Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht

12.03.2023

Der 2021 geänderte Paragraph 184b StGB überfordert Ermittlungsbehörden und Justiz. Nun soll das Gesetz erneut angepasst werden.
Arek Socha - Pixabay

"Hey Leute, schaut mal, meine Freundin hat mir ein Nacktbild von sich geschickt. Cool oder? "

So oder so ähnlich könnte die Nachricht in einer WhatsApp-Chatgruppe einer 8. Klasse lauten. Ein 14-jähriger Junge teilt unerlaubt ein Nacktbild seiner 13-jährigen Freundin im Klassenchat und hat mit dieser Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs nicht nur eine Straftat, sondern sogar ein Verbrechen begangen.

Die Verbreitung von Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist seit einer Gesetzesänderung im Jahre 2021 auch strafrechtlich ein Verbrechen. Eine völlig überfällige und richtige Verschärfung der Gesetzeslage jedoch hat es der Gesetzgeber trotz massiver Bedenken von Experten versäumt, im §184b StGB einen minder schweren Fall zu verankern, der zwischen pädokriminellen Straftätern und dem o.g. 14-jährigen Jungen unterscheidet, der aus Unwissenheit oder als Mutprobe ein Bild oder Video in einer Chatgruppe teilt, das sexualisierte Inhalte enthält.

Dieser Umstand führt dazu, dass es bei Polizeien, Staatsanwaltschaften und Gerichten zu einer Verfahrensflut und zu Überlastungen kommt. Der Landesvorsitzende des BDK Hamburg, Jan Reinecke, dazu bei der Tagesschau:

"Vor allem die Tatsache, dass der minder schwere Fall bei der Gesetzgebung keine Berücksichtigung gefunden hat, führt in der Praxis dazu, dass die Länderpolizeien zahlreiche Ermittlungsverfahren ohne tatsächlichen pädokriminellen Hintergrund zu führen haben. Für die tatsächlichen Fälle bleibt dadurch am Ende kaum noch Ermittlungspotenzial übrig.“

Der BDK hatte in einer Stellungnahme  an das Bundesjustizministerium im Jahre 2021 Gesetzesänderungen in diesem Bereich grundsätzlich begrüßt. Dennoch wiesen wir schon damals deutlich daraufhin, dass ein minder schwerer Fall notwendig sei, da in der Praxis vielfach Jugendliche als Beschuldigte betroffen sind.

Nun soll nach knapp zwei Jahren der §184b korrigiert werden. Ein aus unserer Sicht dringend notwendiger Schritt, den man allerdings hätte vermeiden können, wenn man im Vorfeld auf den Rat von Fachleuten gehört hätte. Hier zeigt sich einmal mehr: Gut gemeint ist nicht immer auch gut gemacht.


Bericht der Tagesschau
BDK zur Gesetzesänderung im Jahr 2021