Polizeiliche Kriminalstatistik 2022 – Mehr Schein als Sein

09.02.2023

Riesige Vorgangshalden trotz langfristig sinkender Fallzahlen?! Alle Jahre wieder muss die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für unterschiedlichste Interpretationskünste herhalten. Zur Aussagekraft der PKS ist seitens des Bund Deutscher Kriminalbeamter seit vielen Jahren alles gesagt. Die aktuell steigenden Fallzahlen nach den bekannten Corona-Effekten überraschen niemanden. Positive Veränderungen werden der erfolgreichen Polizeiarbeit zugeschrieben, negative dagegen gerne auf nicht beeinflussbare äußere Faktoren oder Änderungen in der Erfassung geschoben.
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Tatsächlich verlagern sich seit Jahren Straftaten massiv ins Internet. Wie praktisch ist es da für die Verantwortlichen, dass z.B. tausende mit und über das Tatmittel Internet begangene Delikte, z.B. Betrugsfälle wie die sog. „EUROPOL-Anrufe“, keinen Eingang in die PKS finden, weil sich nicht feststellen lässt, von welchem physischen Ort aus die Täter gehandelt haben. Sicherlich werden durch diesen „Trick“ viele tausende Vorgänge in der PKS nicht veröffentlicht!

Auch umfangreichste OK-Verfahren finden naturgemäß keinen signifikanten Eingang in die PKS. Aufgrund der aktuellen Lage im Bereich der Rauschgiftkriminalität sind seit Wochen dutzende Ermittlerinnen und Ermittler im Einsatz, ohne dass dies großen Widerhall in der nächsten PKS-Pressekonferenz finden wird.

Bei der geringen Aussagekraft der PKS sollte endlich auch hier einmal die Kosten-Nutzen-Frage seriös diskutiert werden. Tausende von Arbeitsstunden werden durch die händische Eingabe in eine wenig aussagekräftige Statistik gesteckt! Der BDK fordert seit Jahren eine automatisierte Erfassung der bereits in anderen Systemen vorhandenen Daten, um die Zeit für echte Ermittlungsarbeit nutzen zu können. Die Hoffnung für die Automatisierung liegt jetzt in der Einführung von @rtus.

Die große Frage bleibt aber, wie es bei vermeintlich sinkenden Fallzahlen dauerhaft zu Vorgangshalden bzw. Rückstellungen kommen kann. Wieso bedarf es jetzt startender Crash-Tage im LKA 1, um zumindest einige der mittlerweile über 10.000 auf Halde liegender Vorgänge abzuarbeiten?

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesverband Hamburg, fordert deshalb, sich nicht von sinkenden Fallzahlen der PKS blenden zu lassen, sondern die seit langem bestehenden strukturellen Defizite bei der Hamburger Kriminalpolizei anzugehen. Neben einer „tatsächlichen“ Partizipation am Stellenzuwachs im Rahmen der Einstellungsoffensive (EO300+) ist insbesondere die Entwicklung eines nachhaltigen Gesamtkonzepts mit einem tragfähigen Personalkonzept erforderlich. Und für die Kolleginnen und Kollegen im MuK-Bereich ist die Schaffung des Berufsbildes der Kriminalassistenz überfällig und unumgänglich!

Zahlschrankenfreie Reaktionen zur Veröffentlichung der Polizeilichen Kriminalstatistik des Jahres 2022 in Hamburg:

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