„Öffentliche Sicherheit“ in Berlin im Lichte des Koalitionsvertrags von SPD, GRÜNE und LINKE

30.11.2021

Der BDK nimmt zu ausgewählten Aspekten des am 29.11.2021 im Internet veröffentlichten Vertragstexts Stellung:
Kriminalpolizei

Keine Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage
Zum Thema Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage findet sich, anders als bei den Koalitionspartnern auf Bundesebene, die diese ausdrücklich als „Wertschätzung“ für die Bundesbeamten wiedereinführen wollen, nichts. 

„Mehr Polizei!“, aber wie?
Immerhin – die zukünftige Koalition will „mehr Personal bei der Polizei und den Strafverfolgungsbehörden im Rahmen des geplanten Stellenaufwuchses einstellen.“ Mehr im Rahmen des geplanten – eine bemerkenswerte Formulierung. Eine konkrete Zahl wird im Vertrag nicht genannt.

Kinderbetreuung und nur teilweise Gebäudesanierung
Begrüßenswert ist die Absicht, Kinderbetreuung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schichtdienst anzubieten. Ebenso erfreulich ist, dass die zukünftigen Koalitionäre „vor allem die Instandsetzung oder Sanierung von sanitären Einrichtungen finanziell absichern“ wollen. Der Sanierungsstau in den teilweise desolaten Polizeiliegenschaften ist jedoch gewaltig und geht weit über die Klos hinaus.

Schiessstandaffäre – weitere Entschädigungen?
Zur Schießstandaffäre sichert der Vertragstext „eine weitere Entschädigung der von gesundheitlichen Belastungen Betroffenen aus den früheren Schießständen“ zu. Dieses Bekenntnis ist wichtig. Das Thema wurde und wird maßgeblich vom BDK im Interesse der Betroffenen vorangetrieben.

Der zentrale Objektschutz wird verbessert.“
Dies ist eine alles offenlassende Ankündigung. Der BDK fordert seit langem eine kritische Betrachtung der bestehenden Konzepte. Insbesondere ist es nicht vermittelbar, dass Sachbearbeiter aus der Kriminalpolizei unter Vernachlässigung ihrer eigenen, für die Kriminalitätsbekämpfung unerlässlichen Aufgaben zu Objektschutzstreifen herangezogen werden. 

„Planungen für das Kriminaltechnische Institut (KTI) vorantreiben“
Dass die zukünftige Koalition dies will, ist positiv. Wir gehen davon aus, dass damit die Errichtung eines dringend benötigten, geeigneten Neubaus gemeint ist – ein Thema, welches der BDK bereits in der vergangenen Legislaturperiode immer wieder angesprochen hat.

Verbesserte Auswertung beschlagnahmter Massendaten
Die zukünftige Koalition will zur Kriminalitätsbekämpfung „auf eine verbesserte Auswertung beschlagnahmter Massendaten“ und „eine angemessene Personalausstattung und Ausstattung mit Informations- und Kommunikationstechnik“ setzen. Hierfür braucht es zusätzlich qualifiziertes Personal und gezielte Finanzspritzen. Das Verständnis dazu muss bei allen Leitungen und Verantwortlichen aller Organisationseinheiten der Polizei vorhanden sein!

Vorbehalte und Misstrauen
Im Vertrag klingt an der einen oder anderen Stelle ein erstaunliches Misstrauen gegenüber der Polizei an – bis hin zu dem indirekt formulierten, pauschalen Vorwurf, die Polizei würde Personenkontrollen unter rassistischen Gesichtspunkten durchführen: „Personenkontrollen dürfen nur am Verhalten und nicht am äußeren Erscheinungsbild von Personen anknüpfen. Daher werden wir das Verbot von racial profiling im Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG) verankern.“  Wer so etwas formuliert, erweckt den Eindruck, als ob dies bislang erlaubt wäre. Die Beschäftigten der Polizei Berlin können darüber nur den Kopf schütteln.

Abschiebungshaft abschaffen?
Völlig an den Sicherheitsbedürfnissen der Hauptstadt geht die Koalition mit ihrer Haltung zum Thema Abschiebungshaft vorbei: „Die Koalition hält Abschiebehaft und gewahrsam sowie Flughafenverfahren grundsätzlich für unangemessen, nutzt sie nicht und wird sich im Bund für deren Abschaffung einsetzen.“ [sic!] Der BDK hält dagegen die Wiedereinrichtung einer Berliner Abschiebungshafteinrichtung für notwendig, um in den gesetzlich vorgesehenen Fällen insbesondere die Rückführung ausreisepflichtiger Straftäter auch tatsächlich gewährleisten zu können.

Keine Differenzierung in der Anwendung des Ausländerrechts
Insgesamt fehlt dem Komplex des Ausländerrechts jedwede Differenzierung zwischen an einem rechtschaffenden Leben in Deutschland ausgerichteten ausländischen Mitbürgern und solchen, die durch die Begehung von teils schwersten Straftaten den Rechtsfrieden stören. Zu letzteren ist jedenfalls aufenthaltsrechtlich im vorliegenden Vertrag nichts zu finden.

Ausgeblendet werden auch periodische Armutsmigranten aus Moldawien und anderen Ländern, denen in Berlin nach wie vor besondere Anreize zur Asylantragstellung gesetzt werden, ohne dass diese eine Anerkennungsperspektive hätten, so dass sich hier über Jahre ein Kreislauf aus Einreise und Rückführung gebildet hat, was zu Lasten des Systems und der tatsächlich Bleibeberechtigten geht.


Der geschäftsführende Landesvorstand, 30.11.2021

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