Landespressekonferenz in Düsseldorf zu den Mafia Morden vor einem Jahr in Duisburg

14.08.2008

Ein Jahr nach den Mafiamorden in Duisburg - wurden die Probleme der Zusammenarbeit mit Italien und der erkennenden Fahndung in NRW gelöst?"
Landespressekonferenz in Düsseldorf zu den Mafia Morden vor einem Jahr in Duisburg

Düsseldorf, 14.08.2008 - "Ein Jahr nach den Mafia-Morden in Duisburg kann sich das Ermittlungsergebnis der 120-köpfigen Mordkommission Duisburg - unterstützt durch weitere Behörden - sehen lassen. Ein zwar noch flüchtiger Täter konnte mit hohem Engagement und kriminalistischen Fachwissen identifiziert werden. Dabei mussten die Ermittler bis weit über die Grenzen der physischen und psychischen Belastbarkeit gehen. Dennoch kann der Ermittlungserfolg nicht über die zum Teil defizitären Rahmenbedingungen bei der Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden hinwegtäuschen. Bis heute ist die eigens eingerichtete "deutsch-italienische Task-Force"  dem Anspruch nach einem intensiven Informationsaustausch - auch und besonders im Mordfall Duisburg - nicht gerecht geworden", erklärte der Landesvorsitzende des BDK NRW Wilfried Albishausen heute in Düsseldorf.

Zusammenarbeit mit den italienischen Behörden - Task-Force

Die Zusammenarbeit zwischen der ermittelnden Mordkommission Duisburg und der Carabinieri in Kalabrien wird von den Ermittlern als gut beschrieben. Allerdings stellen sich immer dann Schwierigkeiten ein, wenn es um formale Rechtshilfeersuchen geht, um damit Ermittlungshandlungen in Italien auch in einem möglichen deutschen Strafprozess verwertbar zu machen. Die Ursachen liegen in den unterschiedlichen Polizeiorganisationen und den damit verbundenen langen Wegen, bis Informationen letztendlich bei den Ermittlern ankommen. Nicht hinnehmbar ist die Tatsache, dass die in den letzten Wochen und Monaten durchgeführten Festnahmen in Italien der Duisburger Kriminalpolizei erst durch die Medien bekanntgeworden sind. "Das ist mindestens Aufgabe der seit Ende letzten Jahres eingerichteten Task-Force beim Bundeskriminalamt, aber auch hier scheint die Information und Kommunikation nicht zu funktionieren. Allein die Tatsache, dass kein Vertreter der Duisburger Kriminalpolizei in dieser Task-Force vertreten ist, zeigt die vom Bund Deutscher Kriminalbeamter deutlich gemachten Zweifel an der Funktionalität eines derart "hoch" angesiedelten Gremiums. Was wir brauchen sind entsprechende Gremien auf der Arbeitsebene - eine regelmäßige Kontaktbörse der Ermittler. Wenn man sich kennt, hat man Vertrauen und muss vertrauliche Informationen nicht in einen anonymen Info-Kanal geben", sagte der BDK - Bundesvorsitzende Klaus Jansen während der Pressekonferenz in Düsseldorf.

Europäische Ermittlungskommissionen - ein Muss

Gleich zu Beginn der Ermittlungen der Mafia-Morde in Duisburg wurde angeregt, eine bilaterale Ermittlungskommission zu bilden, um die Ermittlungen in Duisburg und in San Luca koordiniert zu führen. Anders als bereits in der Zusammenarbeit mit den Niederlanden in mehreren Fällen praktiziert, kam eine deutsch-italienische Ermittlungskommission nicht zustande. Italien weigert sich bis heute, ein derartiges Abkommen zu unterzeichnen. "Während sich die italienische organisierte Kriminalität wie ein Krake über Europa ausbreitet, versuchen die italienischen Behörden das Problem der Mafia lokal in den Griff zu bekommen. Da wird der Begriff der Souveränität zum Freibrief für gefährliche Kriminelle. Ein Land, das zu den Gründern eines vereinten Europa gehört, darf sich nicht länger einer engen Zusammenarbeit in der Verbrechensbekämpfung verschließen", forderte Jansen heute in Düsseldorf.

Fehlende operative Fahndung führt zu Informationverlusten

In den letzten 10 Jahren wurden die Fahndungsdienststellen in Nordrhein-Westfalen systematisch personell abgebaut. Übrig blieb ein Rest an Kriminalistinnen und Kriminalisten, die sich fast ausschließlich mit ausländerechtlichen Bußgeld- und Straftatbeständen beschäftigen mussten. Eine operative Fahndung mit Beamtinnen und Beamten, die anlassunabhängig kriminelle Strukturen beobachten, Informationen vor Ort beschaffen, um zu einem klaren Kriminalitätslagebild zu kommen, gibt es flächendeckend in NRW nicht mehr. Ermittler fordern seit langem eine Stärkung des operativen Bereichs kriminalpolizeilicher Arbeit. "Es nutzt die beste Analyse aus polizeilichen Dateien und verdeckten Ermittlungen nichts, wenn uns aktuelle Informationen aus den unterschiedlichsten Milieus fehlen. Wir müssen wieder in unseren Städten Bescheid wissen, was an der kriminellen Basis passiert, wer und wo welchen kriminellen Geschäften nachgeht. Nur so erhalten wir auch bei der organisierten Kriminalität die nötigen Kenntnisse über Geflechte, Kontakte und Beziehungen. Kenntnisse, die wir nach Straftaten wie die Mafia Morde im August letzten Jahres erst mühsam unter erheblichem Personaleinsatz zusammentragen mussten. Es ist erschreckend, dass sich das Innenministerium bis heute zu dem Konzept einer "Operativen (Erkennenden) Fahndung" des BDK nicht geäußert hat", erklärte der BDK Landesvorsitzende Wilfried Albishausen in Düsseldorf.

Internationale Organisierte Kriminalität bekämpfen erfordert mehr Personal

Die in den letzten Jahren erfolgte Stärkung der Dienststellen zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, die nicht nur aus mafiotischen Gruppierungen besteht, erfolgte durch Umverteilung aus den Kommissariaten der Alltagskriminalität. Ein deutlicher Personalzuwachs für die Kriminalpolizei ist bis heute ausgeblieben. Mordkommissionen anlässlich der Mafia-Morde in Duisburg mit 120 Beamtinnen und Beamten - dies entspricht in etwa der Hälfte der gesamten Kripo Duisburg - entziehen zusätzlich für Wochen und Monate Kriminalistinnen und Kriminalisten ihren ursprünglichen Kommissariaten. Die Fälle der Alltagskriminalität bleiben unbearbeitet und müssen später mühsam nachgearbeitet werden. Dass dies zu Aufklärungsdefiziten führt, liegt auf der Hand.

"Angesichts der Entwicklung des gesamten Spektrums der Kriminalität und der Tatsache, dass sich kriminelle Strukturen wie die N"drangheta in Nordrhein-Westfalen entwickeln und festsetzen, fordert der BDK die Landesregierung auf, in den nächsten Jahren 2000 Kriminalisten zusätzlich den Kriminalpolizeien in NRW zuzuweisen. Ohne ein Mehr an Kriminalisten bleibt die Bekämpfung der Kriminalität "Stückwerk", die Kriminalpolizei wird zum Tischtuch, an dem alle ziehen und das doch zu kurz ist, den reich gedeckten Tisch der Kriminellen abzudecken", erklärte Albishausen abschließend in Düsseldorf.

Für Rückfragen:

Klaus Jansen, Bundesvorsitzender -  Mobil: 0177/7950441

Wilfried Albishausen, Landesvorsitzender NRW - Mobil: 0173/5437253