Wieder einmal zu viele Telefonüberwachungen?

03.02.2013

Auch in diesem Jahr kann es wieder jeder Bürger aus Mecklenburg-Vorpommern nachlesen. Die „Schweriner Volkszeitung“ titelt in ihrer Ausgabe vom 2./3. Februar 2013 „Polizei zapft verstärkt Telefonleitungen an“. Nach den Informationen des Bundesjustizamtes wurden 2011 in unserem Bundesland 488 Kommunikationsanschlüsse überwacht.
Wieder einmal zu viele Telefonüberwachungen?

Das sei eine Zunahme von 107 Anschlüssen gegenüber 2009, für das vergangene Jahr liegen noch keine Zahlen vor und in Schleswig-Holstein wurden 2011 194 Überwachungen vorgenommen. Im Nordosten stehen dabei die Rauschgiftdelikte im Vordergrund, aber auch beim Verdacht auf Brandstiftungen, auf Raub, Erpressungen oder Mord werden Überwachungen angeordnet. Gleiches gelte für die Offenlegung von Verbindungsdaten der Telekommunikation, auch hier sei eine Zunahme von 404 Anfragen im Jahre 2010 auf 574 Anfragen in 2011 zu verzeichnen. Soweit die Zahlen.

Bei der auch öffentlich geführten Diskussion zum Thema und den Zahlen mahnt der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern des „Bund Deutscher Kriminalbeamter“ (BDK) eine noch stärkere Versachlichung an. Bei den Maßnahmen der Überwachung von Telekommunikationsverbindungen und der Offenlegung von Verbindungsdaten handelt es sich um nicht offene Methoden der Strafverfolgungsbehörden, deren Anwendung und Grenzen eindeutig in der Strafprozessordnung geregelt sind. Sie greifen nur dann, wenn andere Möglichkeiten der Aufklärung des Verdachts einer schweren Straftat keinen Erfolg versprechen oder bereits gescheitert sind. Es gilt auch hier der Trennungsgrundsatz der staatlichen Gewalten zwischen der Exekutive und der Judikative. Erst ein Richter beschließt diese Maßnahmen der modernen Verbrechensbekämpfung, auf Antrag der Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls auf Anregung der Polizei.

Die Opposition im Landtag und Datenschützer zeigen sich besorgt wegen der Zunahme der Maßnahmen, weil auch immer wieder und unvermeidbar Unbeteiligte betroffen sind. Hier stehen sich die staatliche Pflicht der Strafverfolgung und der Datenschutz gegenüber. Doch der gelegentliche Vorrang der Strafverfolgung oder Verhinderung von Straftaten ist gesetzlich klar definiert, begrenzt und somit überprüfbar. Das bestätigt auch die Aussage aus der Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten. Es gab stichprobenartige Überprüfungen von Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung, die keine Beanstandungen ergaben.

Die von der Opposition geforderte Einschränkung der Abfrage von Verkehrsdaten muss aus rechtlichen Gründen zurückgewiesen werden. Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht handeln stets im Sinne der rechtlichen Vorgaben. Wenn der Ermittlungsstand eine Abfrage von Verkehrsdaten unumgänglich erfordert und ein Richter dies beschließt, müssen unseres Erachtens unvermeidliche Einschränkungen des Datenschutzes in Kauf genommen werden.

Sollte übrigens eine Verkehrsdatenabfrage nicht vorgenommen werden, obwohl sie erforderlich und begründet scheint, bewegen sich die Ermittlungsorgane im Bereich der Strafvereitlung im Amt. Und das können unsere Parlamentarier nicht ernsthaft fordern wollen.

Im Übrigen sind Zahlen der Durchführung verdeckter, strafprozessualer Maßnahmen zwingend abhängig von der Zahl zur Verfügung stehender Ermittler und ihres Einsatzes in relevanten Phänomenbereichen wie der schweren oder organisierten Kriminalität oder der Cybercrime. Diese Deliktsbereiche weisen die wohl größte Dunkelziffer aller Straftaten auf und würden bei einer intensiveren und konsequenteren Verfolgung auch die Fallzahlen der kritisierten Eingriffsmaßnahmen – gesetzeskonform und notwendig – erhöhen.

Für den BDK ergeben sich aus dieser Thematik zwei Wünsche:

Zum einen sollte betont sachlich diskutiert werden. Die Verwendung von Begriffen wie „abhören“ oder „anzapfen“ vermitteln nach unserer Ansicht einen ungewollt negativen Eindruck bei der Bevölkerung für rechtsgültige und unvermeidbare Ermittlungsmethoden. Staatsanwaltschaft und Polizei überwachen Anschlüsse auf richterliche Anordnung hin. Dabei sind der Anordnung, der Durchführung und der Dokumentation enge rechtliche und nachprüfbare Grenzen gesetzt.

Zum anderen bedeutet Kritik an den Methoden der Polizei oftmals eine mögliche Missachtung der Befugnisse und Rechte unserer Staatsanwälte und Richter. Alle Maßnahmen der Überwachung von Telekommunikationsverbindungen und der Offenlegung von Verbindungsdaten unterliegen der richterlichen Kontrolle. Eine Kritik an diesen Beschlüssen oder deren Anzahl könnte als Angriff auf die richterliche Unabhängigkeit gewertet werden.

Sehen wir einfach die Telekommunikationsüberwachungen und die Abfragen nach Verbindungsdaten als das, was sie sind. Nachvollziehbare, notwendige und rechtsstaatliche Mittel der Strafverfolgung und -verhütung. Erhöhte Zahlen der Anwendung lassen sich einfach mit der gestiegenen Mobilität der Täter, dem immer umfangreicheren Angebot an Kommunikationsmitteln sowie der zunehmenden Abschottung und Verschleierung bei der Begehung von Straftaten erklären.

Auch der BDK erkennt den Datenschutz als notwendig an. Wenn er jedoch zu Gunsten staatlicher Strafverfolgungsinteressen in klar definierten Einzelfällen verfassungskonform eingeschränkt wird, sollte das auch akzeptiert werden.

Artikel der SVZ