Niedersachsen

Landesdelegiertentag 2009

 

12. Landesdelegiertentag des BDK Landesverbandes Niedersachsen am 01./02. September 2009 in Hildesheim


Am 1. und 2. September 2009 hat in Hildesheim der 12. Landesdelegiertentag des Landesverbandes Niedersachsen stattgefunden.

Am 1. Tag des Landesdelegiertentages wurde ein neuer geschäftsführender Landesvorstand gewählt:

Landesvorsitzender Ulf Küch
stellv. Landesvorsitzender Hans-Dieter Wilhus
stellv. Landesvorsitzender Guido Jenke
stellv. Landesvorsitzender Stephan Schriever
Landesschatzmeisterin Anke Smug
stellv. Landesschatzmeisterin Brigitte Holzinger
Landesgeschäftsführer Florian Höse
Landesschriftführer Wolfgang Schindler
stellv. Landesschriftführer Bernhard Büter

Nach der konstituierenden Sitzung werden die Beisitzer für Prävention, Landesschriftleiter/Kommunikation, Landesgeschäftsstelle, Pensionäre und Tarifbeschäftigte gewählt.

Am Nachmittag fand die öffentlichen Festveranstaltung statt, bei der Innenminister Uwe Schünemann zusammen mit geladenen Gästen aus der Politik, der Justiz und den polizeilichen Führungsebenen dem Festvortrag zum Thema "Wo bleibt die Lobby für die Toten?" von Medizinaldirektor Prof. Dr. med. Michael Birkholz folgten.

Am 02.09.2009 wurden nach dem Leitantrag unter dem Motto "Experten sind der Schlüssel für erfolgreiche Verbrechensbekämpfung und innere Sicherheit!" die zukünftigen Aufträge für den geschäftsführenden Landesvorstand beschlossen.

 

Grundsatzrede des neuen BDK Landesvorsitzenden Ulf Küch beim Landesdelegiertentag in Hildesheim am 01.09.2009

Grundsatzrede_LDT_20090.pdf
PDF: Grundsatzrede

 
 

Leitantrag zum 12. Landesdelegiertentag 2009: Experten sind der Schlüssel für erfolgreiche Verbrechensbekämpfung und innere Sicherheit!

Leitantrag zum 12. Landesdelegiertentag 2009: Experten sind der Schlüssel für erfolgreiche Verbrechensbekämpfung und innere Sicherheit!


Der Bund Deutscher Kriminalbeamter steht zu der Auffassung, dass die Sicherheit des Staates und seiner Bürger Pflichtaufgaben sind, die sich ausschließlich an dem gesetzlichen Auftrag zu orientieren haben. Von den politisch Verantwortlichen erwarten wir, dass selbst eine angespannte Haushaltslage keinen Einfluss auf eine kontinuierliche Weiterentwicklung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen haben darf.
Eine stabile innere Sicherheit ist nur mit einer nachhaltigen Kriminalitätsbekämpfung zu erreichen, die alle Facetten der Prävention, Gefahrenabwehr und Strafverfolgung in gleichermaßen hoher Qualität berücksichtigt.

1. Studien, vor allem im Ausland, haben eindrucksvoll belegt, dass mit den bestehenden Defiziten in der ärztlichen Leichenschau das Entdeckungsrisiko bei Tötungsdelikten relativ gering bleibt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hat dieses Thema angesichts der Schwere der Delikte erneut aufgegriffen, weil sich die Politik trotz des Handlungsbedarfs beratungsresistent erweist, obwohl es hier um die Rechte der Opfer, ihrer Angehörigen und schließlich um die Wahrung der Durchsetzung des Rechts geht.

Dazu fordert der Direktor des Instituts für Rechts- und Verkehrsmedizin Bremen Professor Dr. Birkholz eine umfassende und breite rechtsmedizinische Versorgung in Deutschland. Nur mit einer von speziell geschulten Gerichtsmedizinern oder Amtsärzten durchgeführten Leichenschau ist dieser Problematik zu begegnen. Der BDK unterstützt diese Forderung ausdrücklich, um nicht nur die Schwachpunkte widerstreitender Interessen der bescheinigenden Ärzte auszumerzen. Vielmehr besteht der unbedingte Bedarf, auf der Basis der speziellen rechtsmedizinischen Kenntnisse Aussagen zur Todesursache zu treffen.

In Strafverfahren wegen erheblicher Körperverletzungsdelikte kann eine flächendeckende Verfügbarkeit rechtsmedizinischer Kompetenz ganz erheblich zur Sicherung beweiskräftiger Befunde beitragen, die bei nachträglicher Bewertung ärztlicher Atteste / Berichte nur eingeschränkt be- und entlastende Aspekte einbringen können.


2. Die Kriminalitätsbekämpfung in den Zentralen Kriminaldiensten (ZKD), den Kriminalermittlungsdiensten (KED) und den Zentralen Kriminalinspektionen (ZKI) stützt sich landesweit vornehmlich auf einen überalterten Personalkörper. Seit Jahren sind der Politik und der Polizeiführung bekannt, dass der derzeitige Altersschnitt in der Kriminalitätssachbearbeitung von annähernd 50 Lebensjahren zum baldigen Exodus der Kriminalpolizei führen wird!
Um in den kommenden etwa fünf Jahren nicht weitgehend handlungsunfähig zu werden, bedarf es der Umsetzung des nachfolgenden sofortigen Aktionsplans:
 
Dem bisher lediglich politischen Bekenntnis zur Verjüngung des Ermittlungspersonals muss die unverzügliche Anschlussverwendung der Absolventen der Polizeiakademie mit der Spezialisierung Kriminalwissenschaften in die Zentralen Kriminaldienste (ZKD) und Kriminalermittlungsdienste (KED) folgen. Der BDK wendet sich ausdrücklich gegen erkennbare anderweitige Bestrebungen in der Polizeiführung.


3. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter stellt sich hinter die zweigeteilte Laufbahn in der Polizei und die Zugangsvoraussetzung über das Hochschulstudium an der Polizeiakademie. Die Landesregierung ist damit eine erhebliche finanzielle Verpflichtung eingegangen, die sich nur dann amortisiert, wenn die Absolventen der Schutzpolizei und Kriminalpolizei den Fachdienststellen auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden. Langfristig angelegte Personalentwicklungsmodelle sollten dabei eine Karriere auf dem Feld der speziellen Kriminalitätsbekämpfung sicherstellen. Im Ergebnis müssen Aus- und Fortbildung und vor allem Spezialisierung sich lohnen, sonst werden sie zum Sinnbild einer Karrierefalle.

4. Dem einführenden Erlass vom 24.06.2009 ist die positive Absichtserklärung zu entnehmen, die Bewertungsüberhänge von Dienstposten zu Planstellen im Bereich der Besoldungsgruppen
A 12/ A 13 BBesO durch strukturelle Verbesserungen abzubauen. Allerdings nur, wenn es die Haushaltslage erlaubt.

Der BDK sieht darin einen Schritt in die richtige Richtung. Mittel und langfristig besteht aber die Notwendigkeit, derartige Dienstposten in der qualifizierten Sachbearbeitung zusätzlich einzurichten, den gestiegenen Anforderungen gerade in der Kriminalitätsbekämpfung gerecht zu werden.

Als fatal stufen wir allerdings eine Festschreibung der Zahl der Bewertungen nach A 11 BBesO auf die Zahl der vorhandenen Planstellen ein. Leistungsträger und Aufgaben, die eine besondere Qualifikation erfordern, müssen eine Bewertung nach A 11 BBesO und höher erfahren können. Sehr wohl können wir uns eine stärkere analytische Bewertung der höherwertigen Dienstposten vorstellen. Gerade daraus leiten wir unsere Forderung nach weiteren Stellenhebungen ab, um zumindest schrittweise die bei Weitem nicht ausgeschöpften Planstellenobergrenzen zu erreichen.

5. Die speziellen Anforderungen an den kriminalpolizeilichen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter erfordern die künftige Beschreibung eines Anforderungsprofils für Kriminalisten. Deren Rekrutierung hat sich ausschließlich an der Geeignetheit der Bewerberinnen und Bewerber zu orientieren.

6. Die Imagebroschüre der niedersächsischen Polizei vermittelt - karikiert ausgedrückt - ein Profil, dass "Reiten, Schießen und Lassowerfen" unsere Aufgaben prägen. Das spiegelt sich in den Antworten auf Fragen nach den Zielverwendungen von Bewerbern und jungen Absolventen wieder, die ihre spätere Aufgabe in den Mobilen-Einsatz-Kommandos (MEK) oder Spezial-Einsatz-Kommandos (SEK) sehen, oder bei jungen Frauen in den Diensthunde- oder Reiterstaffeln.

Obwohl 60-70% polizeilicher Handlungen mit der Kriminalitätsbekämpfung befasst sind, folgert der Bund Deutscher Kriminalbeamter daraus, dass sich potentielle Bewerber für die Zielgruppe in den speziellen Aufgaben der Verbrechensbekämpfung gar nicht angesprochen fühlen.

Der BDK fordert deshalb die gezielte Einstellung und Übernahme von jungen Kolleginnen und Kollegen, vor allem mit polizeilich relevanten Vorbildungen. Diesen muss bereits bei der Einstellung eine klare Verwendungsperspektive zugesichert werden. Sie gehören nach Abschluss des Studiums nicht in die Bereitschaftspolizei oder in den Einsatz- und Streifendienst. Gerade hier stellen wir fest, dass zwischen politisch angekündigter Absicht und der Realität eine Lücke klafft.

Angesichts der demographischen Entwicklung und der Struktur innerhalb der Polizei hält der Bund Deutscher Kriminalbeamter die Wiederaufnahme der Direkteinstellung in die Kriminalpolizei unter vielfältigen Gesichtspunkten für unbedingt notwendig und sinnvoll.


7. Auch auf den Basisdienststellen ist die Einrichtung spezieller Dienstposten erforderlich (Sachbearbeiter Kriminalitätsverhütung und -bekämpfung beim LZKD, zusätzliche Sachbearbeiter in den DVG). Die Evaluation im Jahre 2008 zur Organisationsreform von 2004 hat deutlich gemacht, dass Qualität und Güte der Arbeit in den Städten mit vorhandenen Kriminaldauerdiensten deutlich höhere Akzeptanz und Zustimmung bei den Dienststellen (ZKD, KED) erfuhren, als die teilweise mit hoher Fluktuation versehenen "Spezialisierten Tatortaufnahmen" der Einsatz- und Streifendienste (ESD) in den Polizeiinspektionen.

Der BDK leitet daraus weiterhin die notwendige flächendeckende Einrichtung von Kriminaldauerdiensten ab und stellt mit Befremden fest, dass noch nicht einmal ernsthafte Pilotierungen verfolgt wurden, die einen objektiven Vergleich der Vor- und Nachteile erlauben.

8. Es ist aus Sicht des Bund Deutscher Kriminalbeamter unbestritten, dass für viele Aufgaben in der Polizei der Einsatz Beschäftigter unabdingbar ist. Sie stellen das Rückgrat eines funktionierenden Räderwerks zu einer erfolgreichen Verbrechensbekämpfung dar.
Während bisher in der Mehrzahl Schreib-, Büro- und Verwaltungskräfte gemeint waren, ist für die Zukunft der Fokus darüber hinaus auf Menschen zu richten, die mit herausgehobenen Ausbildungen oder einem Studium im Bereich der Kriminal- oder IT-Technik einsetzbar wären. Um ihr Interesse an, oder den Verbleib in der Polizei zu sichern, bedarf es schleunigst einer angemessenen Bewertung und Vergütung! Nur auf diesem Weg kann dem entgegengewirkt werden, dass hochqualifizierte Beschäftigte im Tarifbereich, wie wiederholt geschehen, aus finanziellen Gründen in die freie Wirtschaft wechseln oder auf der anderen Seite für die Kriminalitätsbekämpfung gewonnen werden.

Wir konstatieren: Es ist genug der starken Worte in der Politik und Polizeiführung. Handlungen müssen unmittelbar folgen und der Bund Deutscher Kriminalbeamter wird fortan den Finger in jede Wunde legen, die geeignet ist, die innere Sicherheit in Niedersachsen unmittelbar oder mittelbar nachhaltig zu beeinträchtigen.