Polizeiliche Kriminalstatistik und Schwarzfahrer

29.01.2014

Eigentlich wollten wir uns als Berufsverband der Beschäftigten kriminalistischer Tätigkeiten gar nicht zu der in der Landeshauptstadt Schwerin heiß diskutierten Problematik „Schwarzfahrt-Thema bewegt die Leser“ äußern.
Polizeiliche Kriminalstatistik und Schwarzfahrer

Die Emotionen schlugen hohe Wellen, das Vorgehen der Polizei und das Verhalten der Kontrolleure des städtischen Nahverkehrs wurden gescholten und verteidigt. Doch dann erschien in der jüngsten Wochenendausgabe der „Schweriner Volkszeitung“ vom 25./26. Januar 2014 ein Leserbrief zum Thema.

Der Verfasser des in Rede stehenden Leserbriefes verfügt offenbar entweder über ein gutes Hintergrundwissen oder einen ausgezeichneten kriminalistischen Spürsinn bei der Nennung der eigentlichen Ursachen des diskutierten Verhaltens von Nahverkehr und Polizei. Der uns unbekannte Autor rügt das Vorgehen gegen überführte Schwarzfahrer als unverhältnismäßig und wünscht sich die Polizei lieber als Verfolger tatsächlicher Straftäter. Dabei wird erkannt, dass sich die rigorose Ahndung von Schwarzfahrten in erster Linie für die Führungsebene der Polizei lohne, denn bei diesem Delikt (der Beförderungserschleichung) liegt die Aufklärungsquote nahe 100% und erhöht die Zahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS). So könnten Vorgesetzte glänzen und weitere Stellen abgebaut werden.

Dem ist nicht sehr viel hinzusetzen.

Natürlich sperren wir uns nicht gegen die Verfolgung von Straftaten, denn alle Schwarzfahrer ab 14 Jahren können diese begehen. Auch hat die Polizei keine Wahl bei Verfolgung oder Nichtverfolgung dieser Taten, sie unterliegt dem Legalitätsprinzip, was zur Verfolgung aller Handlungen mit einem möglichen Straftatenhintergrund zwingt. Eine Wahl hat lediglich der betroffene Nahverkehr. Da es sich nicht um Verbrechen handelt, muss es keine Strafanzeige geben. Möglich wäre beispielsweise auch eine zivilrechtliche Ahndung.

Doch die Schweriner Polizei wollte es anders. Vor einigen Jahren setzte man sich mit dem Nahverkehr in Schwerin zusammen und einigte sich auf das jetzt in der Kritik stehende Verfahren, was der Polizei eine bessere Aufklärungsquote versprach. Aber auch eine höhere Belastung von Straftaten, was Schwerin zeitweise zu einer (statistischen) Hochburg der Gesetzesverletzer machte. Ergo sind die Folgen für die Vorgesetzten auch negativ zu sehen.

Die Jagd nach höherer Aufklärungsquote hängt mit der Einführung der von uns schärfstens kritisierten und unserer Meinung nach unsinnigen und rechtswidrigen Zielvereinbarungen zusammen, die solche Auswüchse fördern.

Wir raten dem Nahverkehr und der Polizei dringend, ihr Vorgehen zu überdenken. Wenn Kinder oder Jugendliche gegen die Beförderungsbestimmungen verstoßen oder dies im Raum steht, können Identitäten sicher auch mit milderen Mitteln erforscht werden. Aber offensichtlich fehlen sowohl dem Nahverkehr als auch der Polizei das dafür erforderliche Personal, welches bei der Aufdeckung und Bekämpfung weit schwerer Delikte ohnehin schon überall fehlt.