Landesrechnungshof will Polizeibeamte verstärkt an den Kosten der Heilfürsorge beteiligen

09.07.2008

Soll dem Personalabbau nun nach dem Willen des Rechnungshofes ein weiterer Sozialabbau in der Polizei folgen?
Landesrechnungshof will Polizeibeamte verstärkt an den Kosten der Heilfürsorge beteiligen

(Böblingen, 09.07.2008) In seiner heute veröffentlichten Denkschrift fordert der Landesrechungshof die Landesregierung auf, bei der anstehenden Dienstrechtsreform die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten zukünftig mit 10 % an ihren Krankheitskosten zu beteiligen. Der Selbstbehalt sollte 400 Euro im Jahr nicht übersteigen.

In einer umfassend dokumentierten Untersuchung stellen die Rechnungsprüfer fest, dass Baden-Württemberg grundsätzlich am System der Heilfürsorge festhalten solle, da dies für das Land günstiger wäre als ein Systemwechsel zur Beihilfe.

Der Bericht des Rechnungshofes stützt seine aktuelle Forderung nach einer Beteiligung an den Krankheitskosten augenscheinlich nur auf die Rechtslage in anderen Bundesländern.
So wird u.a. darauf hingewiesen, dass der Denkschrift des Rechnungshofes bereits aus dem Jahr 1994 damals mit Hinweis auf die Praxis beim Bund in anderen Bundesländern nicht vollständig gefolgt wurde und nunmehr - nachdem dort Änderungen erfolgt sind - auch in Baden-Württemberg eine Kostenbeteiligung zu erwägen wäre.

"Der Rechnungshof verkennt aber, dass 2004 noch unter Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) dies bereits erneut geprüft worden war." so der baden-württembergische BDK-Landesvorsitzende Manfred Klumpp.

Die Landesregierung hatte damals die Pläne auf Intervention von BDK und seiner Kooperationspartner DPolG und GdP wieder verworfen, da dargelegt wurde, dass statt der erhofften Ersparnis im Gegenteil mit Mehrausgaben für den Landeshaushalt zu rechnen war.

Hintergrund und Anlass für die politische Einsicht war ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (Az. 2 C 43.02 vom 27. November 2003), wonach die Heranziehung der heilfürsorgeberechtigten Beamten zu den Kosten der Heilfürsorge zulässig ist, wenn diese Beamten zwischen Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigung wählen können.
Damit wurde - bei einer Kostenbeteiligung zu den Heilfürsorgekosten - den Polizeibeamten auch während ihrer aktiven Dienstzeit ein Wahlrecht zwischen Heilfürsorge- und Beihilfeberechtigung eingeräumt.

Angesichts

 

  • der individuellen Kosten für die regelmäßig vorhandenen Anwartschaftsversicherungen für eine Krankenversicherung im Ruhestand,
  • die bei Familien ohnedies zu erbringende Kostendämpfungspauschale zwischen 75 und 180 Euro bei Beihilfeleistungen
  • sowie den dann zusätzlichen in der Heilfürsorge, durch eine Beteiligung an den Krankheitskosten bedingten Aufwendungen

 

war und ist der Schritt für einen Wechsel in das Beihilfesystem und einem privaten Krankenversicherer mit einem deutlich besseren Leistungsspektrum sehr klein.

Manfred Klumpp: "Aber genau dies will der Rechnungshof ausdrücklich nicht, da die Kosten für das Land bei der Heilfürsorge deutlich geringer sind, als im Beihilfesystem."

Mit Unverständnis reagieren deshalb die Kriminalisten in Baden-Württemberg, dass die Prüfer des Landesrechnungshofes diese Entwicklung ausgeklammert oder nicht erkannt haben.

"Die jetzt mit der Denkschrift erneut entfachte Diskussion ist unnötig und überflüssig. Sie verunsichert und verärgert unsere Kolleginnen und Kollegen, deren Gehaltsentwicklung schon lange mit der Inflationsrate nicht mehr Schritt halten kann und die durch den anstehenden Personalabbau mit zusätzlichen Belastungen konfrontiert werden." so Klumpp abschließend.

Der BDK bedankt sich daher ausdrücklich bei Innenminister Heribert Rech (CDU), der sich in einer unmittelbaren Reaktion für ein Festhalten an der Heilfürsorge ausgesprochen hat.

Als völlig abwegig bewertet der BDK darüber hinaus, dass nach dem Vorschlag des Rechnungshofes

 

  • die zumutbare Belastung für eine angestrebte Kostenbeteilung sowohl für einen Polizeimeister in A7 als auch für einen Beamten im höheren Dienst in A16 bei beiden gleich bei ca. 400 Euro gedeckelt werden soll und
  • gerade Familien, die ohnedies bereits eine Kostendämpfungspauschale zu entrichten haben, mit einer weiteren Variante davon doppelt belastet werden sollen.

 

Dies ist sozial unausgewogen und entspricht nicht dem Anspruch des "Kinderland Baden-Württemberg". Nach Überzeugung des BDK hier unumgängliche Nachbesserungen würden den vom Rechnungshof erhofften Einspareffekt von 2 bis 3 Millionen Euro noch weiter in Frage stellen.
 

 

Die Eigenbeteiligung schafft bei entsprechender Ausgestaltung neben dem unmittelbaren Einspareffekt ein wirtschaftliches Interesse des Beamten an einer sparsamen Inanspruchnahme der angebotenen Heilfürsorgeleistungen.

 

... angesichts der zunehmenden Gewalt gegen Polizeibeamte und den aus dem anstehenden Personalabbau resultierenden zusätzlichen psychischen und physischen Belastungen wird dieses vom Rechnungshof formulierte Ziel unter den Kriminalisten gerade zu als Hohn empfunden.

"Nicht nur die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten haben bei ihrem - so IM Rech heute - tagtäglich schweren Dienst mit zunehmender Aggression und Gewaltbereitschaft einen Anspruch auf Fürsorge des Dienstherrn, sondern auch unserer Bürgerinnen und Bürger können berechtigt erwarten, dass ihre Polizei gesundheitlich fit und voll einsatzbereit ist." resümiert Manfred Klumpp. "Wirtschaftliche Überlegungen jeder Art, die dies beeinträchtigen, sind hier fehl am Platze."

Der BDK fordert daher Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und die Landesregierung auf, diesem Spuk wieder ein schnelles Ende zu machen.

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