20. November 2025 Personalversammlung der Polizei Hamburg im Congress Center Hamburg
26.11.2025
"Sehr geehrter Herr Innensenator,
sehr geehrter Herr Staatsrat,
sehr geehrter Herr Polizeipräsident,
sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Polizeiführung,
liebe Kollegeninnen und Kollegen,
die Beförderungen der Dienstgrade A7 bis A11 werden also verschoben!
Echt jetzt? Was ist das für eine riesige Gemeinheit!
Da bleiben uns die in den Senat gewählten Vertreterinnen und Vertreter unserer Dienstherrin seit über einem Jahrzehnt eine amtsangemessene Alimentation schuldig und jetzt, jetzt werden auch noch die kleinen Dienstgrade doppelt bestraft. Beförderungsmöglichkeiten, die das Leben in dieser Stadt der Millionäre und Milliardäre etwas bezahlbarer machen, werden verschoben und wer weiß schon, vielleicht sogar ganz ausgesetzt. Mich würde es jedenfalls nicht wundern. Es muss ja auch noch das ein oder andere Prestigegebäude in der Hafencity geplant, fertiggestellt und gebaut werden. Waren es nicht die, um das Zehnfache gestiegenen Baukosten der Elbphilharmonie, die uns einst das Weihnachtsgeld gekostet haben? Aber vielleicht springen bei entsprechenden Hybris-Projekten unserer Politikerinnen und Politiker irgendwann einmal verbilligte Museums- und/oder Opernkarten für uns Polizeibeschäftigte heraus. La Travita statt bezahlbarer Mieten! Unfassbar!
Dabei hat Finanzsenator Andreas Dressel erst vor zwei Wochen gegenüber dem BDK in zuckersüßestem Politikersprech zu den Sparplänen der Polizei erklärt, dass es sich hierbei gar nicht um Kürzungen handelt. Es seien vielmehr „Wünsche für Nachbewilligungen“, die nur nicht mehr in Gänze berücksichtigt werden könnten. Es gäbe halt nur weniger „Mehr“ oben drauf.
Bleibt man in der Logik des Finanzsenators fallen also die Beförderungsmöglichkeiten kleinerer Dienstgrade unter die Rubrik „Wünsche für Nachbewilligungen“, die jetzt leider nicht mehr berücksichtigt werden können. Bleibt dann die Gegenfrage: Welche „Wünsche“ denn stattdessen Berücksichtigung finden?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei dem uns jeden Tag vor Auge geführten Zustand dieser Mangelverwaltung, die sich „Polizei Hamburg“ nennt, war mir nicht bewusst, dass wir hier überhaupt noch im Wünsch-Dir-Was-Modus arbeiten. Vielmehr lässt sich doch aus den heute hier vorgetragenen Mängeln schließen, dass wir uns tatsächlich in einem strukturellen und dauerhaften Überlebenskampf-Modus befinden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, was macht der menschliche Körper, wenn er in eiskaltes Wasser fällt und nicht rechtzeitig herausgefischt wird? Richtig! Er schaltet in ebenso einen Überlebenskampf-Modus um.
Bei Erfrierungstod sterben zuerst die Extremitäten ab, weil sie am weitesten vom Körperzentrum entfernt sind und das Blut sich in die Körpermitte zurückzieht, um die lebenswichtigen Organe zu schützen. Stellt sich daraus die Frage, welchen Extremitäten der Polizei Hamburg zugunsten welcher lebenswichtiger Organe der Polizei Hamburg das Blut entzogen werden muss?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie lief es denn in den letzten Jahren? Die Polizei Hamburg wurde immer wieder mit all ihren strukturellen Finanzierungsdefiziten aus dem Rettungsboot ins eiskalte Wasser gestoßen, drohte zu erfrieren und wurde - immer kurz vorm Erfrierungstod - durch Haushaltsnachträge ins Rettungsboot zurückgezogen, um dann kurze Zeit später wieder ins Wasser geworfen zu werden. Die strukturellen Finanzierungsdefizite waren allen bekannt, wurden aber nie verstetigt angepasst. Auf das Rettungsboot in letzter Sekunde war immer Verlass. Bis jetzt!
Herr Senator oder besser liebe Polizeiführung, der Finanzsenator hat Ihnen den schwarzen Peter zugeschoben. Es liegt also an Ihnen zu entscheiden, welche „Wünsche an Nachbewilligungen“ berücksichtigt werden und welche nicht.
Auf welche weiteren „Wünsch-Dir-Was-Goodies“ werden wir neben den Beförderungen kleinerer Dienstgrade denn noch verzichten müssen? Etwa auf eine seit langem zugesagte Einsatzkleidung für die Kriminalpolizei?
Etwas auf was wir auf keinen Fall verzichten können: Finger weg von den Tarifbeschäftigten im LKA, die ich in ihrer Vielzahl, Spezialisierung und Großartigkeit hier nicht aufzählen kann, ohne die aber schon lange nichts mehr gehen würde!
Herr Innensenator, liebe Polizeiführung, jetzt kommen wir mal vom „Wünsch-Dir-was-Modus“ in den „Realitäts-Modus“: Sadistische Pädokriminalität, Auftragsmorde, Crime-As-Service begangen von Jugendlichen und Heranwachsenden, steigende Fallzahlen bei Vergewaltigungen, gewalttätige Auseinandersetzungen und Schießereien im Rocker- und Rauschgiftmilieu, unkontrollierbare und immer dreister handelnde Drogentaxisyndikate, gigantische Rauschgiftmengen, Spionage- und Sabotageangriffe, Millionenbetrügereien, Beziehungsgewalt und Femizide, Geldwäsche und kaum zu managende Gefahrensachverhalte – Die begrüßenswerte Professionalisierung der Hamburger Kriminalpolizei wird konsequent begleitet von einem Zuwachs an Aufgaben und Herausforderungen. Ein paar neu geschaffene Personalstellen wirken da stets wie der Tropfen auf den heißen Stein.
Für die von ihr zu leistenden Aufgaben fehlt es der Hamburger Kriminalpolizei an allen Ecken und Kanten an Personal und einer tauglicheren Ausstattung.
Die Folgen sind gravierend: Der Hamburger Kriminalpolizei gelingt es immer weniger Straftaten zu verhindern und noch viel bedenklicher, sie scheitert zunehmend an ihrer Kernkompetenz: Straftaten aufzuklären.
Unter diesen Umständen fehlt es dem BDK an jeglicher Fantasie, auf welche „Wünsche für Nachbewilligungen“ – bei der Kriminalpolizei denn noch verzichtet werden könnte.
Tatsächlich hat die Polizeiführung die Bedürfnisse der Kriminalpolizei über viele Jahre vernachlässigt, was sich an Arbeitshalden jeglicher Couleur und der tatsächlichen Kriminalitätsbelastung in der Stadt ablesen lässt. Die übliche PKS-Show-Interpretationen für die Öffentlichkeit können wir uns in diesem Rahmen Gott sei Dank ja sparen.
Die Kriminalpolizei ist in ihrem Dauer-Überlebenskampf-Modus - um das Bild von vorhin zu bewegen - schon immer viel zu spät aus dem eiskalten Wasser ins Rettungsboot zurückgezogen worden, was regelmäßig zum Verlust weiterer Extremitäten geführt hat. Als gutes Beispiel dient hier das mickrige Überbleibsel, der einst von unserem großartigen Kollegen Wolfgang Sielaff aufgebauten OK-Abteilung. Die erste ihrer Art in der Bundesrepublik Deutschland!
Herr Senator, Sie wollen Gefahrensachverhalte verhindern, Sie wollen keinen Hass und Hetze im Internet, Sie wollen nicht noch mehr Schießereien im Rocker- und Rauschgiftmilieu, Sie wollen keine weiteren Auftragsmorde, Sie wollen Spionage und hybriden Bedrohungen verhindern, Sie wollen Sexualstraftäter und pädokriminelle Sadisten wie in dem Fall „White Tiger“ verfolgt wissen, Sie wollen das Femizide abgewendet werden und Sie wollen keine Betrüger, die die Stadt und Ihre Bürger um Multimillionen schädigen.
Wenn Sie dieses alles wollen, dann erfüllen Sie die „Nachbewilligungswünsche“ des Landeskriminalamtes. Stellen Sie der Kriminalpolizei ausreichend Personal zur Verfügung, geben Sie uns eine tauglichere Arbeitsausstattung und sorgen Sie und ihre Senatskolleginnen und Kollegen für eine verfassungsgemäße Alimentation, wie Sie durch die gestrige Entscheidung vom Bundesverfassungsgericht für die Bundeshauptstadt bestätigt wurde. Und vor allem: Sorgen Sie für Beförderungen der unteren Dienstgrade A7 bis A11!"