Ziehen auch wir unsere Lehren aus dem offensichtlichen NSU-Desaster?

21.08.2014

Der Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss hat seinen 1.800 Seiten umfassenden Abschlussbericht vorgelegt. In diesem Dokument wird herbe Kritik an der Arbeit des Verfassungsschutzes und der Landespolizei von Thüringen geübt und das oftmals fehlende Zusammenwirken zwischen den Sicherheits-Organisationen bemängelt.
Ziehen auch wir unsere Lehren aus dem offensichtlichen NSU-Desaster?

Nun betrifft das getadelte Verhalten und Agieren die Kolleginnen und Kollegen in Thüringen. Können wir uns also hier in Mecklenburg-Vorpommern zurücklehnen? Wohl nicht. Denn der Erfurter Untersuchungsausschuss benannte als Gründe für das festgestellte Versagen der beteiligten Ermittler eine Kombination aus Personalmangel, Fehleinschätzungen, Überlastungen, mangelhafter Qualifikation und fehlerhaftem Zusammenwirken der zuständigen Behörden. Und genau hier setzen wir als Berufsvertretung der Kriminalpolizei im Nordosten an und verlassen gleichzeitig den Pfad NSU.

Personalmangel, Überbelastung oder mangelhafte Qualifikation sind nach unserer Auffassung auch die Hauptursachen für Schwierigkeiten in der hiesigen Polizeiarbeit. Seit vielen Jahren wird das Personal der Landespolizei in Mecklenburg-Vorpommern abgebaut, häufig mit der Begründung, die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) von Jahr zu Jahr sinkt. Dem Personalmangel folgt, hervorgerufen durch diesen selbst, und der Vermehrung der zugewiesenen Aufgaben, eine Überbelastung. Schlussendlich werden unsere Meister-, Kommissars- und RatsanwärterInnen zu Universalpolizisten ausgebildet, die über kein ausreichendes Spezialwissen der Polizeisparten verfügen können.

Dass die PKS die tatsächliche Kriminalität abbildet, glauben heutzutage nur noch wenige. Das Dunkelfeld muss bei der Kriminalitätslagebewertung zwingend mitbetrachtet werden, was in Mecklenburg-Vorpommern bislang leider ausgeklammert wird. Die Häufung von Aufgaben und Zuständigkeiten kennt ebenfalls fast jeder. Die Welle des religiösen oder rechten Terrorismus hat uns genauso wie die Internetkriminalität überrollt, Wirtschafts- und Organisierte Kriminalität können kaum noch die notwendige Beachtung finden. Und den Traum vom universell einsetzbaren Polizisten träumen zum Glück immer weniger Bundesländer, leider träumt Meck-Pomm noch immer.

Die Kritikpunkte des NSU-Untersuchungsschusses in Thüringen lassen sich unseres Erachtens leicht auf unsere Landespolizei (und möglicherweise auch auf unsere Abteilung Verfassungsschutz) übertragen, ohne dass wir die Schelte in Sachen NSU auch für uns beanspruchen müssen. Daher rufen wir die Verantwortlichen im Innenministerium auf, auch für unser Bundesland entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Der Personalabbau muss endlich gestoppt werden und die Ausbildung wieder spartenspezifisch erfolgen, denn nur Spezialisten können die heute immer spezialisierteren Straftäter verfolgen oder aber Straftaten aufdecken bzw. verhüten.

Wir sind gerne bereit, aktiv an einer erneuten und zielführenden Umgestaltung der Landespolizei, insbesondere natürlich der Kriminalpolizei, mitzuwirken.