Weihnachtsnachricht des Bundesvorsitzenden

25.12.2018

Persönliche Gedanken zur Weihnacht und zum Jahresausklang
Weihnachtsnachricht des Bundesvorsitzenden

Gestern Abend durfte ich in der Düsseldorfer Friedenskirche einer wirklich tollen Christvesper beiwohnen. Der Gottesdienst beeindruckte nicht nur musikalisch. Vor allem bewegte mich die Predigt von Pfarrer Martin Kammer, der ein Beispiel dafür gab, auf welche Weise sich die Kirchen als ernstzunehmende ethisch-moralische Instanzen mit einer klaren Haltung in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen können. 

Es ist übrigens das zweite Mal innerhalb weniger Tage, dass mir dies bewusst wurde. Am vergangenen Freitag schenkte mir Dr. Wolfgang Picken sein neues Buch. Der katholische Pfarrer machte bereits durch zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen in seinem Pfarrbezirk Bonn-Bad Godesberg von sich Reden. Mit seinem brandaktuellen Band „WIR - Die Zivilgesellschaft von morgen“ trägt er erneut dazu bei, wichtige gesellschaftlichen Debatten anzustrengen. 

Beide Pfarrer weiten auf jeweils ihrer eigene Weise den Blick auf den Beitrag, den die großen Kirchen leisten können, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Gerade diesen unsichtbaren Kit einer Gesellschaft haben wir im Bund Deutscher Kriminalbeamter in diesem Jahr immer wieder in den Mittelpunkt unserer Betrachtungen gestellt. Bei der Suche nach den Ursachen vieler Kriminalitätsentwicklungen und bei der Prognose künftiger Trends waren wir auf eine These bzw. eine Diagnose gestoßen: Die Gesellschaft ist aus ihrer Balance geraten. Dies birgt Gefahren, nicht nur für die Kriminalitätsentwicklung, aber eben auch dort.

Zurück zur Weihnachtspredigt. Pfarrer Kammer zitierte u. a. ERICH KÄSTNER, der 1930 seinen „Brief an den Weihnachtsmann“ schrieb: 

"Lieber guter Weihnachtsmann,
Weißt du nicht, wies um uns steht?
Schau dir mal den Globus an.
Da hat einer dran gedreht.


Alle stehn herum und klagen.
Alle blicken traurig drein.
Wer es war, ist schwer zu sagen.
keiner wills gewesen sein.


Uns ist gar nicht wohl zumute.
Kommen sollst du, aber bloß
Mit nem Stock und mit ner Rute.
Beide bitte ziemlich groß.


Leg die Herrn der Industrie,
Auch wenn sie sich harmlos stellen,
Kurz entschlossen übers Knie,
Denn das hilft in solchen Fällen.


Ziehe denen, die regieren,
Bitteschön, die Hosen stramm.
Wenn sie heulen und sich zieren,
Zeig auf ihr Parteiprogramm.


Und nach München lenk die Schritte,
Wo der Hitler wohnen soll.
Hau dem Guten, bitte, bitte,
Den Germanenhintern voll!


Komm, erlös uns von der Plage,
Weil ein Mensch das gar nicht kann.
Ach, das wären Feiertage!
Lieber, guter Weihnachtsmann …"

Kammer verknüpfte die damaligen gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen mit seinen Beobachtungen aktueller Entwicklungen. Besorgnis bereitet ihm ein Erstarken des Rechtsextremismus. Auch die Ängste der Menschen vor islamistischem Extremismus und Terrorismus gebe Anlass zur Sorge. Beide extremistischen Entwicklungen eine zudem der Antisemitismus. 

Er erläuterte die Zusammenstellung der Biblischen Schriften und ging auf deren Unterschiedlichkeit ein. Teilweise erzwängen die verschiedenen Schriften geradezu eine kontroverse Diskussion über die Interpretation. Genau dies, das Bemühen des eigenen Verstandes sowie die geistige Auseinandersetzung und Diskussion mit Andersdenkenden über die Auslegung, sei auch etwas gewesen, das Jesus stets mit seinen Gleichnissen habe erreichen wollen. Er hätte niemals mitgeliefert, wie diese denn zu verstehen seien. Vielmehr hätte er die Zuhörer buchstäblich stehen lassen, damit sie darüber miteinander ins Gespräch und in den Diskurs gerieten.

Dieses Ansinnen habe auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in den Mittelpunkt seiner diesjährigen Weihnachtsansprache gestellt. Er fordere dazu auf, mehr miteinander zu sprechen und zu streiten. Gemeint waren diese Passagen: 

Was passiert, wenn Gesellschaften auseinanderdriften, wenn eine Seite mit der anderen kaum noch reden kann, ohne dass die Fetzen fliegen - das sehen wir in der Welt um uns herum (...) Wir haben brennende Barrikaden in Paris erlebt, tiefe politische Gräben in den USA, Sorgen in Großbritannien vor dem Brexit, Zerreißproben für Europa in Ungarn, Italien und anderswo. (…) Sprechen Sie mit Menschen, die nicht Ihrer Meinung sind! 

 

Die Gesellschaft solle mit sich im Gespräch bleiben. 

"Wir müssen wieder lernen, zu streiten, ohne Schaum vorm Mund, und lernen, unsere Unterschiede auszuhalten. Wer Streit hat, kann sich auch wieder zusammenraufen. Das kennen wir von Weihnachten mit der Familie. Aber wer gar nicht spricht und erst recht nicht zuhört, kommt Lösungen kein Stück näher. Sprachlosigkeit heißt Stillstand.

 

Wenn es noch einer Ermutigung bedurft hätte (hat es nicht!), sich im kommenden Jahr kriminalpolitisch einzumischen und auf diese Weise einen kleinen Beitrag zu einem breiten gesellschaftlichen Diskurs und zu einer Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu leisten, so wären die o. g. Rede- und Schriftbeiträge geeignet gewesen, den richtigen Antrieb zu liefern. Der BDK wird seinen Teil dazu beitragen. Versprochen. Schließlich haben im kommenden Jahr viele Bürgerinnen und Bürger die Wahl, wie es in vielen Kommunen, einigen Bundesländern und in Europa weitergehen soll. Am 26. Mai wählen wir ein neues Europäisches Parlament. Am selben Tag wählt Bremen eine neue Bürgerschaft und zugleich gemeinsam mit Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen neue Kommunalparlamente. Am 1. September wählen sodann Brandenburg und Sachsen und am 27. Oktober Thüringen neue Landtage. 

Wir werden diese Gelegenheiten nutzen und erklären, warum wir in der Kriminalpolitik „mehr Europa“ benötigen und auf welche Weise die Europäischen Institutionen gestärkt werden müssen. Nationalistische Politikideen, wie die der AfD, die die Rückabwicklung des Lissabonvertrages oder alternativ einen Austritt Deutschlands aus der EU beinhalten, führen u. a. bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität, der schweren Cyberkriminalität oder des internationalen Terrorismus geradewegs in den Abgrund. 

Auch im Jahr 2019 werden wir weiter beharrlich darauf pochen, dass der deutsche Föderalismus effektiver ausgestaltet wird. Dabei werden wir die ebenso triviale wie zutreffende Formel des BKA-Präsidenten Münch „Es muss nicht jeder alles können müssen.“ mantraartig vor uns hertragen. Gleichzeitig werden wir nicht zulassen, dass die hohen Einstellungszahlen bei den Polizeien von Bund und Ländern darüber hinwegtäuschen, dass wir zeitgleich riesige Pensionierungszahlen erwarten und uns noch immer 40.000 bis 50.000 zusätzliche Köpfe in Sicherheitsbehörden fehlen, davon allein ca. 20.000 bei den Kriminalpolizeien der Länder. Letztlich muss in den Kommunalwahlkämpfen über eine neue, vernetzte Kommunale Kriminalpolitik gestritten werden. Es ist also mit uns zu rechnen.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter ist ein seit mittlerweile 50 Jahre bestehender gewerkschaftlicher Berufsverband, der seinen Aufbau und Fortbestand vor allem dem ehrenamtlichen Engagement seiner Funktionsträgerinnen und Funktionsträger verdankt. Ich bedanke mich daher zum Abschluss des Jahres von Herzen bei allen Vorstandsmitgliedern, sei es in den Bezirks-, Landes-, Verbandsvorständen oder im Bundesvorstand. Ich danke allen, die als Sprecherinnen und Sprecher, Mitglieder von Fachkommissionen und Arbeitsgruppen oder als Mitglieder unserer Personalratslisten Verantwortung übernommen haben und sich damit über den dienstlichen Bereich hinaus für die Belange ihrer Kolleginnen und Kollegen, für Opfer von Kriminalität, für die Kriminalprävention oder eine bessere Verbrechensbekämpfung engagiert haben. Euch allen gebührt Respekt und Anerkennung! Es macht stolz und sehr viel Spaß, mit Euch gemeinsam kämpfen zu dürfen. Danke!

Ich wünschen uns allen eine gesegnete Weihnachtszeit und einen guten Übergang in ein hoffentlich friedliches Jahr 2019!

Ihr / Euer

Sebastian Fiedler

 
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