argumente bei der Behandlung der Themen und Probleme angemessen berücksichtigt werden. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass ich in Ihrem Schreiben neben einigen überlegenswerten Argumenten auch viele Punkte erkannt habe, in denen ich nicht mit Ihnen übereinstimme.“

Die Mitarbeiterbefragung erfolgte dann im Ankreuzverfahren. Das inzwischen vorliegende Ergebnis wird nicht nur durch meine Fach- und Personalvertretungen, die Personalräte und den Bund Deutscher Kriminalbeamter, als nichtssagend bewertet.

Damit konnte das von Ihnen, Herr Präsident, vorgegebene Ziel, „ein klares und ungeschminktes Bild über die Stimmung innerhalb unserer Dienststellen und die möglicherweise vorhandenen

Probleme zu gewinnen.“, wohl nicht erreicht werden.

Ein Erlebnis ruft sich in meine Erinnerung, und die Fassungslosigkeit ist wieder da.

Im April 2012 lud meine Polizeiinspektion, die Polizeiinspektion Rostock, zu einer Dienststellenversammlung.

Die Tagesordnung mit den Punkten,

1. Eröffnung

2. Ansprache Polizeipräsident

3. Vortrag PI-Leiter

4. Diskussion

5. Verabschiedung,

als vorläufige bezeichnet, verriet auch mit keiner anderen Silbe das Thema der Versammlung. Es stellte sich mir die Frage, warum wird mir die Möglichkeit der Vorbereitung auf eine Diskussion genommen?

In der Parkstraße, im Hörsaal 3 der Uni Rostock, wurde ich Zeuge dieser Zusammenkunft, deren Eindrücke ich anhand meiner vor Ort gemachten Aufzeichnungen Ihnen/Euch hier wiedergebe. Die wörtliche Wiedergabe werde ich durch An- und Ausführungszeichen deutlich machen:

Zwei Redner vom Podium, der PI-Leiter, und in Ihrer Vertretung, Herr Laum, der stellvertretende Polizeipräsident.

PI-Leiter

„Meine Tür steht für kritische Diskussionen offen.“

Stellvertreter des PP

Das Polizeipräsidium, der Polizeipräsident, hatte sich entschlossen Gast auf der Dienstberatung der PI Rostock zu sein, da es „Diskussionen über den Zustand der Polizei gab. Das Präsidium wird nicht im Leben, nicht im Leben daran vorbei gehen.“

Für die Mitarbeiterbefragung interessierte sich das Innenministerium und hat diese für das ganze Land veranlasst.

Parallel gibt es eine Studie durch die Hochschule der Polizei in Hiltrup. „Diese wird genutzt und eigene Bemühungen zurückgestellt. Nach Auswertung wird man sehen ob und welche Fragen offen bleiben.“

„Es gibt keine Geheimnisse.“

„Wer jammert, wird sich selbst bald so fühlen.“

„Ich lese täglich die Lage. Wir sind gut. Ich freue mich besonders, wenn wir Sieger geblieben sind.“

„Wenn sie Ansprüche an die Organisation haben, dann vergessen sie nicht, dass die Organisation auch Ansprüche an sie hat.“

„Hoffentlich sind Sie nicht unter denen, die keinen Lehrgang besucht haben und Ansprüche an die Organisation stellen.

Langsam laufe ich mich warm.“

Beobachtung:

Der erhobene Zeigefinger steht vor dem letzten Satz regelrecht über dem Rednerpult.

Weiter Stellvertreter des PP

„Ich werde ein Leitbild entwickeln lassen.“

„Bringen sie ihr Wissen auf den neuesten Stand, sehen sie zu, bewerben sie sich zur Schule.“

Wer die A 9 haben will, „muss schon deutlich oben raus gucken.“

PI-Leiter

Zielvereinbarung . . .

„Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht wundern, wo er raus kommt.“

Beobachtung:

Dieser Satz wird auf eine Wand projiziert.

Stellvertreter des PP

Bewegungsgeld . . .

Warum in Neubrandenburg das Bewegungsgeld gezahlt wird, „warum die anders lesen, weiß ich nicht.“

„Gleichheit im Unrecht gibt es nicht.“

„Das Geld ist endlich. Das ist bei mir zu Hause auch so.“

„7,45 €!“

Beobachtung:

Die letzte Bemerkung ist begleitet mit dem erhobenen Zeigefinger.

Weiter Stellvertreter des PP

Junge Beamtinnen und Beamte in den Leitstellen . . .

„2001 erfolgte eine bundesweite Dienstpostenbewertung, ein Umdenken. Die Alten nach draußen, weil dort die wichtigen Entscheidungen getroffen werden.“

Beobachtung:

Ein Raunen geht durch den Saal.

Weiter Stellvertreter des PP

„Deshalb gibt es jetzt nur noch Dienstposten in den Stäben mit A9 und A 10.“

„Das haben wir uns selbst eingebrockt.“

„Deshalb gibt es die hohen Zahlen an Mitarbeitern, die sich jetzt einem Gesundheitscheck unterziehen müssen.“

PI-Leiter

„Wer sich Veränderungen verschließt, bleibt zurück.“

„Ich appelliere an jeden, die eigenen Vorgesetzten in die Pflicht zu nehmen.“

Soweit meine Aufzeichnungen.

Auf dem Heimweg gingen mir zwei Gedanken durch den Kopf. Erstens: Dieser eine Satz des PI-Leiters.

Ich schaute zu Hause nach.

„Wer nicht weiß, wohin er will, der darf sich nicht wundern, wenn er ganz wo anders ankommt.“ Mark Twain.

In der Rede des PI-Leiters, auf der an die Wand geworfenen Unterlage, es gab keinen Hinweis auf die Quelle.

Zweitens: Die genannte Höhe des Bewegungsgeldes. Woher der Stellvertreter des PP den Betrag 7,45 € für das Bewegungsgeld entnahm, statt 15,34 €, blieb sein Geheimnis.

Herr Präsident, mein Eindruck ist, diese Dienststellenversammlung zeichnet deutlich Ursache und Wirkung des Krankheitsbildes unserer - ich bleibe im Bild des offenen Briefes vom 29. März 2012 an Sie - Familie.

Eine durch Ihren Stellvertreter benannte Zurückstellung „Eigene(r) Bemühungen“, hieße angesichts der Faktenlage die Gräben zwischen den Familienmitgliedern tiefer zu graben und an nachwachsende Generationen zu vererben.

Glücklicherweise bin ich seit Juni 2012 Pensionär. Denn ich wüsste nicht, wen meiner, bis dahin, - um die Formulierungen der zitierten Redner auf der Dienstversammlung auf zu greifen - Führungskräfte ich in welche Pflicht nehmen, hinter wessen offener Tür ich welche Diskussion führen sollte.

Herr Präsident, ich hatte in meiner Wortmeldung im März 2012 an Sie fünf Problemfelder aufgezeigt und mit Vorschlägen unterlegt.

Ich bitte darum, in einer Antwort auf alle Themen und Vorschläge ein zu gehen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr, Euer Nicolai Ludwig

Ein offener Brief an den Rostocker Polizeipräsidenten