BDK, DPolG und GdP äußern sich zu den Koalitionsverhandlungen der Grünen und der CDU

29.04.2021

Landesantidiskriminierungsgesetz, Kennzeichnungspflicht für die Polizei und andere Themen im gemeinsamen Interview bei den Stuttgarter Nachrichten.
Kriminalpolizei

29.04.2021

Der Leitende Redakteur der Rechercheeinheit der Stuttgarter Nachrichten, Franz Feyder, kennt die Polizei. Hospitationen, Interviews und Hintergrundgespräche, nicht zuletzt ein fairer Umgang miteinander. Erst kommt die solide Recherche, dann der Bericht. Von diesem Kaliber wünsche ich mir heutzutage mehr Journalisten. Auf seine Initiative hin, äußerten sich alle drei Polizei-Gewerkschaften in Baden-Württemberg gemeinsam in einem Interview zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen in Baden-Württemberg. Dabei betonte Feyder mehrfach, dass ein gemeinsames Interview eine Seltenheit ist. Das liegt aus unserer Sicht im Übrigen nicht an gemeinsamen Themen und gemeinsamen Lösungsansätzen, sondern eher an Gelegenheiten, wir danken den Stuttgarter Nachrichten deswegen für den gemeinsamen Austausch. 

Bereits in den Sondierungen und schließlich in den Koalitionsverhandlungen selbst wurde deutlich, dass die Koalitionäre auf ein LADG BW, also ein Antidiskriminierungsgesetz Baden-Württemberg nach Vorbild Berlins, hinarbeiten und ebenso die Kennzeichnungspflicht einführen wollen. Es liegt im Übrigen auf der Hand, dass dies von den Grünen eingefordert wird. Das LADG soll dabei nach aktueller Kenntnislage weder die sogenannte Beweislastumkehr noch die Verbandsklagemöglichkeit beinhalten – aber wir haben uns gemeinsam die Frage gestellt, ob ein LADG BW wirklich benötigt wird. Der BDK – und die GdP und DPolG, wir – sagen deutlich NEIN dazu. Beim Thema Kennzeichnungspflicht habe ich meinen Kollegen Ralf Kusterer (DPolG) und Hans-Jürgen Kirstein (GdP) gerne den Vortritt gelassen, das ist kein Kripo-Thema und meiner Ansicht nach sollte man sich medial nur zu Themen äußern, bei denen man sich auskennt – ganz persönlich und hier auf unseren Seiten stimme ich beiden aber in ihren Aussagen ganz deutlich zu. Nein, auch eine Kennzeichnungspflicht brauchen wir nicht in Baden-Württemberg.

Heute erreichte mich auf BDK-Schiene die Mail meines Berliner Kollegen, Landesvorsitzender Daniel Kretzschmar (liebe Grüße!) hat seine Wahlprüfsteine zusammengestellt für die Wahlen in Berlin. Bis 2024 hat Berlin beschlossen, 18.900 Vollzugsstellen für den Stadtstaat Berlin zu schaffen. Diese sind für rund 3,7 Mio. Einwohner zuständig. Wir werden 2024 in Baden-Württemberg nach aktuellen Planungen 24.984,00 Vollzugsstellen haben, sind ein Flächenstaat und sind 2024 für etwa 11,3 Mio. Einwohner zuständig (ich verweisen auf unseren Faktencheck https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/die-groesste-einstellungsoffensive-in-der-polizei-faktencheck) – also irgendwie finde ich, dass man das als Gewerkschaft und Berufsvertretung dann schon für Baden-Württemberg hinterfragen darf, warum wir mit 5.000 Beamtinnen und Beamten dann die Bereiche außerhalb der Region Stuttgart (wenn ich den Vergleich ziehen darf) abdecken sollen und können. Vom Länderfinanzausgleich möchte ich an der Stelle noch gar nicht anfangen. Ich denke Sie verstehen meinen Punkt und es geht auch nicht um eine Neiddebatte mit Berlin, denn ich bin mir sicher, dass mein Kollege Kretzschmar die Bedürfnisse von Berlin besser kennt als ich, auffällig ist das und ich kenne die Bedürfnisse zumindest der Kripo in BW und hier hat uns die letzte Legislaturperiode nicht nach vorne gebracht. Ich habe durchaus berechtigte Zweifel, dass uns die nächsten Jahre hier nach vorne bringen werden und natürlich ist mir klar, dass uns die Ausgaben rund um Corona alle belasten werden – dann gilt aber um so mehr, dass die guten Zeiten verpasst wurden. 

Was ich aktuell vermisse ist eine Diskussion um Gefahrenabwehr und Kriminalitätsbekämpfung, ich persönlich brauche keine Symbol- oder Klientelpolitik – ich will Perspektiven für die Kripo. Was stellt uns die Politik 2021 ff. als Mittel zur Verfügung, personell, materiell, rechtlich? Warum kümmern wir uns nicht endlich um eine Dunkelfeldaufhellung, um Befragungen zum subjektiven Sicherheitsgefühl und richten mit den Ergebnissen politisch unsere Strategien aus? Warum machen wir uns auf fachlicher Ebene nicht Gedanken, wie eine Kriminalitätsbekämpfung 2021 aussehen müsste, Cybercrime, OK und Wikri? Wie kompensieren wir die vielen Zusatzaufgaben, die Querschnittsaufgaben für die gesamte Polizei in der Kripo – oder einfach auf den Punkt gebracht: Wer ermittelt 2021 eigentlich noch? 

Ich würde mich freuen, wenn aus diesem Interview weitere Formate entstehen, bei denen wir als Gewerkschaften gemeinsam Gehör finden.

 

Bleiben Sie gesund!

Steffen Mayer, LaVo BW

 

 

 

 

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