Recht & Gesetz: Bundesverfassungsgericht stärkt Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zum ganzheitlichen Arbeitsvorgang

13.01.2023

Bundesverfassungsgericht nimmt Verfassungsbeschwerde der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) und des Landes Berlin nicht an.
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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 9. September 2020 zwei Entscheidungen zum Thema „Arbeitsvorgang“ getroffen (Aktenzeichen 4 AZR 195/20 und 4 AZR 196/20), bei den es um die Eingruppierung von Servicekräften eines Amtsgerichts in eine höhere Entgeltstufe des TV-L ging. Das BAG führte hierbei aus, dass die Tätigkeit der Beschäftigten aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang bestehen kann, welcher die Grundlage für die tarifliche Eingruppierung ist. 

Dagegen haben die TdL und das Land Berlin im Februar 2021 Verfassungsbeschwerde eingereicht (Aktenzeichen 1 BvR 382/21). Sie sind der Auffassung, dass damit gegen Grundrechte der TdL und des Landes Berlin verstoßen wird. Die Urteile würden die in Artikel 9 Abs. 3 GG garantierte Tarifautonomie verletzen und die spezifischen Grenzen der zulässigen Auslegungen von tarifvertraglichen Regelungen überschreiten.

Das Bundesverfassungsgericht hat diese Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen, da das Land Berlin nicht beschwerdeberechtigt und die TdL nicht beschwerdebefugt ist. Wesentliche Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts waren dabei, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht auf Grundrechte berufen könnten, da diese vielmehr den Schutz der Bürgerinnen und Bürger dienten. Die TdL hat zwar den verfahrensgegenständlichen Tarifvertrag (hier TV-L) abgeschlossen, jedoch hätte sie zunächst Fachgerichte anrufen müssen, um den Inhalt des Tarifvertrages gerichtlich verbindlich klären zu lassen.

Somit sind die BAG-Entscheidungen nach wie vor rechtskräftig.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes stärkt damit die Auffassung der Gewerkschaften. In den letzten Tarifrunden haben insbesondere die  Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und die TdL immer wieder angekündigt, dass sie den Arbeitsvorgang1 neu definieren und damit zum Hauptgegenstand der Tarifverhandlungen machen wollen. Nach Auffassung des Fachbereiches Tarif des BDK kann es nur einen Grund geben, um ein jahrelang bewährtes System zur angemessenen Eingruppierung zu ändern - Einsparungen durch Herabgruppierungen und damit Schlechterstellung von vielen Tarifbeschäftigten, besonders der unteren Entgeltgruppen!

Dies ist nicht hinnehmbar.

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1Vor der Bewertung der Tätigkeit sind so genannte Arbeitsvorgänge zu bilden (vgl. § 12 Abs. 1 TV-L). Demnach sind Arbeitsvorgänge alle Arbeitsleistungen, die bei natürlicher Betrachtungsweise zu einem abgrenzbaren Arbeitsergebnis führen. Erst wenn so die verschiedenen Arbeitsvorgänge und deren Anteil an der Gesamtbeschäftigung feststehen, erfolgt die tarifliche Bewertung dieser Arbeitsvorgänge und im Anschluss die Zuordnung zu einem Entgeltgruppenmerkmal. Würden die Tätigkeiten jedoch einzeln bewertet, könnte dies im Ergebnis zu einer niedrigeren Eingruppierung führen.

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