Kriminalpolitik im EU-Wahlkampf

16.05.2019

Das Thema Kriminalpolitik spielt beim aktuell laufenden EU-Wahlkampf derzeit eine untergeordnete Rolle. Der BDK hat daher die Wahlprogramme von SPD, CDU/CSU, Bündnis90/Die Grünen, FDP, Die Linke und AfD genauer unter die Lupe genommen und kriminalpolitische Aussagen extrahiert.
Kriminalpolitik im EU-Wahlkampf

Die Europäische Union soll nach Überzeugung des Bund Deutscher Kriminalbeamter bei der Bekämpfung herausragender, europäischer bzw. transnationaler Kriminalität eine deutliche Stärkung erfahren. Ihren Institutionen müssen dringend zusätzliche Kompetenzen übertragen werden. Die Europäische Union soll und kann einen noch deutlich größeren Mehrwert leisten, um die Bürgerinnen und Bürger wirksamer vor Kriminalität zu schützen und Straftaten zu verfolgen.

Der Bundesvorstand des BDK hat daher bereits im Frühjahr des Jahres 2016 eine visionäre Zielvorstellung formuliert:

»Der Bund Deutscher Kriminalbeamter setzt sich für eine Stärkung der Kompetenzen der Europäischen Union im Bereich der inneren Sicherheit ein. Hierzu fordert er eine Europäische Strafprozessordnung und ein europäisches Strafrecht für schwerwiegende Delikte sowie für Straftaten zum Nachteil der Europäischen Union selbst. Hierzu gehören zum Beispiel der Terrorismus, die Organisierte Kriminalität, transnationale Bandenkriminalität, Geldwäsche, schwerwiegende Formen der Cyberkriminalität sowie Straftaten zum Nachteil des EU-Haushalts. Mit Einführung der EU-StPO ist EUROPOL mit (zusätzlichen) operativen Befugnissen auszustatten. Ferner sind eine Europäische Staatsanwaltschaft als zentrale EU-Behörde sowie Anklage-, Berufungs- und Revisionsinstanzen beim Europäischen Gerichtshof für definierte Kriminalitätsfelder einzurichten.
Als Pendant zu EUROPOL ist der Europäische Nachrichtendienst/European Intelligence Service (EUIS), also die europäische Agentur für die Nachrichtendienste, einzurichten.
Die Kontrolle hierüber muss einem parlamentarischen Kontrollgremium des Europäischen Parlaments unterliegen. Befugnisse und Aufgaben dieser Agentur sind in einer EUIS-Verordnung zu regeln.« (Beschluss des Bundesvorstandes, 18.–20.04.2016)


»Die Europäische Union darf nicht nur für Straftäter ein einheitlicher Aktions- und Investitionsraum sein. Sie muss zugleich zu einem echten europäischen Strafverfolgungs- und Fahndungsraum werden, denn europäische Kriminalität müssen wir europäisch bekämpfen - für transnationale Kriminalität gilt dies allemal.«, formuliert der BDK-Bundesvorsitzende Sebastian Fiedler und ergänzt:

»Es versteht sich von selbst, dass Forderungen nach Kürzungen der finanziellen und personellen Ressourcen bei EUROPOL und EUROJUST oder eine Ablehnung einer Europäischen Staatsanwaltschaft auf unseren erbitterten Widerstand stoßen. Sie würden empfindliche Einschnitte in die europäische Sicherheit bedeuten und sind Schreckensszenarien auch für die deutschen Sicherheitsbehörden. Schwerwiegende Cyberangriffe mit rein nationalstaatlichen Mitteln bekämpfen zu wollen, wäre ein sicherheitspolitischer Schritt zurück ins Mittelalter.«

Klicken Sie sich nun durch die unterschiedlichen Vorstellungen der Parteien, die sich um Mandate für das kommende Europäische Parlament bewerben und messen Sie deren Ziele an denen der Kriminalistinnen und Kriminalisten. - Und vor allem: Bestimmen Sie den Weg mit, den die Europäische Union nehmen soll und gehen Sie wählen!

  • SPD
    »Wir setzen uns dafür ein, dass mehr nationale Kompetenzen auf das Europäische Zentrum für Terrorismusbekämpfung (ECTC) übertragen werden. Außerdem brauchen wir eine europäische Strategie für Cyber-Sicherheit, die die Fragmentierung in diesem Bereich verringert und Sicherheitsstandards verbessert. Für den Fall dass nicht alle Mitgliedstaaten sich hieran beteiligen können oder wollen, werden wir die Möglichkeit der verstärkten Zusammenarbeit nutzen.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 14, 27)

  • CDU/CSU
    »Der Schutz der Bürger vor Kriminalität und Terror ist zentrale Aufgabe sowohl der nationalen als auch der europäischen Politik. Dafür brauchen wir ein starkes und handlungsfähiges Europa, in dem die Polizei- und Sicherheitsbehörden eng zusammenarbeiten.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 14–16)

  • FDP
    »Kriminalität und Terrorismus machen vor Grenzen nicht halt. Durch eine stärkere Zusammenarbeit von Polizei- und Justizbehörden können wir Synergien nutzen und Europa sicherer machen.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 115–123)

  • Bündnis 90/Die Grünen
    »Schlagbäume schaffen kein Mehr an Sicherheit. Zur Verteidigung unserer Freiheit und gegen Kriminalität und Terror brauchen wir eine stärkere europäische Kooperation der Sicherheitsbehörden. Zahlreiche Straftaten wie Wohnungseinbruchdiebstähle, Taschen- diebstähle oder Betrugsdelikte erfolgen grenzübergreifend. Dementsprechend muss die Polizei auch grenzübergreifend agieren. Auch islamistisch und rechtsextrem motivierter Terrorismus agiert grenzüberschreitend. Dem stellen wir uns zur Verteidigung unserer Freiheit und zum Schutz der Bürger*innen entschlossen entgegen. Hierfür setzen wir auf wirksame Prävention und effektive Strafverfolgung.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 115–119)

  • Die Linke
    »Die EU muss sich zum Prinzip der Gewaltenteilung und der Trennung von Polizei, Geheimdiensten und Militär bekennen und dieses verteidigen. Datenaustausch zwischen Strafverfolgungsbehörden muss auf eine rechtsstaatliche Basis gestellt und die Rechte der Betroffenen müssen gestärkt werden. Die Menschen dürfen nicht Objekt staatlicher Datenausspähung werden.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 47, 53–54)

  • AfD
    »Seitens der EU wird seit Jahren versucht, in immer mehr Bereiche vorzudringen, die nach den EU-Verträgen nur den Nationalstaaten vorbehalten sind, darunter auch die Polizei und Justiz. So sind EUROPOL und EUROJUST entstanden, deren Koordinierungsaufgaben – soweit sie überhaupt sinnvoll sind – auch mit deutlich geringerem personellem und finanziellem Aufwand bewältigt werden könnten.«
    → aus dem Wahlprogramm (Seiten 49–52)

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