Erfolgreiche Fachveranstaltung - Künstliche Intelligenz bei der Polizei Brandenburg

15.10.2025

Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) die Polizeiarbeit unterstützen, und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich die Fachveranstaltung des BDK Brandenburg, bei der am 07.10.2025 Vertreterinnen und Vertreter aus Polizei, Wissenschaft und IT über die Zukunft moderner Ermittlungsarbeit diskutierten.

Katharina Iskandar von der FAZ führte dabei gekonnt und charmant durch den Veranstaltungstag.

Nach der Begrüßung durch den Landesvorsitzenden Christoph Wenzlaff richtete der BDK-Bundesvorsitzende Dirk Peglow ein Grußwort an die Teilnehmenden und gab einen Einblick in den aktuellen Stand der Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Polizei in Hessen. Er berichtete vom Innovation Hub der Hessischen Polizei, in dem KI bereits praktisch erprobt wird – etwa zur automatisierten Erstellung von Abschlussberichten oder zur Unterstützung bei Beschlussanregungen für die Staatsanwaltschaft.

Peglow machte deutlich, dass der Einsatz von KI kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug sei, um die tägliche Arbeit der Beamtinnen und Beamten effizienter und zielgerichteter zu gestalten.

Im Anschluss begrüßte Polizeipräsident Oliver Stepien die Teilnehmenden und unterstrich die Bedeutung des Themas für die Zukunftsfähigkeit der Polizei Brandenburg. KI könne, so Stepien, ein Werkzeug sein, um den stetig wachsenden Anforderungen moderner Ermittlungsarbeit zu begegnen – von der Cyberkriminalität über digitale Beweismittelauswertung bis hin zur Analyse großer Datenmengen.

Er machte deutlich, dass die Polizei es als Ermittlungsbehörde mit KI als Tatmittel, als Täter und als Ermittler zu tun habe - eine Entwicklung, die Chancen und Risiken gleichermaßen berge. Zugleich betonte Stepien, dass technologische Innovation immer im Einklang mit Verantwortung und Rechtsstaatlichkeit stehen müsse.

Im weiteren Verlauf sprachen Michael Scharf, Leiter des Behördenstabs im Polizeipräsidium Brandenburg, und die KI-Beauftragte Nadine Belger über die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von KI in der polizeilichen Praxis. 

Dazu gehören etwa Transkriptionsprogramme, die Sprachnachrichten verschriften und übersetzen, oder Systeme zur Analyse großer Bilddatensätze, die derzeit im LKA erprobt werden. Sie stellten jedoch auch kritische Fragen: Reichen die Haushaltsmittel? Gibt es genug Fachkräfte, die fachgerecht dokumentieren und priorisieren können? Und wie lässt sich das Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Freiheit gestalten? Michael Scharf brachte es auf den Punkt:

„KI wird nicht den Polizeibeamten und schon gar nicht den Kriminalisten ersetzen.“

Prof. Dr. Dirk Labudde von der Hochschule Mittweida führte mit einem kurzweiligen und zugleich tiefgehenden Vortrag in die Welt der „KI als Ermittler“ ein. Auf lebendige Weise zeigte er, wie maschinelles Lernen und automatisierte Analysesysteme dazu beitragen können, komplexe Zusammenhänge in Ermittlungsverfahren schneller zu erkennen. Mit Blick auf seine eigenen Forschungsprojekte machte Labudde deutlich, dass Künstliche Intelligenz kein Ersatz für kriminalistisches Denken sei, sondern ein mächtiges Hilfsmittel, um Ermittlerinnen und Ermittler zu entlasten und neue Erkenntnisse zu ermöglichen.

 Gerade angesichts der rasanten technologischen Entwicklung und der zunehmenden Professionalisierung digitaler Täter betonte er:

“Vor die Lage zu kommen werden wir nicht schaffen – wir brauchen andere Wege!“

 KI könne hier helfen, Muster frühzeitig zu erkennen, Zusammenhänge herzustellen und dadurch wertvolle Zeit zu gewinnen. Entscheidend sei jedoch, dass die Technologie verantwortungsvoll eingesetzt und mit menschlicher Erfahrung, Intuition und Rechtsbewusstsein kombiniert werde.

Marc Le Corre, unter anderem Dozent für Cybercrime, lenkte den Blick auf den technologischen Gesamtmarkt: Mittlerweile existieren rund zwei Millionen KI-Modelle. Er demonstrierte live, wie man ChatGPT gezielt einsetzen – aber auch austricksen – kann. Zugleich warnte er, laut BKA sei mit einem Anstieg KI-gestützter Straftaten zu rechnen.

Anschließend sprach Louis Jarvers vom Karlsruher Institut für Technologie über „Neue digitale Realitäten als Herausforderung oder: ,Business as usual‘ für die Polizei?“ Er zeigte auf, wie Fälschungen in Bildern und Videos erkannt werden können, und stellte die Frage in den Raum: Was passiert, wenn Inhalte im Internet zunehmend KI-generiert sind? Für OSINT-Ermittler sei künftig entscheidend, Informationen stärker über den Kontext als über den Inhalt zu verifizieren. Sein Fazit:

„KI ist der Praktikant, dem man nicht blind vertrauen darf – und dem man erst recht nicht die Federführung überlassen sollte.“



In der abschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich: Die Arbeit der Polizei – insbesondere der Kriminalpolizei – wird zunehmend komplexer.
Dirk Peglow brachte es treffend auf den Punkt:

„Wir bearbeiten Kriminalität von heute mit Methoden und Organisationsstrukturen aus den 90er Jahren. Da kann man Tools nutzen, wie man will.“ 

Doch gerade darin liegt auch eine Chance: Veränderung ist möglich – wenn Führung sie gestaltet und mitträgt. Viele Führungskräfte, so der Tenor, stehen heute vor der Aufgabe, alte Denkmuster zu überwinden und Neues zuzulassen. Statt pauschaler Kritik braucht es Mut, Offenheit und den gemeinsamen Willen zur Weiterentwicklung.

Einig war man sich am Ende: Wenn wir Kriminalität mit dem gleichen Innovationsgeist analysieren, mit dem sie sich verändert, können wir enorm viel erreichen – für eine moderne, wirksame Kriminalitätsbekämpfung.

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