Impfstrategie der hessischen Polizei - Stellungnahme des BDK

08.04.2021

Der BDK Hessen sieht einen Nachbesserungsbedarf bei der akutellen Impfstrategie. Der nachfolgend abgedruckte Brief an Staatsminister Beuth wurde in Kopie an die Fraktionsvorsitzenden des Hessischen Landtages sowie an verschiedene Pressevertreterinnen und -vertreter versandt.
Impfstrategie der hessischen Polizei - Stellungnahme des BDK

Impfstrategie der hessischen Polizei – Kategorisierung der Beschäftigten gemäß Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV)

Sehr geehrter Herr Staatsminister Beuth,

die Umsetzung der Verordnung zum Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 (CoronaImpfV) bei den Beschäftigten der hessischen Polizei führte nach Bekanntwerden und Vollzug der hierzu vorliegenden Erlasslage zu vermehrten Rückmeldungen unserer Kolleginnen und Kollegen, die bis zum heutigen Tage andauern und in ihrer Anzahl zunehmen.

Die seitens des Verordnungsgebers formulierte Vorgabe, dass die Länder und der Bund den vorhandenen Impfstoff in einer nach Personengruppen abgestuften Priorisierung einzusetzen haben, ist aufgrund der (aktuell bestehenden) begrenzten Verfügbarkeit der Impfstoffe richtig. Die vorgenommene Impfreihenfolge wird, bezogen auf die Polizei, in den Gruppen mit hoher Priorität nach § 3 Abs. 1 Nummer 6 – „Polizei- und Ordnungskräfte, die in Ausübung ihrer Tätigkeit zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung, insbesondere bei Demonstrationen, einem hohen Infektionsrisiko ausgesetzt sind…“ und erhöhter Priorität nach § 4 Abs. 1 Nummer 4 – „Personen (…) in besonders relevanter Position (…) bei der Polizei (…) tätig sind, umgesetzt.

Insofern wurde die Priorisierung der Polizeibeschäftigten bereits seitens des Verordnungsgebers in zwei Gruppen vorgenommen, deren Unterscheidung wesentlich in der nicht planbaren und häufig stattfindenden Wahrnehmung von Fremdkontakten mit Bürgerinnen und Bürgern einzuordnen sein wird.

Seitens der zuständigen Innenministerien der Länder ergingen im Zuge der Umsetzung der Corona-Impfverordnung zum Teil ähnlich lautende Erlasslagen, die alle das Ziel hatten, eine Einteilung der Polizeibeschäftigten vorzunehmen und diese mit den personalrätlichen Gremien abzustimmen, um möglichst schnell mit den Impfungen zu beginnen.

Die Formulierung einer Impfstrategie für die hessische Polizei musste demzufolge sowohl zeitnah wie auch im Lichte der gültigen Verordnungslage (Priorisierung auch innerhalb der Polizeibeschäftigten) erfolgen.    

Dies hatte eine „Zweiteilung“ zur Folge, nach der die Beschäftigten der hessischen Polizei in solche nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 CoronaImpfV (Zielgruppe 1 des Erlasses vom 15. August 2018 „Einsatztraining bei der hessischen Polizei“) und solche nach § 4 Absatz 1 Nr. 4 CoronaImpfV (weitere Beschäftigte außerhalb der vorgenannten Zielgruppe 1) eingeteilt wurden.

Ergänzt wurde die genannte Einteilung mit Schreiben von Herrn Landespolizeivizepräsident Röhrig vom 04.02.21, in dem eine Erweiterung der Priorisierungsgruppen nach § 3 Absatz 1 Nr. 6 CoronaImpfV auf

  • Kräfte der QEZ
  • Einsatzkräfte TaktKom
  • KDD und Fahndungs- sowie Observationskommissariate
  • Schutzmann/Schutzfrau vor Ort
  • Anwärterinnen und Anwärter im S 5 (Fachpraktikum – Jahrgang 1/2019)
  • Zentralgewahrsam (Haupttätigkeit)
  • Zugführer und Gruppenführer

umgesetzt wurde.

Nach den zwischenzeitlich vorliegenden Rückmeldungen unserer Mitglieder, müssen wir – auch bei Kenntnisnahme der leider immer noch bestehenden Unterdeckung mit Impfstoffen – feststellen, dass die aktuelle Impfstrategie die bestehende erhöhte Gefahr, der sich auch Kriminalbeamtinnen und -beamte im täglichen Dienst aussetzen müssen, nicht hinreichend berücksichtigt.

Ich erlaube mir hierzu einige Beispiele der kriminalpolizeilichen Tätigkeiten aufzuführen, die aus unserer Sicht die Grundlage dafür bieten sollten, die aktuelle Zweiteilung der Beschäftigten der hessischen Polizei zu überdenken.

  • Bearbeitung von Haft- und Sofortsachen
  • Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen und bestehenden Haftbefehlen mit zum Teil erheblichem Kräfteansatz
  • Bearbeitung von Todesermittlungsverfahren bei Leichenfunden im häuslichen Umfeld, zum Teil im Beisein der Hinterbliebenen
  • Bearbeitung von versuchten und vollenden Tötungsdelikten
  • Durchführung von Vernehmungen zum Teil mit erheblichem Zeitansatz
  • Einsatzmaßnahmen i. Z. m. Demonstrationen (zuletzt auch in Kassel) sowie wiederkehrende Einrichtung von Gefangenensammelstellen; Einsätze bei Corona-Kontrollmaßnahmen im Rahmen der vorgeschobenen Fallbearbeitung

Alle genannten Tätigkeitsbereiche sind aus Sicht des BDK Hessen dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 Nummer 6 CoronaImpfV zuzuordnen, da sie nicht nur mit der Sicherstellung der öffentlichen Ordnung zu tun haben, sondern vielmehr auch die Verfolgung und Aufklärung von schweren Straftaten sicherstellen, auf die die Bürgerinnen und Bürger auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie einen Rechtsanspruch haben.

Aus den vorgenannten Gründen bitte wir Sie dafür Sorge zu tragen, die Impfstrategie der hessischen Polizei in ihrer Zweiteilung nochmals zu überdenken und stehen für eine weitere inhaltliche Erörterung jederzeit zur Verfügung.

Eine Kopie des Schreibens erhalten die Fraktionsvorsitzenden des Hessischen Landtages sowie die in unserem Presseverteiler aufgenommenen Pressevertreterinnen und -vertreter.

Mit freundlichen Grüßen

Dirk Peglow

Landesvorsitzender des BDK Hessen

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