Zu viele Telefonüberwachungen in Mecklenburg-Vorpommern?

26.01.2012

In ihrer Ausgabe vom 25. Januar 2012 berichtet die „Schweriner Volkszeitung“, dass die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern wieder mehr Telefonanschlüsse überwacht.
Zu viele Telefonüberwachungen in Mecklenburg-Vorpommern?

Wie das Bonner Bundesamt für Justiz mitteilte, wurden 2010 in unserem Bundesland 449 Telefon-, Handy- und Internetanschlüsse in 183 Ermittlungsverfahren auf richterlichen Beschluss überwacht. Im Jahre 2009 waren es dagegen nur 381 Anschlüsse in 121 Verfahren.

Auch in einem Vergleich mit unserem Nachbarland Schleswig-Holstein schneiden wir nach Zahlen schlechter ab, dort gab es 2010 lediglich 355 Überwachungsanordnungen.

Auf Grund dieser unstrittigen Fakten kommt der innenpolitische Sprecher der Landtagsfraktion „Bündnis 90/Die Grünen“ zum dem Schluss: „Die Gründe für Telefonüberwachungen werden immer nichtiger.  Auch die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion „Die LINKE“ im Schweriner Landtag warnte: „Telefonüberwachung darf kein Regelinstrument für die Ermittlungsarbeit werden“. Dagegen verteidigte Justizministerin Uta-Maria Kuder die Praxis: „Die Telefonüberwachung ist bei der Bekämpfung und Aufklärung schwerster Straftaten unverzichtbar.“ Dieser Auffassung kann sich der BUND DEUTSCHER KRIMINALBEAMTER (BDK) in Mecklenburg-Vorpommern nur anschließen und liefert dafür auch die nachfolgenden Argumente.

  • Eine Wertung der Zahlen zwischen den Bundesländern ist nur möglich, wenn die den Überwachungsbeschlüssen zugrunde liegenden Ermittlungsverfahren konkret betrachtet werden.
  • Die Steigerung der Zahlen lässt sich durchaus mit dem technischen Fortschritt erklären. Wo früher ein Täter lediglich einen Anschluss besaß, sind heute mehrere Fest-, Mobil- und Internetanschlüsse vorhanden.
  • Die Gründe für die Anordnung der Telefonüberwachung sind in der Strafprozessordnung abschließend geregelt und für die Strafverfolgungsbehörden bindend.
  • In Mecklenburg-Vorpommern sind für das Jahr 2010 weit mehr als 100.000 Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik registriert worden. Wenn dann in 183 Ermittlungsverfahren eine Überwachung der Telekommunikation stattfindet, sieht der BDK in diesen Maßnahmen kein Regelinstrument der Ermittlungsarbeit, sondern eine klar definierte Ausnahme.
  • Eine Telekommunikationsüberwachung wird erst dann angeordnet, wenn andere Standardmaßnahmen und Regelinstrumente nicht oder kaum zum Erfolg führen oder führen werden.
  • In der Öffentlichkeit scheint die Polizei für die Überwachungen verantwortlich. Hier möchten wir dazu beitragen, das Bild etwas zu berichtigen. Die kriminalpolizeilichen Ermittler regen an Hand des aktuellen Sachstandes des Ermittlungsverfahrens gegebenenfalls Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung beim zuständigen Staatsanwalt an. Dieser beantragt beim Richter den Erlass eines Beschlusses zu Telefonüberwachung. Der Richter prüft den Antrag und erlässt einen Beschluss bzw. lehnt ab. Sofern ein derartiger Beschluss ergeht, setzt ihn dann die Kripo um.
  • Eine Überwachung der Telekommunikation ist nicht gerade sehr beliebt bei der Polizei, da sie sehr personal- und zeitintensiv ist.
  • Gleichzeitig aber ist sie eine zulässige und gewollte Maßnahme des Gesetzgebers bei Verfahren der schweren und schwersten Kriminalität, die höchstrichterlich bestätigt ist und einem strengen Katalog folgt. Dieser Katalog ist in den letzten Jahren lediglich neuen Kriminalitätsformen und den Erfordernissen der Ermittlungspraxis angeglichen worden.

 

In diesem Sinne verstehen wir auch die Mahnung des Landesbeauftragten für den Datenschutz zum sparsamen Umgang mit dieser Maßnahme. Letztlich setzen der stetig fortschreitende Personalabbau in der Polizei und der Richtervorbehalt der Anordnung einer Telefonüberwachung einer Ausuferung selbst eine nicht zu überschreitende Grenze. Auch der Missbrauch scheidet fast von selbst aus, da die Strafverfolgungsbehörden alle an das Gesetz gebunden sind und die Einhaltung gesetzlicher Schranken noch zusätzlich durch die Verteidiger der Beschuldigten in einem Strafverfahren gewährleistet wird.

Wir regen als BDK-Landesverband daher an, die statistischen Zahlen genau zu hinterfragen und auf die Verfassungs- und Rechtstreue der Strafverfolger zu vertrauen.

 

hier geht es zum Artikel der SVZ