Zusätzliche 17.500 Ermittlungsverfahren in BW erwartet – Wer soll die bearbeiten?

01.02.2022

Heute beginnt die Meldepflicht für soziale Netzwerke nach dem NetzDG. Auch in Baden-Württemberg soll entschieden gegen Hass und Hetze im Netz vorgegangen werden. Was bedeutet das für die Polizei im Land?
Gerd Altmann - Pixabay

Am Dienstag, den 1. Februar 2022 tritt für die Betreibenden von sozialen Netzwerken im Internet die Meldepflicht nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) in Kraft. Plattformen wie Facebook, Google & Co. müssen demnach alle Beiträge auf ihre Strafbarkeit hin prüfen und sie im Zweifelsfall an das Bundes Kriminalamt (BKA) weiterleiten. Dort werden die Verfahren gesichtet und bei begründetem Anfangsverdacht an die zuständigen Landeskriminalämter weitergeleitet. Bundesweit rechnet das BKA mit rund 150.000 Verfahren, die von 200 Beamtinnen und Beamte in der Zentralen Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) bearbeitet werden sollen.

In Baden-Württemberg rechnet Justizministerin Gentges mit rund 17.500 Ermittlungsverfahren aus dem Deliktsbereich der Hasskriminalität pro Jahr. In der Justiz wurden zur Bearbeitung dieser zusätzlichen Verfahren zwölf neue Stellen geschaffen.

Wie viele Strafverfahren es tatsächlich sein werden, kann im Moment noch niemand sagen. Unter anderem auch, weil Facebook und Google gegen diese Meldepflicht geklagt haben. Das Eilverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Auswirkungen der neuen Meldepflicht im Netz wird dessen ungeachtet die Polizei – und zwar vor den Staatsanwaltschaften – beschäftigen.

Petra Wiesel, Stellvertretende Landesvorsitzende des Bund Deutscher Kriminalbeamter in Baden-Württemberg (BDK BW), fragt sich besorgt: „Wer soll die Sachbearbeitung bei den Polizeipräsidien im Land übernehmen? Wir haben für diese zusätzlichen Aufgaben kein zusätzliches Personal bekommen.“

Die Personalsituation ist, trotz Einstellungsoffensive bei der Polizei in Baden-Württemberg, alles andere als entspannt. Zurzeit spricht man in Polizeikreisen noch immer von der so genannten „Talsohle“. Die Kolleginnen und Kollegen, die in den letzten Jahren ihre Ausbildung begonnen haben, werden die Situation verbessern – aber eben nicht sofort. Uns erreichen viele Rückmeldungen, dass es bei der Kriminalpolizei allgemein an Personal fehlt.

Der BDK BW fordert deswegen so schnell wie möglich eine Personalberechnung für die Sachbearbeitung in diesem Bereich und das Einbringen der Stellen – spätestens in den Doppelhaushalt 2023/2024. Wir werden die Entwicklung weiterverfolgen und mit Innenministerium und Politik Gespräche dazu führen. 

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