Eine deutlich erkennbare Linie gegen Rechtsextremismus und seine Netzwerke durch Deutschland ziehen – der BDK Bundesvorstand muss handeln

16.07.2019

Ein sehr persönlicher Debattenbeitrag der Landesvorsitzenden der Verbände Mecklenburg-Vorpommern, Eike Bone-Winkel, und Berlin, Daniel Kretzschmar
Eine deutlich erkennbare Linie gegen Rechtsextremismus und seine Netzwerke durch Deutschland ziehen – der BDK Bundesvorstand muss handeln

Der politische Wandel und die Parteien

Deutschland unterliegt aus vielerlei Gründen einem massiven Wandel der Gesellschaft und politischen Landschaft. Hierbei spielen in den letzten Jahren klassische und zunehmend auch die »Neuen Medien«, wie etwa soziale Netzwerke, Videoplattformen, etc. und damit verbunden ein Informationsabruf zu jeder Tageszeit eine nicht unerhebliche gesellschaftliche Rolle. Gerade die Verfügbarkeit sämtlicher Inhalte, inklusive Fake-News, Propaganda und wiederholtem Betonen einzelner, sicher zum Teil schwerwiegender Sachverhalte, bringen die politisch Verantwortlichen in Zugzwang. Dieser führt häufig zu teils unüberlegten, nicht weit genug gedachten Spontanhandlungen, die ebenfalls unsere Gesellschaft verändern. Ein weiteres Merkmal heutiger Politik ist das Negieren wissenschaftlicher Erkenntnisse insbesondere im Hinblick auf Gesetzesmaßnahmen, die auf der einen Seite Grundrechte immer tiefer einschneiden und auf der anderen Seite zu reiner Symbolpolitik führen können.

Darüber hinaus hat die Strahlkraft der klassischen großen Parteien nachgelassen, die Bindungswirkung für vermeintlich vernachlässigte Mitmenschen ist geschwunden. Gleichzeitig ist die Alternative für Deutschland (AfD) in den Bundestag und in zahlreiche Landesparlamente gewählt worden und wird aller Voraussicht nach aus den Wahlen im Osten des Landes weiter gestärkt hervorgehen, wenn nicht gar stärkste Kraft in einigen Parlamenten werden. Umso mehr ist es wichtig für den BDK und andere Gewerkschaften, sich mit der Frage zu befassen, wie mit der AfD umzugehen ist.

Die politische Neutralitätspflicht des BDK

Nicht ohne Grund hat sich der BDK in seiner Satzung zu politscher Neutralität verpflichtet. Diese Regel ist älter als die AfD. Sie hat allerdings auch zu keinem Zeitpunkt dazu geführt, dass der BDK in einen vertrauensvollen Austausch mit der NPD, Republikanern oder anderen deutlich rechten Parteien trat.

Die Frage ist also, wie weit die selbstauferlegte Neutralitätspflicht auszulegen und ob die AfD hierunter noch zu subsumieren ist. Diese Frage ist deshalb virulent, weil es sich nicht um eine verbotene Partei handelt und somit auch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in ihr Mitglied oder für sie aktiv sein können. Der Verband hat also für sich zu klären, ob für ihn ein Zusammenhang zwischen AfD und rechtsextremen Umtrieben besteht und ob hierdurch das satzungsmäßige Neutralitätsgebot tangiert ist. Außerdem sollte nicht außeracht gelassen werden, inwieweit Positionen der AfD den Grundsätzen des BDK widersprechen. Dieser Prozess kann schmerzhaft sein, er kann im Ergebnis sogar zu Austritten führen. Dieser Debattenbeitrag soll die zu führende Diskussion unterstützen und anregen – sie nicht zu führen, wäre in der aktuellen gesellschaftlichen Lage fahrlässig.

Grundsatzüberzeugungen des BDK

Wir sehen uns derzeit in der Bundesrepublik einer Entwicklung gegenüber, in der rechtsextreme Positionen reüssieren. Dies führt inzwischen so weit, dass ein mit ziemlicher Sicherheit rechtsextrem motivierter Tatverdächtiger für eine politische Tötung des CDU-Mannes Lübcke in Untersuchungshaft kam. Aufgrund der kriminellen Vergangenheit des Tatverdächtigen ist erneut mit einem weiteren rechtsextremen Netzwerk im Hintergrund zu rechnen, das mindestens zur Radikalisierung des Täters beigetragen hat. Dass aber rechtsextreme Positionen und alles, was diesen verfassungsfeindlichen Weg unterstützt, keinen Platz in der Polizei haben dürfen, muss für den BDK und für jede Kollegin und jeden Kollegen außer Frage stehen!

Die in der Satzung niedergelegte politische Neutralität bedeutet nach unserer Überzeugung nicht, dass die Grundsätze für die der BDK und seine Mitglieder stehen, in der Abwägung zur Neutralitätspflicht weniger Relevanz besitzen. So fordert die AfD etwa die Rückabwicklung von EUROPOL und EUROJUST.

Zitat: »Die AfD lehnt eine Europäische Staatsanwaltschaft und die weitere Verlagerung von Aufgaben der Justiz auf die EU ab.«[1]

Und weiter: »Die AfD verlangt stattdessen den Rückbau bereits eingerichteter beziehungsweise im Aufbau befindlicher überflüssiger Justizbehörden.«[2] Dies steht entgegen der Kernforderungen des BDK.[3] Die AfD möchte das Grundrecht nach Artikel 4 des Grundgesetzes (Religionsfreiheit) einschränken, indem sie angibt: »Wir werden Europa gegen einen Islam verteidigen...«[4] Und weiter: »Die Integration der meisten Muslime in Europa scheitert derzeit und wird umso mehr fehlschlagen, je stärker ihre Zahl wächst.«[5] Auch stellt sich die Partei gegen Artikel 3 Grundgesetz (Gleichheitsgrundsatz), indem sie völlig fiktiv behauptet: »Der infolge des [Migrations] Paktes zu erwartende massenhafte Zuzug bildungsferner Menschen aus fremden Kulturen bedroht den sozialen Zusammenhalt, die Sozialsysteme, die kulturelle Identität und die innere Sicherheit.«[6]

Allein diese auch nur auszugsweise genannten Gründe sind mit den Grundsätzen und Beschlüssen des BDK unvereinbar. Unter anderem fordern wir die »Einstellung von Deutschen mit Migrationshintergrund und Ausländern in die Kriminalpolizei.«[7] Die AfD lehnt das ab: »Keine Ausländer für den Polizeidienst rekrutieren.«[8] Der BDK steht für eine weltoffene, tolerante und von Vorurteilen befreite Weltanschauung. Dabei ist und muss die freiheitlich-demokratische Grundordnung unsere Leitlinie sein. Der BDK ist frei von Wertungen von Minderheiten und sieht eine gelungene Integration als große Chance für die Kriminalpolizei und die Gesellschaft.

Rechtsmotivierte Kriminalität im Fokus

Mitte Mai präsentierte Bundesinnenminister Horst Seehofer gemeinsam mit dem BKA-Präsidenten Holger Münch die Zahlen zur politisch motivierten Kriminalität 2018. Eine Eingangsstatistik, dennoch aber durchaus relevante Zahlen zur Verdeutlichung der Entwicklung und der Lage. Die Inhalte waren nicht gänzlich überraschend, allerdings mit Blick auf die Zahlen zu Hasskriminalität, Antisemitismus und rechtsmotivierten Taten alarmierend.

Obwohl die Gesamtkriminalität ausweislich der PKS 2018 um 3,6% im Vergleich zu 2017 gesunken ist, sind rechtsmotivierte Straftaten insgesamt auf nahezu gleichbleibendem Niveau. Bei Gewaltdelikten ist sogar eine leichte Steigerung festgestellt worden. Zunahmen sind insbesondere zu konstatieren bei der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Widerstandsdelikten, Körperverletzungen und Tötungsdelikten. Auch im Bereich Nötigung/Bedrohung ist im Vergleich zu 2017 eine Steigerung um etwa 7% zu verzeichnen, wobei hier im Zusammenhang mit dem Anzeigeverhalten der Geschädigten insbesondere bei Taten im Internet von einer enormen Dunkelziffer auszugehen ist.

Dieser Befund geht einher mit der Feststellung, dass die von rechts motivierte Hasskriminalität um etwa 13% bzw. knapp 1.000 Fälle gestiegen ist, darunter eine Steigerung von ca. 8% bzw. 66 Fälle bei Gewalttaten. Auch bei antisemitischen Straftaten sind Steigerungen zu verzeichnen. In der Summe gehen knapp 90% dieser Taten auf das Konto von rechtsmotivierten Tatverdächtigen. Diese Zahlen stehen neben den allgemein rückläufigen Kriminalitätszahlen auch in dem Kontext, dass der Höhepunkt des Zuwanderungsgeschehens lange überschritten ist und damit auch ein Rückgang der Konfliktpotentiale durch temporär größere Unterbringungen Geflüchteter gesunken ist.

Betrachtet man sich die Zahlen rechtsmotivierter Straftaten über einen längeren Zeitraum, so sind zwar Schwankungen erkennbar, ebenso jedoch ein deutlicher Trend zunehmender Straftaten.

Der am 27. Juni 2019 veröffentlichte Verfassungsschutzbericht des Bundes für 2018 erfasste 19.409 (2017: 19.467) Straftaten der Politisch motivierten Kriminalität – rechts.[9] Die Gewaltdelikte sind auf 1.088 (2017: 1.054) gestiegen.[10] Alle sechs im Jahr 2018 erfassten Tötungsdelikte (2017: 4) wiesen ausnahmslos fremdenfeindliche Motivation auf.[11] Die Zahl der Rechtsextremisten stieg auf 24.100 (2017: 24.000). Hiervon sind 12.700 Personen als gewalttätig eingestuft worden.[12]

Salonfähige Rechtsextremisten?

Die Alternative für Deutschland wurde 2013 gegründet. Die Wahlergebnisse der Partei deuten eine Korrelation zur Entwicklung der rechtsextremen Szene an. Einher geht ein Sprachgebrauch, der teilweise von kriegerischer Rhetorik, aber auch von unverhohlenen Aufforderungen geprägt ist. So ist in Veröffentlichungen der AfD die Rede von »Messermigranten« oder von Serien blutiger Taten, die in der Regel in den Kontext von Zuwanderung gesetzt werden. In einer Auswertung der Onlinezeitschrift KripoZ wurden die öffentlichen Darstellungen der AfD zur Kriminalität dargestellt – sie prägen ein Zerrbild.

Die AfD lenkt den Fokus immer wieder weg von Tatverdächtigen ohne Migrationshintergrund und überhöht den Anteil von Personen mit Migrationshintergrund insbesondere an der Gewaltkriminalität, zu einem großen Teil unter Einsatz von Messern. »Einer Dunkelfeldbefragung zufolge führen vor allem männliche Jugendliche zunehmend Messer mit. Dabei sind die Unterschiede zwischen Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund gering. 2017 tragen in ihrer Freizeit 34 % der befragten männlichen deutschen Jugendlichen nach eigenem Bekunden Messer (2015: 29,6 %), männliche eingewanderte Jugendliche mit 30,5 % etwas seltener (27,1 %)«, so fassen es die Autoren in der KripoZ[13] zusammen. Es kann also nicht die Rede von einer »Messereinwanderung« sein, die hier politisch herbeigeredet wird.

Ein ähnliches Bild zeichnet die AfD bei Antisemitismus – Belege bleibt sie schuldig: »Antisemitismus ist heutzutage auch sehr stark zu einem importierten Problem geworden. Gerade bei Migranten aus arabischen Ländern sind antisemitische und judenfeindliche Ansichten weit verbreitet«, lässt die AfD-Fraktion Mecklenburg-Vorpommern in einer Pressemeldung vom 11. September 2018 verlauten. Fakt ist aber: 2018 wurden laut Statistik des BKA knapp 90% der antisemitisch geprägten Straftaten rechtsextremen Tätern zugeordnet. Diese Statistiken werden zwar kritisiert, BKA-Präsident Münch hat aber anlässlich der Presskonferenz zur Vorstellung der Zahlen zur politischen Kriminalität im Mai 2019 dazu unzweifelhafte Ausführungen zur Validität der Zahlen gemacht[14]. Die Zuordnung orientiert sich an den Fällen, in denen ein Tatverdächtiger ermittelt und die Motivlage klar ist; das Verhältnis stimmt weitestgehend überein.

Weiter führen die Autoren in der KripoZ aus: »Überwiegend wird (…) das Thema Rechtsextremismus aufgegriffen, um Rechtsextreme von Tatvorwürfen zu entlasten und den Blick auf andere zu richten. So werden aus Sicht der AfD antisemitische Straftaten häufig zu Unrecht der rechtsextremen Szene angelastet.« Dies geht einher mit einer völlig verzerrten Darstellung der Anteile von Tatverdächtigen mit und ohne Migrationshintergrund. So stellt die AfD in ihren Pressemeldungen 5% deutsche Tatverdächtige 95% nichtdeutschen Tatverdächtigen gegenüber; in Wahrheit ist das Verhältnis laut Kriminalstatistik umgekehrt, nämlich etwa 65% deutsche und 35% nichtdeutsche Tatverdächtige. Diesen Personenkreis rückt die Partei ausweislich ihrer Veröffentlichungen gemäß der Untersuchung der Autoren in das Licht von Gewaltdelikten mit einem Anteil an den insgesamt vermeldeten Straftaten von 72%, darunter knapp 19% Tötungsdelikte. 70% der Veröffentlichungen der AfD vermelden demnach Messer (66,7%) oder Schusswaffen (3,3%) als Tatmittel. Dass diese Zahlen niemals dem Verhältnis der polizeilich festgestellten Tatumstände entsprechen, liegt auf der Hand.

Für uns ist klar: Die AfD zeichnet dieses Zerrbild bewusst und gewollt. Sie entscheidet sich bewusst und gewollt für ihre Rhetorik. Sie entscheidet sich bewusst und gewollt für eine Verschiebung des Fokus von rechten Tätern weg, hin zu Personen mit Migrationshintergrund. Sie entscheidet sich bewusst und gewollt gegen eine deutliche Abgrenzung von Rechtsextremen in der eigenen Partei. Sie bereitet damit den Boden für Menschen, die sich in der Welt des Rechtsextremismus zu Hause fühlen. Sie schafft im Verständnis der Täter aus den Parlamenten heraus staatliche Legitimation für Gewalt von Rechtsextremen.

Ein Zusammenhang von Worten und Taten?

Unzweideutige Äußerungen von AfD-Politikern verschieben das Denkbare, dass Sagbare und das Machbare immer weiter. Hier berichtet die Frankfurter Rundschau: »Wie die Rechten mit Sprache arbeiten und potentiell Stimmung erzeugen können, lässt sich am Beispiel des Rechtsanwalts Maximilian Krah aufzeigen. Der sächsische AfD-Politiker hatte auf dem Landesparteitag am 1. Juni unter tosendem Applaus, wie die »Leipziger Volkszeitung« festhält, die Grünen als Hauptfeind ausgemacht: »Wir schießen den Weg frei. Es gibt nur uns - ansonsten geht alles den Bach runter.«[15] Auch Björn Höcke und andere tragen zu dieser Darstellung, ja zu dieser Agitation bei. In einer vom Tagesspiegel dokumentierten Rede sagte er: »Ihr merkt, ich will es euch nicht leicht machen. Ich weise euch einen langen und entbehrungsreichen Weg. Ich weise dieser Partei einen langen und entbehrungsreichen Weg. Aber es ist der einzige Weg, der zu einem vollständigen Sieg führt, und dieses Land braucht einen vollständigen Sieg der AfD und deshalb will ich diesen Weg – und nur diesen Weg – mit euch gehen, liebe Freunde!«[16] Auch Aufrufe, die Zeit des Redens zu beenden und zu handeln, sind von Björn Höcke zu hören. Eine konsequente Trennung der AfD von ihren erkennbar rechtsnationalen Mitgliedern und Funktionären findet nicht statt.

Im Fall des getöteten Regierungspräsidenten Lübcke wurde ein Video der Rede des CDU-Politikers, in der er sich für geflüchtete Menschen einsetzte, im Internet verbreitet und massenhaft mit Hasskommentaren versehen. Es stammt aus dem Jahr 2015. Anfang 2019 verbreitete es die Leiterin der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, Erika Steinbach, erneut. Neuerliche Hasskommentare vor und nach dem Tod des Politikers ließ sie unbeachtet und entfernte sie offenbar nicht, so berichteten es verschiedene Medien. Das ZDF hat sie zu dem Video befragt – eine Erklärung für die neuerliche Veröffentlichung nach etwa vier Jahren hatte Frau Steinbach nicht. Zwischenzeitlich hat sich der Tatverdächtige Stephan E. genau auf diese Rede des Politikers Lübcke als Motiv berufen – hat er sich zufällig nach Jahren an diese Rede erinnert?

Und auch die AfD selbst scheut sich nicht, im Nachgang an diese dem Sachstand nach politische Tötung festzustellen: »Eines ist nämlich vollkommen klar: Hätte es die illegale Grenzöffnung durch Kanzlerin Angela Merkel (…) mit dem unkontrollierten und bis heute andauernden Massenzustrom an Migranten nicht gegeben, würde Walter Lübcke noch leben. Der Massenzustrom nach der illegalen Grenzöffnung mit seinen vielen Morden und Vergewaltigungen ist notwendiges Glied in der Ursachenkette, die zum Tod von Walter Lübcke führte.«[17]

Hierzu stellt Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble am 26. Juni 2019 klar: »Aber menschenfeindliche Hetze war in der Vergangenheit und sie ist auch heute der Nährboden für Gewalt, bis hin zum Mord – und wer ihn düngt, macht sich mitschuldig. Das sollte auch der Letzte jetzt verstanden haben.« Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.

Die AfD ist als Prüffall des Bundesverfassungsschutzes klassifiziert, Teile ihr angehörender Organisationen sogar als Verdachtsfälle. Zwar ist es den Verfassungsschutzämtern zunächst gerichtlich versagt worden, diese Tatsachen zu kommunizieren. Allein das Ergebnis des Berichts und damit der Sachstand haben sich damit nicht verändert.

Wo steht der BDK?

Der BDK ist gezwungen, für sich zu bewerten, wie mit der Situation umzugehen ist. Nach unserer Überzeugung muss der Bundesvorstand jetzt zu Antworten auf die drängendsten Fragen kommen. Dazu zählen:

  • Wie stellen wir uns zur AfD?
  • Wie viele Anhänger oder Mitglieder der AfD haben wir in den eigenen Reihen?
  • Wie gehen wir mit dem Vorwurf um, die Polizei biete Rechtsradikalen oder gar Rechtsextremisten oder ihren Unterstützern einen Rückzugsraum bzw. dulde Kolleginnen und Kollegen mit solcher Gesinnung?
  • Wie stellen wir uns zu AfD-nahen Vereinen und Stiftungen oder solchen, die diese Nähe nachweislich suchen?

Im April 2019 hat die Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) per Beschluss erklärt: »Der Bundesvorstand stellt fest, dass die AfD und andere rechtspopulistische bzw. rechtsextreme Parteien sowie Gruppierungen den Positionen und Zielen der EVG unvereinbar gegenüberstehen. Ein öffentliches Eintreten für die AfD (…) ist ein Verhalten, das den Zielen und der Satzung der EVG entgegensteht und dem Ansehen der Gewerkschaft schadet.« Die Folge sind unter anderem Ausschlussverfahren. Es ist auch von der GdP bekannt, dass sie keine Gespräche mit der AfD führen will. Ob sie aber so konsequent vorgeht wie die ebenfalls im DGB organisierte EVG, ist unklar. Auch in der Zivilgesellschaft haben sich bereits bekannte Fußballvereine wie der FC Eintracht Frankfurt und der FC St. Pauli, aber auch der Evangelische Kirchentag oder der Arbeiter-Samariter-Bund, klar positioniert.[18] Ihr Geschäftsführer Ulrich Bauch hierzu: »Menschlichkeit, eine offene Gesellschaft und ein solidarisches Miteinander sowie eine klare Haltung gegen rechtspopulistische und rechtsextreme Politik«, sei Grundlage der Arbeit des ASB.[19] Dies könnte auch für den BDK zutreffen.

Angesichts zahlreicher Vorfälle und Verfahren, die Polizeibeamte in verschiedenen Bundesländern betreffen und die auf einen rechtsextremen Hintergrund deuten, ist eine klare Position des BDK auch für das Vertrauen in die Institution Polizei nach unserer Überzeugung überfällig. Mehrere Aspekte bzw. Forderungen könnten dazu nachhaltig beitragen:

  1. Bundesweite, wissenschaftliche Einstellungsstudien zu Extremismus in allen Sicherheitsbehörden: zunächst die Erkenntnislage zu schärfen, ist Voraussetzung dafür, die dann festgestellten Defizite und Probleme konkret anzugehen.
  2. Erhöhung der Stundenanzahl für politische Bildung vorrangig in der Ausbildung bzw. dem Studium, aber auch in der Fortbildung in den Schulen und Polizei(hoch)schulen.
  3. Bundesweite Einführung von Bürger- und Polizeibeauftragten, die sowohl für Bürger als auch Kolleginnen und Kollegen direkt und jenseits von Dienstwegen ansprechbar sind.
  4. Erkennbare Schwerpunktsetzung bei Strukturermittlungen im Rechtsextremismus, auch im Wege von Initiativermittlungen vor der Kenntnis konkreter Straftaten.

Auch nach innen müssen wir als Verband schmerzhafte Entscheidungen treffen. Der Weg der EVG zeichnet für uns einen möglichen Pfad für den BDK vor. Angesichts der umrissenen Lage rund um den Rechtsnationalismus und die AfD sollte der Bundesvorstand jetzt ähnlich klare Worte finden. Nicht nur gegenüber der AfD selbst, sondern auch gegenüber ihren Sympathisanten und ihrem Netzwerk aus nahestehenden Vereinen und Stiftungen.

Der BDK tut gut daran, Rechtsnationale nicht mit seiner Expertise zu stärken. Er ist nach unserer Auffassung aufgefordert, gemeinsam mit all seinen Verbänden eine deutlich erkennbare Linie gegen Rechtsextremismus durch das gesamte Bundesgebiet zu ziehen.



[2] ebenda

[5] ebenda

[10] ebenda

[11] ebenda

[12] ebenda

[19] ebenda

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