Masterstudiengang Kriminalistik – Alle Informationen

11.03.2020

Globalisierung, Digitalisierung, Terrorismusgefahren, Hasskriminalität und immer komplexer werdende Ermittlungsverfahren stellen uns, als Polizei, vor immer größere Herausforderungen. Unsere Aufgaben und die Anforderungen, insbesondere an die kriminalpolizeiliche Ermittlungsarbeit, haben sich in den letzten Jahren deutlich und spürbar verändert. Während sich neue Ermittlungs- und Bewertungsfelder, zum Beispiel in den Bereichen der Politisch Motivierten Kriminalität oder Cybercrime auftun und auch die Rechtslage einem ständigen Wechsel unterliegt, gehen in den nächsten Jahren viele erfahrene Ermittler in den Ruhestand, so dass es dringend an qualifiziertem Nachwuchs für die Kriminalpolizei fehlt.
Masterstudiengang Kriminalistik – Alle Informationen
(C) Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg

Neben einer guten Ausrüstung der Polizei ist es daher unabdingbar, unsere Kolleginnen und Kollegen professionell aus- und fortzubilden. Das Land Brandenburg ist hierzu mit der Einführung des deutschlandweit einzigartigen Masterstudienganges Kriminalistik an der Hochschule der Polizei in Oranienburg neue Wege gegangen, um durch die Verknüpfung von akademischer Ausbildung und Berufsperspektiven professionelle Standards für die kriminalpolizeiliche Arbeit zu etablieren, weiterzuentwickeln und um die Bedeutung der Kriminalistik als Wissenschaft zu unterstreichen.  

Es folgt damit den langjährigen Forderungen des BDK nach der Einführung von spezialisierter Ausbildung für die Kriminalpolizei. Auch wenn für uns der Masterstudiengang nur ein erster Schritt sein kann, begrüßen und unterstützen wir seine Einführung vollumfänglich und ausdrücklich und möchten hier auch das große Engagement des Hochschulpräsidenten Rainer Grieger nicht unerwähnt lassen. 

In Vorbereitung des Studienbeginns im Oktober 2020 fand am 19.02.2020 an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg eine Infoveranstaltung für alle interessierten Kolleginnen und Kollegen statt, auf der die Ziele, Zugangsvoraussetzungen und Inhalte des Studiengangs vorgestellt wurden und alle wichtigen Fragen erläutert und besprochen werden konnten. Wir haben die Infos aus dieser Veranstaltung zusammengetragen, um einen kurzen Überblick über den Masterstudiengang Kriminalistik zu geben, der in enger Zusammenarbeit mit allen Leitenden Oberstaatsanwälten des Landes, dem LKA, dem BKA und der Bundespolizei entwickelt worden ist. 

Kompetenzziele:
Absolventen des Masterstudiengangs Kriminalistik sollen für die Bearbeitung von komplexen Ermittlungsverfahren in bestimmten Phänomenbereichen und für die Leitung von Ermittlungskommissionen und kriminalpolizeilichen BAO-Lagen eingesetzt werden. 

Mit dem Abschluss des Masterstudienganges wird keine Befähigung für die Laufbahn des höheren Dienstes erlangt, so dass der Masterstudiengang Kriminalistik keine Konkurrenz zum Masterabschluss an der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster-Hiltrup darstellt. 

Profil:
Es handelt sich um einen anwendungsorientierten und weiterbildenden Studiengang, der in zwei Jahren Vollzeitstudium an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg absolviert wird. Der Master wird mit 120 ECTS Punkten bewertet sein. 

Zielgruppe:
Zielgruppe des Masterstudiengangs sind Polizeibedienstete des gehobenen Dienstes, vorrangig aus der Polizei des Landes Brandenburg. Die Zulassung von Bediensteten der Polizei andere Bundesländer oder des Bundes sind aber in Einzelfällen und bei vorhandenen Kapazitäten möglich. Zudem wird aufgrund vermehrter Anfragen von Seiten der Staatsanwaltschaften im Land auch über eine Öffnung des Studienganges in Richtung Justiz nachgedacht.

Pro Jahr sind 25 Studienplätze für den Masterstudiengang Kriminalistik vorgesehen. Das Land Brandenburg kooperiert hier mit der Bundespolizei, so dass sich konkret folgende Platzverteilung ergibt:

  • 20 Studienplätze für Kolleginnen und Kollegen des Polizeipräsidiums des Landes Brandenburg
  • 3 Studienplätze für Kolleginnen und Kollegen der Bundespolizei
  • 1 Studienplatz für Kolleginnen und Kollegen der Hochschule der Polizei
  • 1 Studienplatz für Kolleginnen und Kollegen des Ministeriums des Innern und für Kommunales

Zugangsvoraussetzungen:
Der Masterstudiengang Kriminalistik setzt auf bestimmte Kenntnisse aus der kriminalpolizeilichen Arbeit auf, deshalb müssen folgende Zugangsvoraussetzungen erfüllt sein:

  • Persönliche und fachliche Eignung (Dienstliche Beurteilung von mindestens 7 Punkten)
  • erfolgreicher Abschluss eines berufsqualifizierenden Studiums für den gehobenen Polizeivollzugsdienst auf Bachelorniveau im Umfang von 180 Leistungspunkten oder eines vergleichbaren Studiums auf mindestens Bachelorniveau in wesensverwandten Wissenschaftsgebieten im In- oder Ausland 
  • mindestens drei Jahre tatsächliche Tätigkeit in unmittelbaren Zusammenhang mit kriminalpolizeilichen Aufgaben (einschlägige Berufserfahrung)
  • Sprachkompetenz in Englisch (Vorlage des Nachweises einer zertifizierten Sprachschule, der mindestens das Kompetenzniveau B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens belegt und nicht älter als zwei Jahre ist); Vorlage spätestens zum Zulassungszeitpunkt
  • Bereitschaft zur einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü1) nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG)

Als Besonderheit sind die Kolleginnen und Kollegen genannt, die zu Beginn der 90er Jahre ihren Abschluss an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bernau erlangt haben. Diese Kollegen haben seinerzeit mit dem Abschluss ihres Studiums noch keinen akademischen Grad erlangt, erfüllen aber dennoch die Zugangsvoraussetzungen und können sich somit ebenfalls für den Studiengang bewerben. Für Aufsteiger aus dem mittleren Dienst sind die Zugangsvoraussetzungen nicht gegeben. 


Studieninhalte:
Der Studiengang wird die Themen Kriminalistik, Kriminologie, Rechts-, Natur-, Sozialwissenschaften und Informationsmanagement behandeln und gliedert sich in ein Propädeutikum, die Vermittlung phänomenunabhängiger Strategien und Methoden der Kriminalitätsbekämpfung und -verhütung und die Vermittlung phänomenspezifischer Kenntnisse für ermittlungsintensive Kriminalitätsformen. 
Konkret gliedern sich die Module wie folgt:

Modul 1:Propädeutikum

  • Kennenlernen / Ankommen / Aufbau einer einheitlichen Wissensbasis / Vermittlung von Grundlagen wissenschaftlicher Arbeiten / Strukturierung von Forschungsarbeiten / Erstellung von Präsentationen 
  • Prüfung: wissenschaftliche Hausarbeit

Modul 2:Ermittlungsstrategien und -taktiken

  • Kriminalistisches Denken
  • Angewandte Logik
  • Untersuchungsprozesse
  • Vorgangsführung
  • Prüfung: Klausur mit Fallbearbeitung

Modul 3:Strategische und operative Kriminalitätsbekämpfung

  • Informationsmanagement
  • Auswertung und Analyse
  • Fallanalysen
  • Prüfung: Klausur mit Fallbearbeitung

Modul 4:Kriminaltechnik und forensische Wissenschaften

  • Kriminaltechnik
  • IT-Forensik
  • Rechtsmedizin
  • Forensische Psychologie
  • Prüfung: mündliche Prüfung - Fachgespräch

Modul 5:Verdeckte Ermittlungen und besondere Ermittlungsmethoden

  • Verdeckte Maßnahmen
  • Ermittlungsunterstützende Maßnahmen
  • Prüfung: mündliche Prüfung – Präsentation und Fachgespräch

Modul 6:Gefährdungseinschätzungen und gefahrenabwehrende Maßnahmen im kriminalpolizeilichen Kontext

  • Gefahrenabwehr
  • Gefährdungsprognosen
  • Gefährdungslagebilder
  • Prüfung; Klausur

Modul 7:Internationale Zusammenarbeit

  • Rechtshilfe
  • Interkulturelle Kompetenzen
  • Internationale Ermittlungsgruppen
  • EU-Förderpraxis
  • Prüfung: Wissenschaftliche Hausarbeit

Modul 8:Cybercrime

  • Prüfung: wissenschaftlicher Artikel und Präsentation auf Fachtagung

Modul 9:Delikte am Menschen und andere Erscheinungsformen der Schwerstkriminalität

  • Prüfung: mündliche Prüfung

Modul 10:Organisierte Kriminalität

  • Prüfung; Klausur

Modul 11:Wirtschaftskriminalität

  • Prüfung; Klausur

Modul 12:Politisch motivierte Kriminalität

  • Prüfung: wissenschaftliche Hausarbeit mit Verteidigung

Modul 13:Praxisbezogenes Forschungsprojekt

  • Prüfung: Präsentation des Forschungsvorhabens

Modul 14: Mastermodul 

  • Prüfung: schriftliche Masterarbeit und Verteidigung

Personalrechtliche Fragen:
Mit erfolgreichem Abschluss des Masterstudienganges erlangen die Absolventen Zugang zur Dienstpostenebene des gehobenen Dienstes im Verzahnungsamt A13/A14, wobei es jedoch keine Sprungbeförderungen geben wird, sondern die Absolventen alle Beförderungsämter zu durchlaufen haben. Ein Versprechen, dass die Kolleginnen und Kollegen das Statusamt auch erreichen, kann allerdings nicht gegeben werden. 
Da es sich beim Masterstudiengang um eine Fachkarriere handelt, erwirbt ein Absolvent keinen Anspruch auf eine Führungsposition. Eine Bewerbung von Kolleginnen und Kollegen, die bereits eine Führungsposition innehaben ist jedoch selbstverständlich möglich. 
Die Bewerbungsfrist für den ersten Studiengang mit Start am 01.10.2020 endet am 20.03.2020. Ein Auswahlverfahren soll bis zum Sommer 2020 abgeschlossen sein.  Es gestaltet sich wie folgt:

  • Die Bewerbung erfolgt über die personalführenden Dienststellen Bezug nehmend auf die jährlich veröffentlichte Ausschreibung
  • Prüfung der formellen Zugangskriterien durch die entsendende Dienststelle und die HPol
  • Studienerfolgseinschätzung
  • Bewertung der Studienerfolgseinschätzung, eines Fachvortrages und strukturierten Interviews des Bewerbenden durch die Auswahlkommission
  • Bildung eines Gesamtpunktwertes aus dem Votum der Auswahlkommission und der Leistungsbewertung (aktuelle Leistungsbeurteilung und Statusamt) durch Auswahlkommission

Hierbei sind die dienstliche Beurteilung mit 70% und das Votum der Auswahlkommission mit 30% gewichtet. Was die Beurteilungen angeht, so stellte der Vertreter vom Stab3 des Polizeipräsidiums während der Infoveranstaltung klar, dass die Bewerber eine anlassbezogene Beurteilung erhalten, bei der es sich aber keinesfalls um eine Sprungbeurteilung handeln darf, die nicht eindeutig nachvollziehbar ist. 
Nach Abschluss des Studiums sollen die Kolleginnen und Kollegen wieder in dem Dienstbereich verwendet werden, von dem sie zum Studium entsandt worden sind. Ein Schwerpunkt für die Verwendung der Absolventen dürfte jedoch vorrangig im LKA 100, 200 und 300 und in den Polizeidirektionen liegen. 
Trennungsgeldberechtigte Kolleginnen und Kollegen werden für die Dauer des Studiums eine Unterkunft an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg gestellt bekommen. 

Fazit:
Das Land Brandenburg setzt Maßstäbe, die es so noch in keinem anderen Bundesland gibt und betritt mit der Einführung des Masterstudiengangs Kriminalistik definitiv Neuland. 
Als Bund Deutscher Kriminalbeamter begrüßen und unterstützen wir die Einführung des Masterstudiengangs ausdrücklich, auch wenn hier in unseren Augen noch zwingend eine kriminalpolizeilich spezialisierte Bachelorausbildung vorgeschaltet werden muss. 
Der Studiengang ist der erste Grundstein für die Fachkarriere, die der Bund Deutscher Kriminalbeamter seit 30 Jahren immer wieder vehement eingefordert hat. 
Inhaltlich ist der Masterstudiengang hervorragend aufgestellt und wir sind uns sicher, dass die Kolleginnen und Kollegen, die diesen absolvieren werden, einen unglaublichen fachlichen Mehrwert in die kriminalpolizeiliche Arbeit in unserem Land einbringen werden, weshalb wir allen Interessierten dazu raten, diese einmalige Chance zu ergreifen. 
Allerdings sehen wir, als Berufsvertretung der Kriminalpolizei einige personalpolitische Punkte noch recht kritisch. Der Umstand, dass die Absolventen des Masterstudiengangs in ihre ursprünglichen Ämter zurückkehren und fortan jedes Beförderungsamt bis zum Verzahnungsamt A13 / A14 durchlaufen müssen stellt in unseren Augen keinen wirklichen Anreiz dar. 
Stellen wir uns einmal einen 30-jährigen Kriminalkommissar vor, der bereits drei Jahre im Dienst ist und im Alter von 32 Jahren den Masterstudiengang erfolgreich abschließt. Er kehrt als KK zurück in seine Dienststelle und wird zwei Jahre nach Beendigung des Masterstudiums KOK. Nehmen wir jetzt an, dass der Kollege von nun an alle fünf Jahre befördert wird, würde er mit 55 Jahren Besoldungsgruppe A14 erreichen. Hier besteht aus unserer Sicht die Gefahr von entstehender Unzufriedenheit, weshalb dringend ein höherer finanzieller Anreiz für die Kolleginnen und Kollegen erforderlich ist, die sich dazu entscheiden, sich aktiv einzubringen und einen Beitrag zur Verbesserung der kriminalpolizeilichen Arbeit in unserem Land zu leisten. 

Da es sich hier um ein bisher einmaliges Projekt handelt, liegt es natürlich in der Natur der Sache, dass noch nicht alle Fragen abschließend geklärt sein können, aber wir gehen fest davon aus, dass die Polizeiführung in unserem Land alles dafür tun wird, damit dieses bundesweit beachtete Projekt in jeder Hinsicht ein Erfolg wird.