Manche Statistiken verwirren nur

11.05.2017

Ausgangspunkt unserer Betrachtungen sind die jüngsten Veröffentlichungen zu den erfassten Fällen politisch motivierter Hass-Kriminalität im Internet.
Manche Statistiken verwirren nur

Im Rahmen der Beantwortung einer Kleinen Anfrage im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern stellte sich heraus, dass die Zahl von Fällen so genannter politisch motivierter Hasskriminalität im Internet im Jahr 2016 bei 93 lag, während im Jahre 2015 72 solcher Taten anfielen. Bis Mitte März 2017 seien schon acht Vorfälle bekannt geworden, wobei in allen drei Jahren die Volksverhetzung im Netz überwog.

Dazu weist unsere Landesregierung in der zitierten Landtags-Drucksache 6/4753 vom Dezember 2015 „darauf hin, dass die Zahlen zu den festgestellten Straftaten bzw. eingeleiteten Ermittlungsverfahren nur einen Bruchteil des kaum zu überschauenden tatsächlichen Ausmaßes der angefragten Delikte im Internet widerspiegelt. Dies liegt begründet in der praktisch nur lückenhaften Beobachtung des Internets, der oft fehlenden Individualisierbarkeit der betroffenen Personen sowie aufgrund der Problematik nicht gestellter Strafanträge in Bezug auf Beleidigung, Verleumdung und übler Nachrede“. Als Berufsvertretung der kriminalpolizeilich Beschäftigten können wir dieser Einschätzung nur beipflichten.

Wem also nutzt eine Veröffentlichung von wenig validen Zahlen, die rein mathematisch natürlich die Herleitung eines vermeintlichen Trends ermöglichen, der sich tatsächlich aber auch als umgekehrt erweisen kann? Die Spezialisten im Landeskriminalamt warnen generell vor einer (Über-)Bewertung der amtlich erfassten Zahlen im Bereich der Internetkriminalität. Diese können sich durchaus im Rahmen mehrerer Zehnerpotenzen oberhalb dieser bekannten Fälle wiederfinden, eine genaue Prognose oder Schätzung wird tunlichst vermieden. Schließlich ist das Dunkelfeld bei dieser Deliktsgruppe anerkannt am höchsten, wie nicht zuletzt die aktuelle Dunkelfeld-Befragung im Nordosten belegte.

Daher raten wir dazu, nicht alle Zahlen- und Rechenbeispiele öffentlich zu diskutieren. Bei manchen fehlt einfach eine solide Diskussionsgrundlage.

Natürlich verharmlosen wir auch wiederum nicht die wohl zunehmende, negative Bedeutung von Persönlichkeitsverletzungen in den sozialen Medien. Hier muss die Polizei, insbesondere die Kriminalpolizei, endlich in die Lage versetzt werden, mit einer ausreichenden Zahl von Fachleuten die ausufernde Internetkriminalität zu verhüten und zu bekämpfen. Mit der bislang eingestellten, zu geringen Anzahl von äußerst kompetenten Seiteneinsteigern und den schon vorhandenen Spezialisten innerhalb unserer Landespolizei kann dieser Kampf nicht gewonnen werden, zumal den Fachleuten aus der Landespolizei eine ausreichende Fortbildung auch weiterhin verweigert wird. Wir arbeiten weiterhin nach dem unverständlichen Prinzip des polizeilichen Alles-Könners, der natürlich in Wirklichkeit für Spezialverwendungen wie in der Kripo nicht oder nur zu geringen Teilen eignet und wohl nur den Beifall der Straftäter erwarten kann.