Vorweihnachtsgespräche im Bundestag

14.12.2016

2016 war turbulent – 2017 könnte noch turbulenter werden
Vorweihnachtsgespräche im Bundestag
....mit Frank Tempel

Berlin, 15.12.16 – So oder ähnlich lautet das Fazit der Gespräche. Eine derartige Fokussierung auf sicherheitspolitische Themen hat es nach Einschätzung der Abgeordneten seit vielen Jahren nicht mehr gegeben, damit verbunden natürlich eine ganze Menge Arbeit.

Der Vorsitzende des BDK Verband Bundespolizei, Thomas Mischke, hatte noch vor den Festtagen die Gelegenheit, mit verschiedenen Bundestagsabgeordneten Gespräche zu führen.
Im Gespräch mit MdB Frank Tempel (Linke) ging es zunächst um die Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität, bzw. um den Ansatz der Linken, den Erwerb/ Besitz geringer Mengen weicher Drogen zukünftig straffrei zu stellen. Das, so Frank Tempel würde u.a. zu einer deutlichen Verringerung von Vorgängen und damit zur Entlastung von Polizei und Justiz führen. Der BDK Verband BPol kann zwar den Ansatz des „Politikerkollegen“ nachvollziehen, doch wird eine Initiative zur Freigabe weicher Drogen gegenwärtig eher kritisch gesehen.

In diesem Zusammenhang wurde auch über die bundespolizeilich bedeutsamere Verhinderung der illegalen Migration gesprochen, die bekanntermaßen mit erheblichem Aufwand administriert und zelebriert wird, um am Ende weitaus überwiegend von der Justiz eingestellt zu werden. Hier ist nach Ansicht des BDK ein massives Umdenken bei den Verantwortlichen notwendig. Die aberwitzig aufwändige Erfassung im Vorgangsbearbeitungssystem und das Fertigen von umfangreichen Vorgängen spiegelt nicht einmal annährend das magere Ergebnis und bindet bei Bundespolizei und Justiz enorme Personalressourcen, die anderswo dringender gebraucht würden. Damit wollen wir nicht der Straffreiheit der Unerlaubten Einreise das Wort reden, sondern einfach den Aufwand auf ein absolutes Mindestmaß reduzieren – vor allem was die Erfassung im Vorgangsbearbeitungssystem @rtus angeht.

Auch das Thema Abordnungen und deren Notwendigkeit, der Grenzeinsatz in Bayern und die allgemeine politische „Großwetterlage“ sowohl innen- als auch außenpolitisch waren sowohl im Gespräch mit Frank Tempel als auch in der Diskussion mit MdB Günter Baumann, CDU ein Schwerpunkt. MdB Baumann, mit dem der BDK BPOL in diesem Jahr etliche Gespräche geführt hat, zeigte sich fest davon überzeugt, dass die „Trendwende zum Besseren“ im Sicherheitsbereich geschafft sei. Dies nicht nur bei BKA und BPOL, sondern auch bei den Landespolizeien. Überall würde jetzt massiv neues Personal eingestellt.

Auch die 300 im Haushalt ausgeworfenen „Verwaltungsstellen“ für die Bundespolizei seien schon mal ein sichtbares Signal. Hier hatte der BDK ja mindestens 1.000 Stellen gefordert, doch sind wir angesichts des merkwürdigen Widerstands aus dem eigenen Bereich sehr froh und auch ein wenig stolz, dass diese Stellen immerhin im Haushalt sind und genutzt werden können um den Vollzug zu entlasten.

Was den Einsatz an der bayerischen Grenze angeht, soll es im Januar ein Spitzengespräch auf politischer Ebene geben. Danach werden deutliche Hinweise zu erwarten sein, in welche Richtung sich das bewegt. In den Gesprächen fiel auch mehrfach der Begriff, dass die Welt aus den Fugen geraten sei und dass es daher sehr schwer sei, sich umfassend auf alle damit verbundenen Fragen und Herausforderungen vorzubereiten, bzw. sich damit auseinanderzusetzen. So muss man sich ja z.B. berechtigterweise die Frage stellen, ob es Sinn macht an der bayerischen Grenze Vollkontrollen durchzuführen, im benachbarten Sachsen jedoch weiterhin „auf Lücke“ zu setzen.
Aus Sicht des BDK vernebelt darüber hinaus die Fokussierung auf Flüchtlingskrise und Anti-Terror-Kampf den Blick darauf, dass die „gemeine Kriminalität“, z.B. die massive grenzüberschreitende Eigentumskriminalität oder die OK, im Schatten der Dauerkrise wunderbar wuchert.  

Schon fast mit ein wenig Melancholie fand ein Gespräch mit MdB Wolfgang Bosbach, CDU statt. Bekanntermaßen verlässt der renommierte Innenexperte  den Bundestag zum Ende der Legislatur und will sich weitestgehend aufs „Altenteil“ zurückziehen. Angesichts des enormen Rückhaltes in der Bevölkerung, der weiterhin ständigen Medienanfragen und dem randvollen Terminkalender des Abgeordneten ein irgendwie abwegiger Gedanke. Nicht nur der BDK Bundespolizei wird diesen Politiker vermissen, der wie kaum ein anderer in der Lage ist, die Dinge klar zu benennen und Politik verständlich und begreifbar zu machen. Aber vielleicht gilt auch hier das alte Sprichwort, dass man dann aufhören muss wenn es am schönsten ist. Allerdings dürfte der Gedanke nicht ganz abwegig sein, dass ein kompletter Rückzug wohl eher nicht zu erwarten ist.

Wie immer im Gespräch mit Herrn Bosbach ging es nicht um Einzelheiten aus dem bundespolizeilichen Alltag sondern mehr um eine breitere Sicht auf die Dinge.

Durch den Verbandsvorsitzenden Thomas Mischke wurde einmal mehr das aberwitzige Nebeneinander der Sicherheitsbehörden angeprangert. Landespolizei, Bundespolizei und Zoll oftmals am gleichen Ort, ganz sicher aber in unterschiedlichen Dienststellen, jede Behörde mit eigener teurer Leitstelle und mit einer höchst unterschiedlichen, meist nicht besonders stark ausgeprägten Kooperation im Einsatzraum vertreten. Hier muss es aus Sicht des BDK BPOL dringend zu einem Zusammenrücken kommen um die vielen Herausforderungen gemeinsam besser und effizienter zu meistern. Gemeinsame Sicherheitszentren, wo neben den genannten Sicherheitsbehörden auch die Ordnungs- und Ausländerämter, sowie idealerweise auch die Justiz präsent sind und vertrauensvoll im Rahmen ihrer jeweiligen Rechtssphären zusammenarbeiten, könnten einen Großteil der bestehenden Probleme lösen.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Menge Dinge in Bewegung sind und dass die bisher so vertraute Welt tatsächlich aus den Fugen geraten ist. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen wird es wohl unvermeidbar sein, auch in Deutschland liebgewonnene Zöpfe abzuschneiden, Strukturen deutlich zu verändern und die gesamte öffentliche Verwaltung grundlegend neu zu organisieren. Es bedarf keiner Sehergabe um zu ahnen, dass dies eine wichtige Aufgabe der neuen Bundesregierung sein wird.