Ermittler fahren Streife

22.10.2020

Objektschutz von Grund auf neu denken?
ocoparisienne - Pixabay

Zuletzt hatte der BDK im August auf den erneuten Personalengpass beim Zentralen Objektschutz (ZOS) und die Heranziehung von Vollzugsbeamtinnen und -beamten aus anderen Dienstbereichen der Schutz- und Kriminalpolizei für Aufgaben des ZOS öffentlich aufmerksam gemacht. Auf unser Schreiben an Polizeipräsidentin Dr. Slowik hin wurde dazu eine Informationsveranstaltung einberufen, zu dem die Beschäftigten- und Berufsvertretungen eingeladen waren. Bei dem Treffen am 3. September erläuterten Vertreter der Landespolizeidirektion (LPD) die aktuelle Situation. Es wurde deutlich, dass zwischen den verfügbaren Stellen beim ZOS und den zu bewältigenden Aufgaben nach Bewertung der LPD eine eklatante Diskrepanz besteht, die nunmehr durch Vollzugskräfte aufgefangen wird. Auf den ersten Blick sind hier womöglich politische Versäumnisse ursächlich, weil die notwendigen Tarifstellen nicht zur Verfügung stehen.

Zugleich sehen wir uns als BDK gezwungen zu hinterfragen, ob die althergebrachten Schutzkonzepte noch zeitgemäß sind. Der damalige stellvertretende BDK-Bundesvorsitzende Rolf Jaeger hatte schon in der Ausgabe 10 /2002 der BDK-Fachzeitschrift der kriminalist unter der Überschrift „Fragwürdige Objektschutzkonzepte verschlingen Millionenstunden und Millionensummen – Intelligentere Lösungen gefordert“ die heute noch immer gängigen Ansätze im Objektschutz hinterfragt.

Der BDK setzt sich daher für eine ehrliche Analyse der bisherigen Konzepte des polizeilichen Objektschutzes ein, die beispielsweise auf folgende Fragen eingehen und auch notwendige Anpassungen der einschlägigen Polizeidienstvorschriften (PDV) nicht ausschließen sollte:

  • Vor welchen Gefahren soll polizeilicher Objektschutz schützen bzw. welche Gefahren rechtfertigen einen längerfristigen polizeilichen Objektschutz?
  • Können diese Schutzziele mit den bisherigen Konzepten (z.B. motorisierte, erkennbare Objektschutzstreifen) tatsächlich erreicht werden?
  • Sind die Personalansätze (z.B. auch beim stationären Objektschutz) gerechtfertigt?
  • Wie können Schutzziele besser erreicht werden? Welche alternativen technischen und personellen Maßnahmen können realisiert werden?
  • Wo gibt es Redundanzen mit dem Personenschutz?

In einigen Fällen könnten beispielsweise völkerrechtliche Verpflichtungen Objektschutzmaßnahmen jenseits der objektiven Sinnhaftigkeit weiterhin notwendig machen. Das Wiener Abkommen[i] sieht jedoch nach erster Bewertung durch den BDK keine konkreten Maßnahmen zur Umsetzung des Schutzes konsularischer Einrichtungen vor, so dass die Konzepte durchaus anpassbar wären.

In anderen Fällen könnten die Antworten auf die obigen Fragen auch bedeuten, dass diese entweder nicht mehr durch den polizeilichen Objektschutz betreut werden sollten oder aber die Schutzziele durch andere Konzepte effektiver erreicht werden können.

Insgesamt muss es doch das Interesse sowohl der politischen Verantwortungsträger als auch der zu schützenden Einrichtungen sein, dass Schutzkonzepte möglichst wirksam sind. Ob dies bei den aktuellen Schutzmaßnahmen der Fall ist, erscheint äußerst fraglich.

[i]
Art. 31 Abs. 3
Vorbehaltlich des Absatzes 2 hat der Empfangsstaat die besondere Pflicht, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die konsularischen Räumlichkeiten vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der konsularischen Vertretung gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird.

Art. 40
Der Empfangsstaat behandelt die Konsularbeamten mit gebührender Achtung und trifft alle geeigneten Maßnahmen, um jeden Angriff auf ihre Person, ihre Freiheit oder ihre Würde zu verhindern.

Art. 59
Der Empfangsstaat trifft alle erforderlichen Maßnahmen, um die konsularischen Räumlichkeiten einer von einem Wahlkonsularbeamten geleiteten konsularischen Vertretung vor jedem Eindringen und jeder Beschädigung zu schützen und um zu verhindern, dass der Friede der konsularischen Vertretung gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird.

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