Es darf nicht sein, was nicht sein darf… Was ist, wenn es doch so ist?
28.02.2019
Unterm Strich ist wieder einmal der Ruf der Polizei leichtfertig ruiniert worden. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger ist geschwunden! Der Skandal zeigt einmal mehr die Ohnmacht der Politik und des Polizeiapparates.
Was war u.a. geschehen? Die Ermittlungen in diesem Fall haben die verantwortlichen Personen dazu veranlasst einen Polizeianwärter damit zu beauftragen, wichtige Beweismittel zu sichten und auszuwerten. Öffentlich wurde dieses Vorgehen im Zuge der Feststellung, dass eben dieses auszuwertende Beweismaterial (0,7 TerryByte an Datenträgern) plötzlich aus den Räumlichkeiten der örtlichen Polizei verschwunden ist. Als Konsequenz daraus müssen führende Beamte gehen.
Werden die Verantwortlichen jetzt in der Lage sein, die gemachten Fehler zu erkennen und zu analysieren? Bis jetzt, so scheint es, begegnet der Öffentlichkeit weder kritisches Hinterfragen der Umstände, noch der veranlassten Maßnahmen, die Taten aufzuklären. Stattdessen Schuldzuweisungen und ein kämpferisches Versprechen des Innenministers von NRW, Herbert Reul, jeden Stein umdrehen zu wollen, um den Skandal aufzuklären. Das ist natürlich begrüßenswert, aber auch aus Sicht der Opfer und deren Angehörigen als selbstverständlich zu betrachten.
Mit dem Verschwinden von Beweismitteln aus den Räumlichkeiten der örtlichen Polizei folgten Mutmaßungen, dass vielleicht Polizeibeamte in den Missbräuchen verstrickt sein könnten! Diese Gedanken scheinen den führenden Politikern (insbesondere dem Innenminister von NRW) noch fremd. Reagiert wurde nämlich mit einem pauschalen Verneinen dieses Gedankens und einem vehementen Reduzieren des Sachverhaltes auf schlichte "Schlampigkeit" in der betroffenen Polizeibehörde. Es darf eben nicht sein, was nicht sein darf!
Warum kann es nicht sein, dass doch Polizeibeamte darin verwickelt sind? Warum lehnt die Politik diese Möglichkeit von vornherein ab? Die Umstände des Verschwindens sind doch fraglich. Grund genug, der Sache nachzugehen.
Wie viele Opfer bleiben nach dem Verschwinden von Beweisen ohne Namen, wie viele Taten bleiben ungesühnt, wie viele Täter kommen ungestraft davon und machen letztendlich genauso weiter?
Für die Polizei gilt nun umso mehr den gesamten Missbrauchsskandal allumfänglich aufzuklären. Dabei muss es ihr egal sein, wer die Täter sind und welche Rolle sie in unserer Gesellschaft spielen. In diesem Zuge muss ebenso aufgeklärt werden, was es mit dem Verschwinden von Beweismitteln auf sich hat und warum wichtigen Hinweisen nicht energisch genug nachgegangen wurde. Der Begriff „Schlamperei“ kann nicht die einzige Antwort darauf sein!
Der Missbrauchsskandal steht stellvertretend für alle „Missgeschicke“ und Ermittlungspannen, die uns immer wieder begleiten. Er stellt wahrlich keinen Einzelfall dar, zeigt aber umso mehr die Schwachstellen in den personellen Strukturen und technischen Ausstattungen der Ermittlungsbehörden.
Wir müssen uns in unserem Bundesland ebenso darüber Gedanken machen, ob wir allzeit in der Lage sind, Verbrechen größeren Ausmaßes aber auch die weniger brisanten, aber für jeden einzelnen Bürger ärgerlichen Einbruchsdiebstähle, Betrugsdelikte etc. vollständig aufzuklären.
Die Aufklärung aller bekannt gewordenen Gewalt- und Sexualverbrechen, insbesondere an Kindern müssen den Stellenwert haben, dem diese auch aus moralischen Aspekten zustehen! Die Aufmerksamkeit der Kriminalpolizei muss sich auch auf die nicht angezeigten im dunklen verborgenen Verbrechen fokussieren können.
Wir als Berufsverband kämpfen für bessere, durchdachte Strukturen in der Kriminalpolizei. Wir weisen vehement auf die Missstände in der Kriminalpolizei hin. Wir fordern mehr speziell ausgebildetes motiviertes Personal und den Einsatz moderner Methoden, um Straftaten aufzuklären!
Wir fordern von der Politik und den führenden Polizeibeamten ein Umdenken und das Eingestehen der in der Vergangenheit gemachter Fehler.
Ist die Kriminalpolizei des Landes personell richtig aufgestellt? Kann die Kriminalpolizei den neuen Kriminalitätsphänomen wirkungsvoll begegnen? Stehen den Kriminalisten wirkungsvolle technische Hilfsmittel zur Verfügung? Sind die Kolleginnen und Kollegen gut motiviert? Werden sie ausreichend und sinnvoll geschult? Wie erreicht der polizeiliche Nachwuchs die Kriminalpolizei?
Wir wünschen uns von der Politik, unsere Forderungen und Hinweise ernst zu nehmen und fordern entsprechende personelle und finanzielle Rahmenbedingungen für die Kriminalpolizei unseres Landes zu schaffen.
André Borchardt
Mitglied im Landesvorstand