Neuorganisation der Dienstzeit in den Revierkriminaldiensten der Polizeiinspektion Magdeburg

01.08.2019

Am 10.07.2019 verfügte die Führung der Polizeiinspektion Magdeburg die Neuorganisation der Kriminalitätsbekämpfung außerhalb der Regeldienstzeit in den Revierkriminaldiensten (RKD) der Polizeireviere. Dabei stellten die Verantwortlichen darauf ab, dass Strafverfolgung und Gefahrenabwehr die gemäß dem gesetzlichen Auftrag Aufgaben der Landespolizei sind, permanent, also 24 Stunden sieben Tage die Woche, zu gewährleisten sind! Daraus folgert die Führung der Polizeiinspektion das zwingende Erfordernis, dass die Polizeireviere an jedem Tag in der Woche in der Lage sind, neben den gefahrabwehrrechtlichen auch alle erforderlichen strafprozessualen Maßnahmen im Rahmen ihrer sachlichen und örtlichen Zuständigkeit unverzüglich einzuleiten bzw. durchzuführen.
Neuorganisation der Dienstzeit in den Revierkriminaldiensten der Polizeiinspektion Magdeburg

Im Weiteren werden verschiedenen Festlegungen getroffen die in den Polizeirevieren zu realisieren sind. So soll unter anderem

  • Montag bis Freitag in der Zeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr ein kriminalpolizeilicher Bedarfsdienst eingerichtet werden
  • und ein kriminalpolizeilicher Bedarfsdienst samstags, sonntags und feiertags.

Ausdrücklich unterliegen Änderungen der Arbeitszeit der gesetzlichen Mitbestimmung durch die Personalräte. § 65 Landespersonalvertretungsgesetz Sachsen-Anhalt (PersVG LSA) regelt die Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten und im Absatz (1) Nr.1:  Der Personalrat bestimmt, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mit:  Dauer, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen.

Maßnahmen, die der Mitbestimmung des Personalrates unterliegen, bedürfen seiner Zustimmung. Das hat auch einen Grund, Dienststelle und Personalrat arbeiten in den durch dieses Gesetz geregelten Angelegenheiten vertrauensvoll und unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge zum Wohle der Beschäftigten und der Dienststelle und zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zusammen.

Die zuständigen Personalräte sind hier in der Pflicht!

Sonn- und gesetzliche Feiertage sind gesetzlich geschützt. „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt“ (Art. 140 Grundgesetz). Dennoch dürfen Arbeitnehmer entgegen der Regel an Sonn- und Feiertagen beschäftigt werden, wenn die Arbeit nicht an Werktagen vorgenommen werden kann (§ 10 ArbZG).

Die Behördenleitung der Polizeiinspektion Magdeburg hat nun festgestellt: „ … Aufgaben der Landespolizei permanent, also 24 Stunden sieben Tage die Woche zu gewährleisten,… bedarf insbesondere der kriminalpolizeilichen Fachkompetenz der Mitarbeiter des Revierkriminaldienstes. Dieses Erfordernis bildet sich bislang im Hinblick auf die temporäre Komponente in den jeweiligen Ablauforganisationen nur unzureichend ab und bedarf daher einer sofortigen Anpassung.“

Dem ist entgegenzuhalten, in den RKD der Landespolizei werden ca. 80 % der angezeigten Straftaten bearbeitet.  Dies leisten Kollegen die schon über viele, sehr viele, Jahre hinweg ihre Aufgaben in der Landespolizei ordentlich erfüllt haben und sich dennoch – mit Fug und Recht – eine „verarschte“ Polizeigeneration nennen könnten. Die herrschenden Rahmenbedingungen für sie sind: längere Lebensarbeitszeit, realer Einkommensverlust (Streichung Urlaubs- und Weihnachtsgeld), schlechte Beförderungssituation, katastrophale Liegenschaften, anhaltend hohe Kriminalitätsbelastung bei sinkendem Personal, höhere Anforderungen bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren, erheblich mehr Ermittlungsverfahren pro Sachbearbeiter als je zuvor in der Geschichte der Landespolizei und eine Behördenleitung die offensichtlich der Meinung ist: die kriminalpolizeilichen Fachkompetenz der Mitarbeiter des Revierkriminaldienstes sei unzureichend in der Aufbauorganisation abgebildet!

Damit wir nicht falsch verstanden werden: Die Aufgaben der Landespolizei permanent, also 24 Stunden sieben Tage die Woche zu gewährleisten, ist eine Aufgabe, der sich jeder Beamte stellen muss. Sie darf aber nicht auf dem Rücken der Kollegen realisiert werden deren Arbeitspensum eh schon „Oberkante Unterlippe“ ist.

Die Lösung des Problems – das von der Behördenleitung richtig erkannt wurde (…und im Übrigen schon seit  Jahren in den Veröffentlichungen des BDK nachzulesen ist!) ist nicht eine zusätzliche Belastung der RKD Beamten, sondern eine Verstärkung des Kriminaldauerdienstes (KDD)!

Jeder Bereich in einer Organisation hat seine Aufgabe und die eingeforderte permanente, also 24 Stunden sieben Tage die Woche bereitgehaltene kriminalistische Kompetenz, ist offensichtlich die des KDD, der sich in erster Linie auf den Auswertungsangriff im Rahmen der Ermittlungsunterstützung der originär zuständigen Fachkommissariate und der Revierkriminaldienste konzentriert.

Darüber hinausgehende, im Einzelfall erforderliche kriminalistische Arbeit kann und muss durch Bereitschaftsdienste der Fachkommissariate und der Revierkriminaldienste geleistet werden. Eine Verschiebung der Arbeitszeit zum Wochenende verstößt gegen den Grundsatz des Grundgesetzes, dass Arbeit am Wochenende nur geleistet werden darf, wenn die Arbeit nicht an Werktagen vorgenommen werden kann.

Tatsächlich sprechen wir nämlich von zwei unterschiedlichen Aufgaben:

  1. Die Bearbeitung von Sachverhalten, die durchaus an Wochentagen in der Regeldienstzeit erfolgen kann und
  2. der Abarbeitung von Kriminalitätslagen im Bereich des Auswertungsangriff und der ersten kriminalpolizeilichen Sofortmaßnahmen.

Bei verschiedenen Gesprächen mit Behördenleitern und Vertretern des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt wurde unseren BDK Mitgliedern immer wieder versichert, dass es dem Führungspersonal der Polizei durchaus bewusst ist, dass in schwierigen Zeiten besonderes Augenmerk auf das Wohl des Personals, wie es auf Neudeutsch heißt:  Work-Life-Balance, gelegt wird. Vorliegende Entscheidungen bestätigen dies nicht!

Wir fordern die Behördenleitung der Polizeiinspektion Magdeburg und die zuständigen Personalräte auf in einen konstruktiven Dialog zu treten und zum Wohle der Kollegen bei der Aufteilung der anfallenden Arbeiten zu bedenken, dass wir die Kolleginnen und Kollegen, die schon über Jahre hin die Sicherheitsprobleme der Kriminalpolizei „abgewettert“ haben nicht zusätzlich belasten sondern ihnen – mit einer intelligenten Aufbauorganisation und dabei insbesondere einem starken KDD – Entlastung verschaffen!