Kriminalpolizei muss geimpft werden

06.03.2021

Gibt es in der Polizei eine Zweiklassengesellschaft?
Kriminalpolizei

In Sachsen-Anhalt, so berichtet am 02. März 2021 "Zeit online", „…sollen Hunderte Polizistinnen und Polizisten zeitnah gegen das Coronavirus geimpft werden. Die Landesregierung habe sich darauf geeinigt, dass besonders gefährdete Ordnungskräfte direkt vom polizeiärztlichen Dienst versorgt werden, sagte Innenminister Michael Richter (CDU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung der Deutschen Presse-Agentur. Geplant sei, bis zu 2500 Polizistinnen und Polizisten eine Schutzimpfung anzubieten. Derzeit werde an einer entsprechenden Prioritätsliste gearbeitet, die infrage kommende Einsatzbereiche festlegt. Laut Bundesimpfverordnung sind all jene Polizeikräfte bei der Impfreihenfolge an zweithöchster Stelle, die beispielsweise Demonstrationen absichern und einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. In Sachsen-Anhalt beträfe das vor allem die Landesbereitschaftspolizei sowie mobile Einsatzteams der Inspektionen. Innenminister Richter hatte am Montag dafür geworben, allen mehr als 6000 Polizisten unabhängig vom Einsatzbereich bevorzugt eine Schutzimpfung anzubieten. In anderen Bundesländern, etwa in Berlin, wird das bereits so gehandhabt.“ 

Am 03.02.2021 dann der Erlass des Innenministeriums Sachsen-Anhalt:

„Die Polizeiinspektionen sind gebeten, die impfwilligen Polizeivollzugsbeamtinnen und —beamten der Landesbereitschaftspolizei (Einsatzhundertschaften, ohne Funktionspersonal), der Zentralen Einsatzdienste sowie der Reviereinsatzdienste, der Einsatzdienste des Zentralen Verkehrs- und Autobahndienstes sowie des Verkehrsüberwachungsdienstes namentlich bis 08. März 2021, zu melden.“

Die Unmut in der Polizei insbesondere in der Kriminalpolizei kochte schnell hoch! Ist die Kriminalpolizei weniger gefährdet als der Verkehrsüberwachungsdienst? Die Arbeit am Tatort weniger gefährlich als beim „Blitzen“?

Norbert Dieke, Bezirksvorsitzender es BDK in Dessau-Roßlau formuliert den Unmut der Kollegen in einer ersten Reaktion so:

 „Am 03.03.2021 kam der Erlass des Innenministeriums „Corona- Schutzimpfungen in der Landespolizei“. Freiwillige Schutzimpfungen sind möglich für Einsatzhundertschaften, ZED, RED, VÜD, Einsatzdienste des Zentralen Verkehrs- und Autobahndienstes und……..Ende. Die Kripo ist nicht zu finden.

Ich wollte es nicht wahrhaben, ich wollte es nicht glauben was hier passiert. Nicht das wir seit Jahren kämpfen, um unseren Personalbestand zu behalten und durch Strukturreformen immer wieder sogenanntes Überhangpersonal zur Bewältigung der Aufgaben in den Bereichen eingesetzt wird – was einfach nur gemacht wird um die K – klein zuhalten.

Nein nun haben wir es schwarz auf weiß - die Kripo scheint eine Lackschuhbrigade zu sein.

Sie hat nichts mit den Straftätern zu tun, sie hat nichts mit den Vergewaltigern, Körperverletzern, Ladendieben, infizierten Leichen zu tun. Sie hat nicht mit hohen Ansteckungszahlen zu kämpfen, sie hat nicht mit hundertprozentigem Ausfall ganzer Ermittlungsgruppen zu kämpfen – noch höher als im Schutzbereich.  Nein hat sie nicht.

Wir sind zweite Klasse, wir haben keinen Anspruch auf Schutz, wir versuchen nicht Straftaten aufzuklären, wir versuchen nicht Verbrechen zu klären.

Jahrelang wird immer wieder gespart, bei der Ausrüstung, bei der personellen Ausstattung, bei der Besoldung und nun sollen wir weiter unsere Gesundheit zu Markte tragen, ohne dass dies entsprechend gewürdigt wird.

Es reicht mit dieser verfehlten Politik der mit sich selbst beschäftigten Politiker.

Die Arbeit wird auf der Straße und in den Schreibstuben gemacht und nicht am grünen Schreibtisch in den Ministerien!

Kann sich den überhaupt keiner mehr in den normalen Bürger reinversetzen? So langsam zweifle ich an der Vernunft der Verantwortlichen.

Ich als Vertreter des BDK Bezirksverband Dessau protestiere lautstark und vehement über diese Unanständigkeit und Missachtung der persönlichen Leistung jedes einzelnen Kriminalisten und Polizisten, welche jeden Tag und darüber hinaus zur Arbeit kommen und ihren Dienst tun.

Ich bin stinksauer.“

Im Auftrag des geschäftsführenden Landesvorstandes wendet sich am 04.03.2021 der Landesvorsitzende Peter Alexander Meißner zunächst an die Abteilungsleiterin 2 im Innenministerium, Frau Christiane Bergmann, und bittet um Aufklärung:

„Unter Bezug auf den oben bezeichneten Erlass vom 3.3.2021, möchte ich im Namen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter Sachsen-Anhalt anfragen, inwieweit die Kriminalpolizei in die Priorisierung der zu impfenden Polizeibeamt*innen einbezogen wird?

Vollzugsbeamte der Kriminalpolizei haben, aufgrund von zum Beispiel: Durchsuchungsmaßnahmen, Festnahmen, Beteiligung an Einsatzlagen und anderem, direkten Kontakt zu Bürger*innen und sind damit einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt.“

Eine Reaktion erfolgt bis zum Dienstschluss am Freitag dem 05.03.2021 nicht.

Dafür melden sich weitere Kollegen beim Landesvorstand und beschweren sich auch mit Hinweis auf zusätzliche Aufgaben in Verbindung mit der Datenlöschpanne in Sachsen-Anhalt, bei der 42.000 Datensätze von erkennungsdienstlichen Maßnahmen, versehentlich aus den polizeilichen Datensystemen gelöscht wurden:

 „Zum Thema gelöschte ED-Datensätze:

Wir haben heute im Revierkriminaldienst mit 15 Mann 1.200 Datensätze geprüft, in der Polizeiinspektion haben alle Reviere je 1.200 Datensätze zum Prüfen bis Montag bekommen. Das soll auch in den anderen Behörden so sein, also retten mal wieder viele die Arbeit von Jahrzehnten und unsere künftigen Aufklärungsmöglichkeiten. Ach ja, es sind die Bürohocker der Kriminalpolizei, die das, notfalls auch übers Wochenende, leisten. Wenn wir auch sonst nichts machen. Dafür werden Sie dann aber nicht immunisiert!“

Der BDK Landesvorsitzende setzt sich nun telefonisch mit dem Innenminister von Sachsen-Anhalt, Michael Richter, in Verbindung. Nachdem dieser über den Sachverhalt umfassend informiert wurde kündigt er an, dass am Montag, 08.03.2021 der entsprechende Erlass des Innenministeriums ergänzt wird.

„Allen Vollzugsbeamt*innen und Beschäftigten die direkt mit Bürger*innen in Kontakt kommen soll ein Impfangebot gemacht werden.“

Bis zum Redaktionsschluss lag die angekündigte Ergänzung des Erlasses nicht vor. Wir werden auf unserer Webseite entsprechend fortlaufend berichten!