Quo vadis Kripo NRW?

20.04.2021

Innenminister NRW, Herbert Reul, hatte die Mitarbeiter gebeten, sich zu den Missständen der Kripo zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Die Antworten waren von fachlichem und sachlichem Tiefgang geprägt und zeigen: Den Mitarbeitern (und uns) liegt die Kripo am Herzen.
Quo vadis Kripo NRW?

Der Kölner Stadtanzeiger veröffentlichte auf zwei Seiten einen Artikel zum Zustand der Kriminalpolizei. Der BDK NRW war erster Ansprechpartner aus Sicht der Medien und kommentierte die aufgezeigten Fehlentwicklungen. Auch die Politik beschäftigte sich in Ausschüssen mit der Berichterstattung. Einmal mehr hat der BDK NRW gezeigt, dass unser Verband die Stimme der Kripo ist und mit den Argumenten in der Öffentlichkeit und der Politik durchdringt.

Unser Innenminister hat in seinem Blog der Kriminalpolizei ein eigenen Beitrag gewidmet und die Kolleginnen und Kollegen gebeten, sich zu den Missständen der Kripo zu äußern und Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Die Rückmeldungen waren umfassend und gingen aus allen Hierarchieebenen, vom Berufsanfänger bis zur Führungskraft, ein. Auch in den Fachreferaten im Innenministerium wird der Blog ausgewertet.

Ein Lob an die Beteiligten von dieser Seite. Die Kommentare waren durchweg sachlich, von fachlichem Tiefgang geprägt, ehrlich und produktiv. Unsere Kolleginnen und Kollegen von der Kripo wollen, dass es voran geht mit dem Laden. Sie wollen eine Perspektive, hängen mit Herzblut an der Sache und wollen nicht zusehen, dass die nächsten Unterwassertreffer (dazu im Folgenden mehr)  das Schiff auf Grund laufen lassen.

Zeitgleich beschäftigen sich die Behördenspitzen intrinsisch motiviert mit ihrer Kriminalpolizei.

So musste vor Ort auf Überlastungsanzeigen (diese werden laut Antwort des IM auf die Große Anfrage der SPD leider statistisch nicht erfasst) reagiert und Personalmangel verwaltet werden. Hinzu kamen Nachwuchssorgen. Konnten sich exponierte Dienststellen früher vor Bewerbungen nicht retten, bleibt der Nachwuchs heute aus. Das Dienstrecht treibt die jungen Kolleginnen und Kollegen in die K-Dienststellen, weniger die eigene Überzeugung. Vielerorts werden die Geschäftsverteilungspläne umgeschrieben, Dienststellen neu strukturiert - das Ziel: Die Kripo mit weniger Personal und mehr Aufgaben zukünftig handlungsfähig aufzustellen. (Es hilft an dieser Stelle nicht, den Satz mehrfach zu lesen - die Inhalte stehen diametral zueinander)

Doch wie konnte es nur soweit kommen?

Antwort darauf geben uns die Kolleginnen und Kollegen, denen wir in den Bezirksverbänden und in der Verbandsspitze täglich zuhören. Antwort darauf gibt auch der Blog unseres Innenministers.

Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sich zu folgenden Themenblöcken geäußert:

  • Aus- und Fortbildung
  • Personal
  • Besoldung
  • Organisation
  • Ausstattung und IT-Lösungen
  • Gesetzeslage

Die jungen Kolleginnen und Kollegen fühlen sich unzureichend auf ihre Tätigkeit bei der Kripo vorbereitet. Das Spezialisten-Programm muss dringen ausgebaut werden. An einem fachspezifischen Studium kommen wir nicht vorbei. Die Kolleginnen und Kollegen arbeiten am Anschlag.

Die BKV hatte schon vor der Pandemie ausgedient. Die Kripo braucht endlich das Personal, um die vielfältigen Aufgaben und die politischen Schwerpunktsetzungen auch erfüllen zu können.

Die Erschwernisse der Kriminalpolizei sind besoldungsrechtlich nicht abgebildet. Unsere Regierungsbeschäftigten brauchen Perspektiven bis hin zur Verbeamtung, eine Ausstattung für die persönliche Sicherheit, eine kompetenzgerechte Besoldung.

Die Kompetenzen im Umgang mit der kriminalpolizeilichen IT sind nicht nachhaltig vorhanden. Für Großlagen ist die Kripo nicht ausreichend aufgestellt. Sie verfügt im ganzen Land nicht über eine einheitliche technische und materielle Ausstattung.

Wenn wir uns alle einig sind, vom Minister bis zum Auszubildenden, dass die Kripo vernünftig und zukunftsfähig aufgestellt werden soll (und dieses Mal ohne gegenpolige Phrasen), dann müssen wir uns nur noch über das Zeitmaß unterhalten. Wir hätten gestern damit beginnen müssen!

An dieser Stelle muss ich leider das martialische Bild des sinkenden Schiffes in Erinnerung rufen. Auf Deck und auf der Brücke kann man sich auf allerlei Herausforderungen vorbereiten (Schwerpunktsetzungen der Politik).  So setzen Landratsbehörden mittlerweile 1/3 des K-Personals für die Bekämpfung der Kinderpornographie ein. Das funktioniert alles nur, wenn der Rumpf des Schiffes nicht Leck schlägt. Meistens sind diese Schäden jedoch nicht vorherzusehen.

Aktuell beschäftigen sich die Behörden mit den Encrochat-Daten (eine nicht im Vorfeld zu antizipierende Aufgabe). Viele Kolleginnen und Kollegen sind aus anderen Bereichen dafür abgezogen worden. Die Daten werden uns Jahre beschäftigen. Dem entschlossenen Verfolgungsimpetus unserer europäischen Partner ist es zu verdanken, dass sich die Kripo auch in NRW auf die nächsten Daten freuen darf (Sky ECC). Ein Datentsunami wartet auf Auswertung. Ermittlungskommissionen müssen gebildet werden. Erneut werden wir uns mit den Profis der kriminellen Welt messen müssen. Mit hoher Kompetenz, langem Atem, herausragender IT-Ausstattung. Leider sind trotz sinkender Fallzahlen die Schreibtische der Kolleginnen und Kollegen jedoch nicht leerer geworden. Die große Anfrage der Opposition hat uns vor Augen geführt, was wir alle eigentlich wissen. Hier ein paar Beispiele:

  • In der Direktion K steigt der Anteil der Kolleginnen und Kollegen, die krankheitsbedingt dienstunfähig sind, stetig an.
  • Der Anteil der Kolleginnen und Kollegen, die sich in Teilzeit, Mutterschutz, Erziehungs- und Elternzeit befinden, ist bei der Direktion K am größten
  • 18.463 Mobilfunkgeräte befanden sich im Sommer 2020 zur Auswertung im Gewahrsam der Polizei NRW. Wir haben die Befürchtung, dass sich diese Anzahl 2021 erhöht haben dürfte.
  • Die Anzahl der Haftsachen und Mordkommissionen steigt stetig an.

Und zu allerletzt: Viele Fragen zur Kripo konnte das Ministerium leider nicht beantworten. Kostprobe gefällig:

Der Begriff der Ermittlungskommission ist laut Innenministerium nicht definiert, deswegen falle es schwer, hier eine konkrete zu benennen. SCHADE - gerade zu der Kür der Kripo nicht sprachfähig zu sein.

Auch wenn wir uns alle auf unser altes Leben freuen. Dann geht es da draußen wieder los. Einbrecher, Diebe, Gewalttäter mischen sich leider wieder unter das Volk. Und man kann nur vermuten, dass sie glauben, viel nachholen zu müssen.

Abschließend nochmals zum Blog des Ministers: Wir waren von den Inhalten der Rückmeldungen nicht verwundert. Viele der aufgestellten Forderungen werden seit Jahren durch den BDK in der Politik, in den Medien und polizeiintern kommuniziert. Das liegt nicht daran, dass der BDK als Phrasendrescher auftritt. Die Schnittmenge ist damit begründet, dass der BDK von Kripofrauen und -männern von der Basis bis zur Spitze getragen wird. Alle erleben täglich die Rahmenbedingungen kriminalpolizeilicher Arbeit, kennen die Möglichkeiten und die Grenzen.

Ein Grund mehr, im Personalratswahlkampf dem BDK seine Stimme zu geben - als Sprachrohr der Kripo.