Mehrarbeit, Überstunden und das Personalproblem

07.02.2017

Gewerkschafter folgern aus der erheblich zu hohen Zahl der Mehrarbeits- und Überstunden bei der Polizei mehr Personal, die politische Opposition sieht das genauso und das zuständige Ministerium für Inneres und Europa weist den Personalmehrbedarf zurück, soweit die „Ostsee-Zeitung“ vom 4. Februar 2017.
Mehrarbeit, Überstunden und das Personalproblem

Wie sehen die Fakten aus?

Die Landespolizei von Mecklenburg -Vorpommern schrieb bislang jährlich mehr als 200.000 Mehrarbeits- (Beamte) und Überstunden (Arbeitnehmer).Täglich fallen rund 500 Mitarbeiter wegen Krankheit aus, weitere 750 sind nicht mehr polizeidiensttauglich. Das Ministerium und der Hauptpersonalrat der Polizei haben eine Rahmendienstvereinbarung zur Arbeitszeit unterzeichnet, die zukünftig übermäßige Mehrarbeit und Überstunden verhindern soll.

Dabei erscheint uns die Argumentation unseres Ministeriums für Inneres und Europa nicht ausreichend und kaum Personal schonend. Die bisherige, zusätzliche Stundenmehrzahl wird auch von Minister Lorenz Caffier nicht bestritten, während die zahlreichen Kranken und nur noch innendiensttauglichen Kollegen in seine Argumentation nicht einfließen. Währenddessen verspricht unser Minister, dass ein „Rückbau der Mehrarbeit“ erfolgen wird und damit offenbar das Personalproblem bekämpft werden kann, zusammen mit den geplanten Neueinstellungen.

Aus den Worten des Ministers scheint uns viel – vielleicht zu viel – Hoffnung zu sprechen. Die neue Arbeitszeitvereinbarung sieht vor, die Mehrarbeit bzw. Überstunden stark einzugrenzen und nur in unabdingbaren Fällen zu genehmigen und innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiung auszugleichen. Wir warnen davor, dieses neue Instrument zu verteufeln, ehe es ab dem 1. April 2017 in die Wirkungsphase geht. Allerdings setzen wir als Vertreter der kriminalistisch Beschäftigten auch nur ein beschränktes Vertrauen in diese neue Vereinbarung.

Weshalb?

Die Anordnung von Mehrarbeit und Überstunden unterlag und unterliegt auch jetzt schon einem strengen Maßstab. Diese zusätzliche Arbeitszeit muss folglich auch aktuell erforderlich und notwendig sein. Die Arbeit in der Polizei unterliegt wiederum den gesetzlichen Vorgaben. Die notwendige Erfüllung unserer Pflichtaufgaben kann folglich nicht eingeschränkt werden. Was folgt daraus? Schicke ich Kollegen wegen einer zu hohen Stundenzahl in den Dienstausgleich, müssen andere die Aufgaben wahrnehmen. Diese bauen dann weitere Mehrarbeit oder Überstunden auf.

Vielleicht lässt die neue Vereinbarung zur Arbeitszeit die gerechtere Verteilung von Zusatzstunden zu. Als Garant für den „Rückbau der Mehrarbeit“ muss sie sich erst beweisen. Als Berufsvertretung geben wir ihr eine Chance, sich zu beweisen. Doch selbst für den Fall eines erfolgreichen Abbaus der geleisteten Stunden wird damit das bestehende Personalproblem nicht gelöst!

Die offiziellen Mehrarbeits- und Überstunden entsprechen, wie die „Ostsee-Zeitung“ sicherlich zutreffend vorrechnet, weit mehr als 100 Beamtenplanstellen. Selbst wenn die von der Regierungskoalition genehmigten zusätzlichen 150 Stellen – nach der Ausbildung dieser neuen Kollegen – zum Tragen kommen, ersetzen sie nicht einmal die täglich fehlenden 500 kranken Mitarbeiter. Und vergessen wir nicht jene verdienten, leider aber nicht mehr polizeivollzugstauglichen 750 Beamten, die, wenn überhaupt, nur bedingt zusätzliche Dienstzeit aufbringen dürfen.

Nach unserer Auffassung hinkt die Meinung des Ministeriums gewaltig und erklärt die bestehenden Personalprobleme nicht genügend. Es ist längst Zeit für eine finanziell völlig unabhängige und am tatsächlichen Bedarf einer Landespolizei ausgerichtete Bewertung des Personals unserer Polizei. Und dabei wollen wir nicht vergessen, dass die immer wieder genannten 5.800 Stellen alle Polizeivollzugsbeamten, Verwaltungsbeamten und Arbeitnehmer einschließen, die alle wichtige Funktionen im Getriebe unserer Polizei erfüllen und bis auf wenige Ausnahmen vermutlich auch notwendig und erforderlich sind.

Wir sehen die rot-schwarze Regierungskoalition am Zug. Wie bisher geht es sicher nicht mehr weiter. Wir wünschen intelligente und zielführende Lösungen beim Personaleinsatz unserer Landespolizei und keine Wirtschaftlichkeitsberechnungen oder mathematischen Vorgaben mit zu vielen vergessenen Variablen.

Wir sollten einfach einmal darüber reden. Der BDK ist dazu gerne bereit, wie auch sicher die anderen gewerkschaftlichen Vertreter der Polizei.

 

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