Polizei=Unternehmen - Am Beispiel der Fortbildung der Angehörigen der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern

22.08.2013

Kann sich ein gesundes, am Mitarbeiter, am Markt, der Effektivität, der Zukunft orientiertes Unternehmen eine Fortbildung - wie sie vergleichsweise für die Angehörigen der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommerns angeboten wird - leisten?
Polizei=Unternehmen - Am Beispiel der Fortbildung der Angehörigen der Landespolizei Mecklenburg-Vorpommern
Bild: lektoren.info

Deutsche Unternehmen suchen fachlich sehr gut ausgebildete Mitarbeiter. Und wenn es sie nicht in Deutschland gibt, werden sie im Ausland eingeworben.
Unternehmen, die sich in Landesteilen ansiedeln, in denen sie noch nicht vertreten sind, suchen über Einstellungsfirmen (freier Markt oder Jobcenter) neue Mitarbeiter aus. Diese müssen von ihrer Ausbildung her in die Branche passen. Fachlich fortgebildet werden diese dann an anderen Standorten oder in firmeneigenen Fortbildungseinrichtungen, entsprechend den zu besetzenden unterschiedlichen Arbeitsplätzen oder Aufgabenbereichen. Erweitern oder ändern sich Aufgabenbereiche oder gibt es eventuell neue Entwicklungen oder andere innerbetriebliche Innovationen, scheuen sich die betroffenen Unternehmen nicht, neben internen auch externe Ausbilder oder Einrichtungen mit der Fortbildung der eigenen Mitarbeiter zu betrauen. Die unternehmerische Verantwortung und das Risiko dafür trägt das mittlere oder obere Management.

Wie ist es in dem Unternehmen Polizei?

Nach einer polizeilichen Generalisten-Ausbildung kommen die so ausgebildeten Polizisten in die speziellen Bereiche der sie übernehmenden Behörden. Nach einer Zeit der Orientierung bewerben sie sich oder werden abgeordnet bzw.  versetzt in die unterschiedlichen Bereiche der behördlichen Einsatzgebiete. Um die humanen Ressourcen effektiv einsetzen zu können, müsste hier schon höchstmögliche Transparenz Einzug halten, u.a. zu den Fragen, was wird wann wo gebraucht, welche Anforderungen werden gestellt u.a.m.

Wie läuft es aber im Großen und Ganzen mit der entsprechenden Fortbildung der Kollegen unserer Landespolizei?

Zurzeit gibt es überwiegend eine angebotsorientierte Fortbildung, nach dem Motto, schau mal in meinen Katalog und suche Dir etwas aus, was du meinst gebrauchen zu können oder was dir Spaß macht.
So läuft es schon seit über 10 Jahren.
Es gibt aber auch kurzfristig bekannt gewordene Bedarfe, die dann vereinzelt unter dem Begriff „Ungeplante Fortbildung“  Maßnahmen ermöglichen, die unaufschiebbar sind und dringlich gebraucht werden. Diese müssen über ein Antragsprozedere angeschoben werden.  Diese Art der Fortbildung  kann schon als Bestandteil einer  bedarfsorientierten Fortbildung bezeichnet werden. 

Gut wäre es, wenn man beginnen würde, sich am zurzeit besetzten Dienstposten zu orientieren. Hier muss analysiert werden, was sind die Aufgaben und Pflichten und was benötigt der Kollege, um das zu machen, was er mit hoher Effektivität und guter Qualität erfüllen soll. Dann muss geschaut werden, wo gibt es dafür ein Fortbildungsangebot.
Dies kann aber nur ein kurzer Zwischenschritt sein.

Zielführender ist es zu prüfen, was ist in der Vergangenheit passiert und wird in Zukunft vorkommen in meinem Bereich, dem Polizeipräsidium oder der (Kriminal-)Polizeiinspektion. Dafür könnte die Polizeiliche Kriminalstatistik genutzt werden oder viel besser noch eine Eingangsstatistik unter der Berücksichtigung und Beachtung des Verkehrsgeschehens,  von Veranstaltungen und ihrem Verlauf, der Bevölkerungsdichte, der Unterscheidung zwischen ländlichem oder städtischem Bereich, Grenznähe u.a. oder Erkenntnisse anderer Behörden. Dann ist die Situation der Dienststelle zu betrachten. Über wie viele Mitarbeiter verfüge ich und was bringen diese an intellektuellen Ressourcen mit (Schulbildung, Berufsausbildung, Studium, polizeiliche Aus- und Fortbildung, Berufserfahrung u.a.)? Es folgt die Frage, was will der Dienststellenleiter mit seinen Mitarbeitern bevorzugt an Aufgaben bewältigen und auf welcher strukturellen Basis. Wer besetzt bisher welchen Dienstposten, wie ist die Qualität der bisherigen Arbeit einzuschätzen (Beurteilungswesen). Wie soll derjenige sein, den ich zur Bewältigung der Lage in Zukunft auf welchen Dienstposten setze und was braucht dieser Mitarbeiter dafür an Aus- und Fortbildung, unter Berücksichtigung der vorhandenen intellektuellen Ressourcen.

Zu prüfen ist nunmehr, ob dafür Fortbildungsveranstaltungen an unserer Fachhochschule in Güstrow, im Nordverbund, beim Bundeskriminalamt bzw. anderen internen oder externen Bildungsträgern angeboten werden. Ist dies nicht der Fall, müssen über die Behördenleiter als Mitglieder des Bildungsbeirates neue Fortbildungsangebote kreiert werden. Das alles verlangt eine hohe Flexibilität auf der Grundlage einer ständigen Analyse bzw. strategischen Auswertung für die ministerielle Bürokratie und den polizeilichen Führungsgremien als Entscheidungshilfe für die Politik. Ganz besonders wichtig ist dabei Transparenz gegenüber den Mitarbeitern.

Auf dieser Grundlage kann ein Personalentwicklungskonzept für einen geplanten Zeitraum verarbeitet werden. Mit diesem Konzept an der Hand kann dann mit allen Kollegen in ein Gespräch zur Fortbildungsplanung gegangen werden. Auch hier müssen natürlich Transparenz und Konsequenz herrschen, es darf nicht – wie leider häufig – nach persönlicher Sympathie oder Antipathie gehandelt werden sondern ausschließlich nach fachlicher Eignung und sozialer Kompetenz. Das gebietet schon das  Beamtenrecht, wonach jeder Beamte nach seinen Fähigkeiten und Fertigkeiten eingesetzt werden soll.

Das Management des Unternehmens Polizei ist hier dringend gefordert. Es sollten eine Analyse und Auswertung des Ist-Zustandes (was hat die Polizei wie gut in den vergangenen, sagen wir mal zehn Jahren, mit welchem Personalbestand gemacht), und Bewertung des Soll-Zustandes (welche Aufgaben muss die Polizei in den nächsten, sagen wir mal zehn bis 15 Jahren bewältigen, mit welchem Personal) erfolgen. Anschließend müssten die konkreten Dienstposten beschrieben und untersucht werden, welche Voraussetzungen der jeweilige Mitarbeiter schon mitbringt und was er noch an Weiterbildungsmaßnahmen, damit er die an ihn gestellten Anforderungen in seinem Verantwortungsbereich bestmöglich lösen kann. Das ist sicherlich ein enormer Aufwand, muss aber für alle aktiven Beamten und Tarifbeschäftigten nur einmal erhoben, dann mit den objektiven vorhandenen, zukünftigen Bedarfen abgeglichen und für die in Ausbildung befindlichen Mitarbeiter berücksichtigt werden.

Die Behördenleiter haben dann neben anderen eine Argumentationshilfe, um bei den jeweiligen Tagungen (u.a. Bildungsbeirat) fachlich motiviert, neue und innovative Fortbildungsveranstaltungen  bzw.  –möglichkeiten für ihre Mitarbeiter konzipieren zu lassen oder vorzuschlagen. Hintergrund ist der effektivste Einsatz aller Ressourcen, der finanziellen, materiellen und der personellen.

Ein letzter guter Zeitpunkt für eine solche Analyse, Auswertung oder Bewertung der Lage und damit die Nennung von Bedarfen, mit daraus folgenden Konsequenzen, war die Polizeistrukturreform 2010. Hier hätten die Behörden sagen können, wie der augenblickliche Stand ist, was gewünscht wird und dann, was gebraucht wird.
Was in einem Unternehmen der Wirtschaft möglich ist, sollte in dem Unternehmen Polizei erst recht möglich sein.
Den größten Nutzen hat der Bürger, denn für ihn ist die Polizei da und nur für ihn.

Frank Böhme